Blutschande
hatte. Ich habe ihnen natürlich nicht gesagt, wie viel wir wirklich dafür bezahlt haben. Darüber spricht man ja nicht.«
»Ihre Frau meinte, diese Männer seien keine Dänen gewesen. Woher kamen die, was meinen Sie?«
»Sie haben gesagt, sie kämen aus Tschechien. Ich meine, einer hätte erwähnt, sie kämen aus Prag. Warum fragen Sie?«
»Wir versuchen einfach, allen Spuren zu folgen.«
»Sie glauben aber doch wohl nicht, dass die Cecilie gekidnappt haben könnten?«
Michael Junge-Larsen sah seine Frau entsetzt an.
»Aber dann hätten wir doch etwas gehört.«
»Dazu kann ich leider noch nichts sagen. Im Moment folgen wir, wie gesagt, noch allen Spuren. Außerdem wird sie natürlich noch immer hier in der Region gesucht. Das ist klar.«
Per Roland blickte auf das Plakat, das Cecilie am Mikrophon zeigte. Der Traum vieler kleiner Mädchen, dachte er. Und hübsch war sie, daran bestand kein Zweifel. Ihre hellen Locken umrahmten ein bezauberndes Gesicht mit perfekten Zähnen, und ihre eisblauen Augen blitzten im Licht. Oder hatte man da etwas nachgeholfen? Was wusste er schon darüber? Aber perfekt war es. Einfach und skandinavisch.
»Ich muss ihren Computer mitnehmen. Sie hören von uns, sobald wir etwas wissen.«
Draußen vor dem Haus blieb er in dem klaren Sonnenlicht stehen. Der schöne Spätsommertag neigte sich langsam dem Ende entgegen. Eigentlich waren diese Tage seine liebsten. Er nahm das Handy heraus und wählte eine Nummer. Die Uhr auf dem Display zeigte 18.03 Uhr. Cecilie Junge-Larsen war jetzt seit 34 Stunden und drei Minuten verschwunden.
»Wir brauchen die Hunde hier im Haus«, hörte er sich selbst sagen.
7
Es war ein weiter Weg von den speziell eingerichteten Verhörräumen mit Einwegspiegeln und Nebenraum, in dem andere Polizisten, Staatsanwalt und weitere Neugierige ein Verhör verfolgen konnten, ohne selbst gesehen zu werden, wie man sie aus amerikanischen Filmen kannte, bis zu dem winzigen Raum im Präsidium von Helsingør, der der Gruppe für ihre Vernehmungen zur Verfügung gestellt worden war.
Ein kleines Büro mit zwei Schreibtischen, Stapeln von Papier, Archivschrank, Regalen, Schreibtischlampen, einer Schale mit Büroklammern, Plastikbechern für Kaffee und einer Jacke, die an der Tür hing. Aber die äußeren Rahmenbedingungen waren nicht wichtig, denn auch die Art, wie Liv und Max Hans Schultheiss verhörten, unterschied sich grundsätzlich von der, die man aus amerikanischen TV-Serien kannte.
Viele waren der Meinung, es ginge nur darum, den mutmaßlichen Verbrecher so sehr unter Druck zu setzen, dass er schließlich zusammenbrach – oder man spielte Good Cop / Bad Cop, um das gleiche Ziel zu erreichen. Die Wirklichkeit sah aber ganz anders aus.
Nur die wenigsten Verdächtigen gestanden, wenn man sie massiv unter Druck setzte, und ein Geständnis bei der Vernehmung war die größte Genugtuung, die Liv jemals in ihrer Karriere als Kommissarin erlebt hatte. Bis dahin war ein Verhör wie ein Marathonlauf, bei dem der mutmaßliche Verbrecher durch die innere Auseinandersetzung zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Schweigen und Eingestehen, langsam von innen aufgefressen wurde. Alle Geheimnisse wurden ans Licht gezerrt. Und wirklich nichts blieb verborgen. Schließlich hatte jeder Mensch den Drang, sich zu rechtfertigen und zu erklären. Auch die Schuldigen redeten in der Regel gerne, wenn die meisten auch der Meinung waren, sich durch irgendeine ach so wasserdichte Geschichte aus der Bredouille befreien zu können. Unglaublich viele glaubten wirklich, die Polizei anlügen zu können.
Nur wenige gaben ihnen gleich, was die Polizisten haben wollten, viele andere, wie auch Hans Schultheiss, begannen erst einmal zu protestieren.
»Ich kenne meine Rechte. Sie können mich nicht einfach festhalten, dafür brauchen Sie mindestens einen vorläufigen Haftbefehl.«
Liv hatte diese Leier schon oft gehört und ließ den Mann ausreden. Nach ein paar Minuten lallenden Monologes hielt er endlich den Mund, so dass sie antworten konnte.
»Sie haben vollkommen recht. Wir können Sie ohne Haftbefehl nicht festhalten. Wenn Sie wollen, können Sie aufstehen und sofort aus dem Büro spazieren. Das ist Ihr gutes Recht. Für einen vorläufigen Haftbefehl haben wir sicher noch nicht genug in der Hand. Tatsache ist aber, dass Sie für uns von ungeheurem Interesse sind. Sie sind in den Fall des verschwundenen Mädchens verwickelt, und im Augenblick sind Sie für uns der wahrscheinlichste
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