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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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Blick zu, damit er bei den Tatsachen blieb.

    »Obwohl sie vermutlich auf einige Leute anfangs einen guten Eindruck macht, ist sie absolut unberechenbar und nicht teamfähig. Kurz gesagt: Sie hat ihre Kollegen und Mitarbeiter ständig wie Dreck behandelt, Gerüchte über sie verbreitet und sie gegeneinander ausgespielt. Sie steckt voller Bosheit. Als sie im Landwirtschaftsministerium arbeitete, wurde sie mehrfach verklagt. Ihre Vorstellungen von Menschenführung laufen darauf hinaus, Untergebene zum Heulen zu bringen. Und eine pathologische Lügnerin ist sie obendrein.«
    Joe warf Nate erneut einen Blick zu und bemerkte das Schulterholster unter seinem Parka.
    »Kaum hatte sie bei der Forstverwaltung angefangen, wurde sie landauf, landab versetzt. Wohin sie auch kam, verursachte sie Chaos. Sie ist der Typ, der Ordnung ruckzuck in Durcheinander verwandelt. Keiner weiß, aufgrund welcher Probleme sie sich so benimmt, doch die Forstverwaltung ist damit so umgegangen, wie große Behörden damit eben umgehen.«
    »Sie wurde weitergereicht, damit andere sich mit ihr herumschlagen«, sagte Joe. Er wusste, wie der Hase lief.
    »Genau.« Nate sprach leise und rhythmisch und hob nur selten die Stimme. »Sie war in Oregon, Montana, New Mexico, Nevada, South Dakota, zweimal in Idaho und dann irgendwo in Colorado. Sie wissen ja, wie das funktioniert; alle wissen es. Langjährige Bundesbeamte – zumal, wenn es sich um Frauen mittleren Alters handelt, die gern mit dem Kadi drohen und Töchter von US-Senatoren sind – werden eben nicht so leicht entlassen. Stricklands Chefs werden von Politikern ernannt und wissen: Die nächste Wahl kommt bestimmt. Wenn sie also einfach lange genug den Deckel auf dem Problem halten, können sie es der neuen Regierung vererben. Und bis dahin sind die Gemeinden vor Ort ihr und ihren Methoden ausgeliefert.«

    »Das heißt?«, fragte Joe.
    »Nun, in Nevada war sie überzeugt, zwei Rancher, die Weiderechte gepachtet hatten, seien darauf aus, ihren Hund zu töten. Also ließ sie die Männer rund um die Uhr von Rangern der Forstverwaltung überwachen. Das war in einem winzigen Ort mit dreihundert Einwohnern und zwei Lokalen. Wohin die Rancher auch gingen – stets folgten ihnen zwei Ranger in Uniform. Bis sich einer der Rinderzüchter betrank und einen Schusswechsel provozierte. Dabei kamen die Rancher ums Leben. Und ein Ranger.«
    Joe schüttelte den Kopf, bereute es aber sofort, da sich ein klopfender Schmerz in seinem Schädel meldete.
    »Irgendwann«, sagte Nate, »konnte die Forstverwaltung sie nirgends mehr unterbringen und wollte sie endlich zur Verantwortung ziehen und wegen Beleidigung verklagen, weil sie einen Mitarbeiter, einen Latino, vor Zeugen ›fettes Andenäffchen‹ genannt hatte. Daraufhin hat ihr Vater sich eingemischt, und sie haben diese neue Aufgabe für sie geschaffen: eine Position mit hübschem Titel, die nur für sie eingerichtet wurde und weder über Personal noch über einen Etat verfügte. Dieses Amt war ideal, um sie an einem Ort zu parken, an dem sie nichts anrichten konnte. Meine Gewährsleute sagen allerdings, selbst das sei ein Fehler gewesen, denn als der neue Präsident gewählt wurde, hat sie jemanden überzeugen können, ihr einen Etat zu gewähren. Plötzlich verfügte sie über Reisemittel. Ihrer Meinung nach war sie endlich der neue Star. Als die Forstverwaltung merkte, was sie selbst im luftleeren Raum anstellte, war diese Elle Dingsbums bereits an ihr dran, um eine Reportage über sie zu schreiben, und der Behörde waren die Hände gebunden. Man konnte sie nicht loswerden, solange sie von einer Journalistin gefeiert wurde – also ließ man sie gewähren.«

    »Und jetzt haben wir sie am Hals.« Joes Augen brannten vor Übermüdung, und je näher sie Saddlestring kamen, umso stärker spürte er die Anspannung in der Brust.
    »Eine Frau, die sämtliche Menschen hasst, soll also die Knallköpfe aufspüren, die die Regierung hassen«, konstatierte Nate. »Für so etwas liebe ich die Bundesregierung.«
    Joe bat ihn, kurz still zu sein, und rief rasch bei Marybeth an. Als sie ans Telefon ging, klang sie, als habe sie die ganze Nacht über kein Auge zugetan.
    »Ich bin aus den Bergen zurück und habe Nate dabei«, sagte er. »Ja, mir geht’s gut«, log er.

    »Und Dick Munker?«, fragte Joe. »Was ist mit ihm?«
    Nate pfiff durch die Zähne. »Es wäre gut, wenn er die Segel streicht.«
    »Das heißt?«
    »Er ist ein verbitterter Sadist. In Idaho kennt man ihn gut,

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