Blutschnee
macht.«
»Einverstanden.«
Als Joe losfuhr, bemerkte er aus dem Augenwinkel, dass Nate die große Pistole auf einen Balken stützte. Sicher zielte er auf Cargills Hinterkopf.
Er überwand den Abstand zu Cargill rasch und fuhr einarmig, mit der rechten Hand am Gashebel, in der Linken die Schrotflinte. Der Schnee reichte ihm bis zu den Oberschenkeln, und Spud Cargill, hochrot im Gesicht, schwitzte und schoss wilde Blicke um sich. Er hatte weder Handschuhe noch einen Hut. Joe konnte nicht erkennen, ob er bewaffnet war, fuhr im Halbkreis um ihn herum, schnitt ihm den Weg ab und zielte mit der Flinte auf seinen Brustkorb.
»Das reicht«, sagte er.
Cargill blieb keuchend stehen. Die Luft fuhr ihm aus den Nasenlöchern wie aus einem Doppelauspuff, und er beugte sich langsam vor und stützte sich auf die Knie, um wieder zu Atem zu kommen.
»Drehen Sie sich um und gehen Sie zurück.«
Als Cargill sich aufrichtete, hatte er eine kleine, doppelläufige Derringer in der Hand. Joe warf sich flach auf den Sitz, als die Pistole krachte und die Kugel an ihm vorbeipfiff. Er blieb auf dem Rücken liegen, griff aber nach dem Lenker und drückte den Gashebel mit dem Daumen durch. Der Schlitten heulte auf und schoss vorwärts. Beim Zusammenstoß mit Spud ging die Plastikfrontscheibe kaputt, und die Motorhaube aus Fiberglas bekam einen Riss. Joe spürte, wie die Kufen seines Fahrzeugs über Cargill glitten.
Sofort setzte Joe sich wieder auf und fuhr im Kreis zu Cargill zurück.
Eine Hand kämpfte sich aus dem gespurten Schnee, dann ein Knie. Joe bremste, griff nach der Hand und zog Cargill mit enormer Anstrengung hoch. Spuds Mund, seine Augen und Ohren waren voll Schnee, doch er hatte keine Pistole mehr. Die Kufen hatten die Vorderseite seiner Jacke zerfetzt.
Erst jetzt begriff Joe, dass er restlos verängstigt gewesen war und vollkommen intuitiv gehandelt hatte.
Während Spud hustete, packte Joe ihn von hinten am Kragen. »Aussageverweigerungsrecht!«, stieß er nur hervor, da er weder Zeit, Kraft noch den Willen besaß, in diesem Moment mehr zu sagen. Spud wollte etwas erwidern, doch Joe gab Gas, fuhr mit dem Schlitten zur Kirche zurück und zerrte den schreienden, um sich schlagenden Cargill mit. Nun entdeckte Joe Spuds Pick-up auf der von der Straße abgewandten Seite unter einer tief verschneiten Plane an der Kirche.
Joe erreichte den Parkplatz und ließ Cargill los. Spud rollte durch den Schnee vor Nates Füße.
»Gute Arbeit«, meinte Nate lächelnd.
»Ich dachte, Sie wollten mir Feuerschutz geben«, fuhr Joe ihn an. Sein Adrenalinpegel war noch immer sehr hoch.
»Wenn ich geschossen hätte, hätte ich euch beide erwischt«, erwiderte Nate missmutig. »Sie standen direkt in der Schusslinie. «
Joe wollte schon widersprechen, merkte aber, dass Nate Recht hatte.
»Wie dem auch sei …«, brummte er.
»Sie haben ihn ja erwischt«, beendete Nate seinen Satz, rollte Cargill mit dem Stiefel auf den Rücken, bückte sich und durchsuchte ihn fachmännisch von der Jacke bis zu den Schuhen. In einer Hosentasche stieß er auf ein Klappmesser, in Spuds rechtem Stiefel auf ein schmales Wurfmesser. Nate steckte beides in seinen Parka.
»Das war’s an Waffen.«
»So ein Schwachkopf«, sagte Joe und wandte sich an Cargill: »Sie haben mir und meiner Familie mehr Schmerz und Kummer bereitet, als Sie sich vorstellen können. Und doch bin ich heilfroh, Sie zu sehen.«
»Was reden Sie denn da?«, keuchte Spud ernstlich verwirrt. »Ich hatte es nie auf Sie abgesehen … oder auf irgendeine Landesbehörde.«
Joe hatte keine Zeit, ihm zu erklären, worum es ging, und fand, er war Spud auch keine Erklärung schuldig.
Sie waren noch auf dem Kirchenparkplatz und saßen dicht gedrängt in Joes Pick-up – Spud zwischen Joe und Nate.
Cargill war nass und abgerissen und jammerte, Joes Handschellen
seien zu eng. Nate stieß ihm zur Antwort mit dem Ellbogen in den Mund und riss ihm den Kopf zurück.
»Schnauze«, zischte er, und Spud verstummte. Joe warf Nate einen wütenden Blick zu, sagte aber nichts.
Motor und Heizung liefen, und Joe war wieder etwas leichter zumute, als er das Mikrofon seines Funkgeräts aus der Halterung nahm und die Zentrale rief.
Inzwischen war es hell genug, um … so gut wie nichts zu sehen. Es schneite wieder heftig, und münzgroße Flocken wirbelten durch die Luft.
»Zentrale.« Das war Wendy, die schon lange in der Bezirksverwaltung arbeitete und überall Verschwörungen witterte.
»Hier ist
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