Blutschuld (Krieg der Magier) (German Edition)
stehen?“
Der einäugige Magier sah mich kurz an und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Zum einen wissen die jüngeren Magier, und damit sind auch das eine oder andere Mitglied des aktuellen Rates gemeint, gar nicht mehr was die Wahrheit ist, und zum anderen sind Blutmagier einfach zu schwer zu kontrollieren und einzuschätzen. Wir können mittels der Blutmagie wesentlich stärker werden als wir ohne sie wären, und das kann natürlich niemand zulassen der ein bestehendes System das auf Macht aufbaut beibehalten will.“
Das ergab natürlich schon irgendwo Sinn.
„Und seit wann werdet ihr verfolgt?“
„Seit dem Tag an dem Noah begann sich selbst den ersten Apostel zu nennen.“
Ich schluckte schwer. Der Magier namens Noah musste sich vor sehr vielen hundert Jahren bereits zum ersten Apostel ausgerufen haben. Und seit so langer Zeit sollte es eine Verfolgung der Blutmagier geben?
„Du musst verstehen, “ begann der einäugige Magier, „es gab bereits sehr viel mehr Blutmagier als heute, und wir haben tatsächlich offen rebelliert und uns der Inquisition entgegen gestellt.“
„Wann war das?“
„Während der Wirren des zweiten Weltkriegs. Wir haben damals mit über einhundert Blutmagiern Avalon angegriffen und wollten den Rat der Magier und Noah stürzen, doch wir haben versagt und wurden dabei fast ausgelöscht!“ Während der letzten Worte fuhr sich der Magier beiläufig mit einer Hand über die Narbe, die über sein blindes Auge verlief. Hatte er diese Narbe während dieses Angriffes auf Avalon erhalten?
„Moment mal!“ stieß ich hervor, als ich realisierte, was gerade gesagt worden war. „Ihr habt mit über einhundert Magiern versagt und wir wollen es nun mit einunddreißig schaffen?“
Thomas lächelte. „Niemand hat gesagt, dass unsere Chancen gut stehen.“
Das saß. Das traf mich sogar sehr.
„Die Situation von damals ist aber nicht mit der heutigen zu vergleichen. Damals befanden sich die meisten Inquisitoren und sämtliche Apostel in Avalon und konnten unseren Angriff zerschlagen. Dieses Mal werden so gut wie keine Apostel anwesend sein. Und auch die Inquisitoren selbst werden nur spärlich anwesend sein.“
„Und wieso das?“
„Nun, “ Thomas faltete seine Hände wie zum Gebet, „es stellt sich so dar, dass die Inquisition offen allen Blutmagiern und Halbdämonen den Krieg erklärt hat, was einen Unterschied zu den bisherigen Aktionen darstellt.“
„Inwiefern?“ fragte ich neugierig.
„Die Inquisition hat sich mit mehreren magischen Fraktionen verbündet und so viele Inquisitoren wie möglich aus geschickt, innerhalb Europas hauptsächlich, um alle Blutmagier und Halbdämonen ausfindig zu machen und zu vernichten.“
„Aber das ist furchtbar!“ sagte ich und erhob mich. „Dagegen müssen wir etwas unternehmen!“
„Was glaubst du was wir morgen, bzw. heute machen werden?“
Heute? War etwa schon Mitternacht vorbei? Wie doch die Zeit verflog.
„Und ihr glaubt, dass dieses Mal, obwohl man damit rechnen könnte, dass wir Ian und Daniel retten wollen, weniger Inquisitoren und Apostel anwesend sein werden?“
„Paradoxerweise kommt der für uns hilfreiche Umstand hinzu, dass Avalon kürzlich bereits angegriffen worden ist.“
Ich sah den Magier an und wartete darauf, dass er fort fuhr. Wer sollte Avalon angegriffen haben?
Doch Thomas fuhr nicht von sich aus selbst fort, also musste ich die Frage stellen: „Wer hat Avalon angegriffen?“
„Ein Verbund von Dämonen und Vampiren, was an sich schon merkwürdig genug ist, gibt es doch keinen einzigen Hinweis in der Geschichte, dass diese beiden Kreaturen jemals zusammen gearbeitet hätten.“
„Vampire und Dämonen haben Avalon angegriffen...“ wiederholte ich und versuchte zu verstehen was das bedeutete. Wieso sollten diese Kreaturen das tun?
„Sie haben den heiligen Gral entwendet!“ mischte sich Maria ein und ließ mich erschauern.
Der heilige Gral, vielleicht die heiligste aller Reliquien der Inquisition, der Gral aus dem Jesus am letzten Abendmahl getrunken haben soll, war entwendet worden? Das konnte sich die Inquisition natürlich nicht gefallen lassen. Nein, das schrie nach Rache, und zwar nach blutiger Rache. Lange hatte ich mich gefragt, wie wohl ein Kreuzzug der Magier ausgesehen hatte oder ob es so was überhaupt jemals gegeben hat, doch in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich kurz davor stand zu erleben wie sich eine Mobilmachung der Inquisition anfühlen und wie ein Kreuzzug
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