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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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seines Verstecks saß. Wenn es sein musste, würde er es hier aushalten bis zum Jüngsten Gericht. Zähigkeit. Das war es, was ihn zu einem verflucht guten Missionar machte.
    Zähigkeit war nach dem, was er über Naomi West wusste, auch genau das, was sie beinahe seine Güteklasse erreichen ließ.
    Beinahe.
    Lautlos seufzte Joe auf. Erleichtert. Erwartungsvoll.
    Anerkennend.
    Bisher hatte es ihm das Zeitlos so verdammt einfach gemacht. Ihm gefiel Naomis unausgesprochene Herausforderung. Endlich. Eine Frau, die ihr Gewicht in Kugeln wert war.
    Er neigte den Kopf und musterte die rundliche Figur der Frau, die auf dem Stuhl neben dem Krankenbett ausharrte. Sie las in einem Buch, dessen Einband so abgegriffen war, dass man den Titel nicht mehr entziffern konnte. Auf der Nase der Frau thronte eine breitrandige Brille. Der Lichtkegel der goldenen Lampe ließ ihr braunes Haar schimmern, als umgebe es ein Heiligenschein. Ganz plötzlich überkam Joe neue Wut. Die Wut sammelte sich irgendwo tief in seinem Hinterkopf zu einem gallebitteren See.
    Es hätte alles glatt gehen müssen. Der Schließmechanismus hätte ganze drei Minuten länger halten müssen. Genau die berechnete Zeit, um des Ordensmeisters Lieblingsgroßmutter zu einem Fall für Notarzt und Rettungswagen zu machen.
    Die Magiebesessenen im Zeitlos hätten keine andere Wahl mehr gehabt, als ihr hässliches kleines Geheimnis preiszugeben.
    Stattdessen hatte man die alte Dame vorher aus der Sauna gezogen. Mit einem ordentlichen Schock, sicher, und ziemlich angeschlagen dürfte sie sich auch fühlen. Aber das war alles. Nichts, was sich nicht durch eine ordentliche Mütze Schlaf und ein paar Kräuterumschläge in Ordnung bringen ließe.
    Verfluchte Scheiße noch mal!
    Vielleicht war es der plötzliche Druckabfall in der Sauna gewesen, der das vorzeitige Öffnen der Saunatür verursacht hatte. Oder es gab einen Grund dafür, den Joe nicht in seine Berechnungen miteinbezogen hatte. Sicher hatte er nicht mit seiner Missionarskollegin gerechnet. Aber warum eigentlich nicht?
    Ein entschlossener Zug erschien um seinen Mund. Joe zog die Knie enger an die Brust und wartete auf den rechten Augenblick. Wie eine Spinne, dachte er. Eine hungrige, boshaft-geniale Spinne.
    Umgeben von jeder Menge fetter kleiner Fliegen. Sehr plumpen und sehr einfältigen Fliegen.

KAPITEL 5
    Den größten Teil der Nacht verbrachte Naomi damit, nervös in ihrer Suite auf und ab zu gehen.
    Als die Morgendämmerung durch die regennassen Fenster der viel zu großen Suite schien, fiel Naomi endlich in unruhigen, unerquicklichen Schlaf. Sie erwachte zu noch mehr grauen Wolken und noch mehr Regen, der gegen die Scheiben trommelte, und trübem winterlichen Licht. Das stationäre Com auf ihrem Nachttisch zirpte munter.
    Verschlafen griff sie nach dem Hörer. »Ja, hallo?«
    »Guten Morgen, Miss Ishikawa«, meldete sich eine angenehme Frauenstimme. »Wir möchten Sie höflich an Ihr Morgenprogramm erinnern.«
    Ihr was? Naomi stützte sich auf einen Ellenbogen und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wie? Können Sie das noch mal wiederholen?«
    »Ihre Anwendungen beginnen um acht«, erklärte die Stimme geduldig und verdammt zu gut gelaunt. »Wenn Sie es vorziehen, vor der ersten Anwendung zu frühstücken, ist für Sie im Frühstücksraum gedeckt. Darf ich in diesem Fall Ihre Anwendungen auf spätere Termine umbuchen?«
    Süßer Herr Jesus! »Nein«, grummelte Naomi in den Hörer und hängte ein, ehe die Stimme ihr noch mehr Zucker ins Ohr träufeln konnte.
    Ein Plan. Sie brauchte einen Plan. Moment, nein, erst duschen, dann einen Pott Kaffee und dann einen Plan.
    Es kostete Naomi einige Anstrengung, sich unter die Dusche zu begeben. Eines hatte sie schon vor langer Zeit gelernt: Erholsamer Schlaf war etwas, das anderen Menschen passierte, nicht ihr.
    Die ersten fünf Minuten, in denen das Wasser wie mit glühend heißen Nadeln ihre Haut traktierte, machten ihr den Kopf frei. Die nächsten fünf Minuten reichten Naomi, um sich mit dem erstbesten Stück Seife, das ihr in die Hände fiel, Haare und Körper einzuseifen. Langsam kam ihr Hirn wieder auf Touren. Als sie sich mit dem fluffigen, sündhaft weichen Handtuch die Haut trocken rieb, war es dann soweit: Sie hatte nicht mehr das Gefühl, jeder Gedanke müsse sich erst mühsam durch Nebelbänke kämpfen.
    »So weit, so gut«, sagte sie. Ihre Stimme klang viel zu schrill in der friedlichen Morgenstille. »Abtrünniger Missionar, der sich in einem

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