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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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gehen.«
    »Wie wär’s dann, wenn du mit dem Bericht rüberkämst?«
    Naomi bekämpfte den Drang, sich wieder in das nächstbeste Kissen zu werfen und sich nicht mehr zu rühren. Eine Woche so liegen bleiben   – das wäre was. »Fantastisch«, murmelte sie und berichtete Jonas dann von Alexandra Applegate.
    Jonas’ Finger, die eben noch, am Klackern leicht zu identifizieren, über die Tastatur geflogen waren, hielten mitten in der Bewegung inne. Er stieß einen überraschten Pfiff aus. »Na, das habe ich nicht erwartet!«
    »Magst du mir vielleicht erklären, warum mir niemand gesagt hat, was des Ordensmeisters Großmütterchen hier macht?«, grollte Naomi. »Wäre eine verschissen sachdienliche Info gewesen, oder nicht?«
    Während Naomi sprach, reckte sie sich und ging zum Fenster hinüber. Aus alter Gewohnheit näherte sie sich ihm lautlos und vorsichtig, obwohl sie genau wusste, dass sie ein paar hundert Meter über allem war, das durch das reflektierende Glas der Fensterscheiben hindurchsehen könnte.
    »’tschuldigung, mein Fehler.« Dass seine Stimme so reuevoll klang, nahm ihr den Wind aus den Segeln. Sie verzog das Gesicht. »Aber ich schwöre zu Gott, Nai, ich habe nicht gewusst, dass sie im Zeitlos abgestiegen ist. Ich komm nicht an die Gästedaten ran.«
    »Warum nicht?«
    Jonas seufzte. »Der ganze Block sitzt auf einer eigenen geschlossenen Datenschleife. Nichts geht rein, nichts geht raus. Das Zeitlos greift auch nicht auf das Netz städtischer Datenautobahnen zu.«
    »Scheiße, echt?« Naomi presste den Daumen aufs linke Auge, bis der Schmerz in ihrem Kopf nachließ und nur noch ein dumpfes Pochen blieb. »Diese Operation ist die verschissenste   …« Sie unterbrach sich. Aus dem Augenwinkel hatte sie ein kurzes Flackern wahrgenommen. »Warte mal!«
    »Was ist denn los?«
    »Klappe!« Sie zog sich ein Stück vom Fenster zurück, langsam und vorsichtig, um dann, die Wand im Rücken, aus dem Fenster siebzehn Stockwerke in die Tiefe zu spähen.
    Sie kniff die Augen zusammen, um besser zu sehen. »Da tut sich was am Aufzug.«
    Am verräterischen Klackern erkannte Naomi, dass Jonas’ Finger wieder eilig über die Tastatur flogen. »Welcher von den Aufzügen?«
    »Der zentrale Zugangsaufzug. Das protzige Ding, mit dem man von hier aus zum Straßenniveau kommt.« Naomi rückte näher an die Scheibe heran und stieß mit der Atemluft einen lästerlichen Fluch aus.
    »Was ist?«
    »Von hier oben seh ich Null. Jonas, verflucht, sag mir, die haben mir ein Fernglas unter den unnützen Schickimicki-Kram gepackt!«
    »Ich kann dir sogar was Besseres bieten.« Stolz prickelte durch die Leitung wie Sektperlen. »Schau in der Patchwork-Tasche nach.«
    »Wo?«
    »Deine Tasche, Nai! Such die mehrfarbige Tasche heraus, die sich bei deinem Gepäck befindet, mach schon!«
    »Die in allen Regenbogenfarben, was?«, grummelte sie und schnitt eine Fratze, als Jonas eine Bestätigung brummte.
    Rasch und unauffällig zog sich Naomi vom Fenster zurück, stolperte über Kleidungsstücke und Schuhe, die beim Umziehen achtlos auf dem Boden gelandet waren. Naomi hatte bisher einfach keine Zeit gefunden, anständig auszupacken und aufzuräumen. Auch niemand anderes hatte ihr diese Aufgabe abgenommen. Abgesehen von einem übereifrigen Hexer, respektierten im Zeitlos alle penibel die Privatsphäre der Gäste.
    Auf irgendeinem Teil aus schlüpfriger Seide rutschte Naomi aus und fing den Sturz gerade eben noch mit einer Hand und beiden Knien ab, statt auf der Nase zu landen. Der Kehle der Hexenjägerin entschlüpfte ein unwilliges Grunzen.
    »Was ist jetzt wieder los?«
    »Nichts!« Sie durchwühlte den Stapel von nutzlosem Zeug, der ihr Gepäck war, nach der relativ großen, klobigen Tasche, die sie geschworen hatte, niemals mit sich herumzutragen. Das Ding funkelte praktisch wie ein Weihnachtsbaum, denn es bestand aus mehrfarbigen metallisch glänzenden Stoffflicken. Leicht im Dunkeln zu finden. Naomi zog die Tasche aus dem gedankenlos im Zimmer aufgetürmten Stapel Gepäck, öffnete sie und durchsuchte ihr Innenleben.
    Eine Brieftasche oder etwas in der Art, ein Seidenschal, Sonnenbrillen   – Herrgott noch mal, wie viele Sonnenbrillen brauchte ein einziges weibliches Wesen? Unter all dem Zeugs, endlich ein kleines, stabiles Etui. »Was denn? Meinst du das?«
    Der Tonfall von Jonas’ Antwort sprach dafür, dass er die Frage lustig fand. »Auch wenn mir nicht gegeben ist, jetzt bei dir in deiner Suite zu weilen, Nai, wage

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