Blutschwur: Die Rachel-Morgan-Serie 11 - Roman (German Edition)
zerknüllte ihre umweltfreundliche Serviette. Dann atmete sie tief durch, und ich konnte förmlich sehen, wie sie sich wieder auf das Jetzt konzent rierte. »Es war eine harte Nacht. Als die Blutlust Nina über wältigte, brauchten wir sechs Leute, um sie festzuhalten. Wenn das hier halbwegs läuft, versuche ich dort zu sein, wenn sie aufwacht, damit sie weiß, dass es mir … gut geht.«
Sie schaffte es nicht, mich anzuschauen. Ich wünschte mir, sie würde sich nicht so sehr für das schämen, was wir tun mussten, um am Leben zu bleiben. Wir alle strauchelten hin und wieder. Wichtig war, was wir danach taten. »Richte Nina von mir aus, dass sie es schaffen kann, okay? Dass es die Mühe wert ist.« Dass du es wert bist.
Ivys Blick glitt über meine Schulter. Sie bewegte sich nicht, aber etwas an ihr veränderte sich. Das Raubtier übernahm die Kontrolle, und ich unterdrückte einen Schauder. So schnell änderte sich alles.
Ich griff nach einer Serviette und tat so, als würde ich mir den Mund abwischen, während ich mich zur Schlange am Tresen umdrehte. »Ist sie das?«, fragte ich, als ich eine Blondine mit tief ausgeschnittenem Pulli und beschwingtem Schritt entdeckte. Sie trug eine enge Jacke und schien jeden hinter dem Tresen zu kennen, denn sie unterhielt sich fröhlich und flirtete, während sie wartete.
Ivy griff bereits nach ihrer Tasche. »Ja«, sagte sie. Dann stand sie auf, ohne die Frau anzusehen. »Fünf vor acht. Genau pünktlich.«
Jenks ließ sich nach unten fallen. Sein Flügelklappern warnte mich einen Moment vorher. »Sie ist in dem blauen Mustang gekommen«, erklärte er. Er war immer noch damit beschäftigt, sich Serviettenreste von den Fingern zu zie hen. »Ich glaube, der Wagen ist neu, denn sie fährt offen. Da für ist es eigentlich zu kalt, außer, es ist ihr erstes Cabrio. Ich besorge dir die Schlüssel, Ivy. Du willst sicher das Verdeck schließen.«
»Danke«, sagte sie und schenkte ihm ein sanftes Lächeln, bevor sie sich abwandte und aus dem Café rauschte, wobei sie direkt an der Frau vorbeikam.
Ich stand auf, während die blonde Frau zitterte, als hätte sie ein kalter Luftstoß getroffen. »Feigling«, beschimpfte ich Jenks, als ich mich hinter ihr in die Schlange stellte.
»Glaubst du wirklich, ich will dabei sein, wenn Frauen sich gegenseitig das Herz ausschütten?«, fragte er, während er sich in meinen Schal kuschelte. »Zur Hölle, nein! Oh, ist sie nicht süß! Bist du sicher, dass wir sie in ihrem Kofferraum einschließen müssen?«
Wenn ich mit ihr fertig bin, ist sie stinkiger als eine Katze in einem Brunnenschacht, dachte ich, dann trat ich einen Schritt zurück, als die fröhliche Frau ihre Bestellung aufgab. Ich hatte Angst, dass ich ihren Gute-Laune-Virus einfangen konnte, wenn ich ihr zu nahe kam. Es war einfach zu früh, um so unausstehlich gut gelaunt zu sein. Aber wahrscheinlich war ein sonniges Gemüt ein Vorteil, wenn man einen Job hatte, bei dem man eine professionelle Ablenkung sein musste. Im Moment allerdings machte mich ihr Dauerlächeln krank.
»Heilige Krötenpisse«, murmelte Jenks. »Die Frau ist sogar munterer als du, nachdem es dir besorgt wurde, Rache.«
»Halt den Mund, Jenks.«
»Ich habe dich schon seit … zur Hölle, wie lang ist es her?«
»Halt den Rand!«, murmelte ich und zog meinen Schal enger, bis er lachend um Gnade winselte. Es war schon eine Weile her, und noch schlimmer war, dass es Pierce gewesen war. Jeder, mit dem ich Sex hatte, starb. Außer Marshal, und das auch nur, weil er früh genug verschwunden war.
Adrenalin schoss mir in die Adern, als Miss Wippende Haare an der Reihe war. Sie sah mich kurz an, bevor sie zum Abholtresen ging. Sie musste gehört haben, dass ich Jenks anblaffte, aber wahrscheinlich half es, wenn sie mich für verrückt hielt. Ich schenkte ihr ein neutrales Lächeln und zog meine Tasche höher auf die Schulter. Ob sie nun süß war oder nicht, sie war unsere Eintrittskarte ins Museum und hinter die Sicherheitsabsperrungen. Ich hasste es, Leute in ihren eigenen Kofferraum zu stopfen. Außer bei Francis. Das hatte Spaß gemacht.
Immer noch lächelnd trat ich an den Tresen. »Ähm, zwei Grande, schwarz. Einen großen Chai Tee, und einen Vanill a-Grande mit einem Schuss Kürbissirup, wenn es noch welchen gibt.« Ich wusste, dass sie ihn hatten. Ich bestellte gerade exakt dasselbe wie Miss Wippende Haare, bis hin zur Größe der Becher. »Oh, und könnten Sie alles in eine Tüte zum Mitnehmen packen?
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