Blutsdaemmerung - Licht Und Schatten
den Lippen:
Es ist deine Mutter
.
Ich presste mir den Hörer ans Ohr. "Ja? Mom?"
"Tamara! Sie ist weg! Einfach abgehauen!" Mom klang aufgebracht und war komplett aus der Fassung.
"Langsam, ich komme ja gar nicht mit! Wer ist abgehauen? Caroline? Was ist passiert?" Die Fragen sprudelten aus mir heraus.
Mom schluchzte. "Wir haben uns unterhalten, plötzlich hat sie mir Vorwürfe gemacht und als ich ihr alles erklären wollte, wurde sie wütend und ist abgehauen."
"Was hat sie gesagt?"
Ich hörte Mom schniefen "Sie hat gesagt..." Ihre Stimme stockte, "Sie hat gesagt...so eine Mutter brauche ich nicht!" brach es aus ihr heraus und sie begann laut zu weinen.
Ich war erschüttert! Was war da vorgefallen?
"Mom, beruhige dich! Ich werde Caroline auf ihrem Handy anrufen und fragen was los ist."
Jetzt war ich froh, dass sie mir ihre Nummer heute Mittag in der Cafeteria gegeben hatte. Zwar hätte ich sie auch anders aufspüren können, aber das hätte länger gedauert. Mom schien sich wieder ein wenig zu beruhigen.
"Sprichst du mal mit ihr?" fragte sie und in ihrer Stimme schwang ein Funke Hoffnung mit.
"Natürlich. Vielleicht ist alles gar nicht so schlimm. Das ist eben eine schwierige Situation." Ich senkte meine Stimme und versuchte beruhigend auf sie einzuwirken.
Es funktionierte, denn ich konnte hören wie ihr Atem sich wieder normalisierte.
"Bleib wo du bist, ich melde mich sobald ich Caroline erreicht habe." befahl ich sie ihr und war froh, dass es mir möglich war, einen kühlen Kopf zu bewahren.
"Okay...bis später." murmelte sie schniefend und legte auf.
Meine Finger flogen über die Tasten, als ich Carolines Nummer wählte. Dank meines überaus guten Gedächtnisses wusste ich sie schon auswendig.
Mailbox - na toll!
"Caroline - hier ist Tamara. Wenn du das hörst ruf mich bitte gleich zurück! Mom ist total aufgelöst!" Hoffentlich hatte ich meiner Stimme genügend Nachdruck verliehen. Als ich auflegte schaute Valentina mich stumm an.
"Es ist komplett schief gelaufen! Wäre ich doch nur mitgegangen!" rief ich aufgebracht und trat mit dem Fuß gegen die Kommode. Ich hörte das splittern von Holz, doch das war mir im Moment egal.
Ich würde Max eine neue Kommode besorgen müssen.
"Reg du dich jetzt nicht auch noch auf! Komm, wir suchen Caroline. Wer weiß, wann sie ihre Mailbox abhört." Sie packte mich am Arm und zog mich zur Garage.
Das war doch mal ein konstruktiver Vorschlag.
Als erstes fuhren wir zu Mom´s Haus um ihren Geruch aufzunehmen und herauszufinden, in welche Richtung sie gelaufen war.
Es war bereits dunkel, aber das würde kein Problem darstellen.
Valentina parkte den Wagen so, dass man ihn nicht von Mom´s Haus aus sehen konnte. Die Straßenlaternen waren nämlich bereits eingeschaltet worden. Es war ein lauer Septemberabend und viele Leute auf den Straßen unterwegs.
Ich lief den Weg entlang, der von Mom´s Haus wegführte und Valentina folgte mir.
Es reichte aus, einmal tief Luft zu holen, schon hatte ich Carolines Geruch in der Nase. Ich folgte ihrer Spur kreuz und quer vom Honeywell Drive zur Burns Road. Sie schien keine Ahnung gehabt zu haben, wohin sie laufen sollte.
Zwei Straßen weiter verlor sich ihr Geruch plötzlich.
Ich konnte mir erst nicht erklären warum und blickte mich zu Valentina um.
Die stand mit weit aufgerissenen Augen schräg hinter mir und verharrte, starr wie eine Statue. Ihre Nasenflügel bebten und ihr Gesicht war kalkweiß.
"Val, was ist....?" Noch bevor ich meine Frage zu Ende formulieren konnte, roch ich es auch.
Es war der Geruch eines anderen Vampirs, ein sehr bekannter Geruch!
Er löste automatisch schmerzliche Erinnerungen bei mir aus.
Weil ich mich aber so sehr auf den Duft von Caroline konzentriert hatte, fiel er mir jetzt erst auf. Ich fuhr herum und sah Valentina entsetztes Gesicht.
Julian!
Meine Gedanken brüllten seinen Namen - so laut, dass Val aus ihrer Starre zu erwachen schien und zu mir lief. Bevor ich irgendetwas tun und damit die ganze Aufmerksamkeit auf uns lenken konnte, schlang sie ihre schlanken aber kräftigen Arme um mich.
"Tamara, seine Spur verliert sich hier! Er scheint mit dem Auto auf sie gewartet zu haben." zischte sie mir ins Ohr. Doch ich hörte ihr nicht zu und schlug wild um mich.
Irgendwie schaffte sie es trotzdem, mich zu unserem Auto zu zerren.
Zwar war ich immer noch außer mir, doch ich sah langsam ein dass es keinen Sinn hatte etwas Unüberlegtes zu tun.
Also ließ ich resignierend die Arme sinken und hörte auf, mich zu wehren.
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