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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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müssten jetzt so viel Lärm wie möglich machen, um sich selbst zu versichern, dass sie tatsächlich am Leben waren. Sein Garten und Friedhof erstreckten sich über einen gesamten Block in den Vororten. Inzwischen gehörte ihm der Garten durch menschliches Recht und eine Urkunde, und er nahm das mittlerweile für selbstverständlich. Rachel und Ivy machten nie viel Lärm. Natürlich schliefen sie auch oft, und Ivy war ein Vampir, wenn auch ein lebender. Sie machte insgesamt kaum Lärm.
    »Hast du sie gereinigt?«, fragte Jenks Vincet. Der junge Pixie schüttelte den Kopf. Er wirkte verängstigt.
    »Nein. So sah sie schon aus, als wir hier angekommen sind. Vi erwacht, bewegt sich wie in Trance und schlägt immer wieder gegen den Sockel der Statue, bis das Brennen sie zu Boden zwingt. Dann schreit sie, bis der Mond nicht mehr hoch am Himmel steht und die Statue sie gehen lässt.«
    Jenks kratzte sich ratlos den Flügelansatz. Obwohl er nicht abhob, bewegte er die Flügel und verteilte glitzern den Staub über der Bank. Verdammter Mist, er musste schon wieder pissen.
    Vincet riss seinen verängstigten Blick von dem weißen Stein, der im Licht einer nahestehenden Laterne leuchtete. »Ich würde kämpfen, wenn ich könnte. Ich würde sterben, um meine Kinder zu verteidigen, wenn ich die Bedrohung nur sehen könnte. Ist es ein Geist?«
    »Vielleicht.« Jenks nahm die Hände von den Hüften und verschränkte die Arme. Das war eine schlechte Angewohnheit, die er von Rachel übernommen hatte. Sofort stemmte er seine Fäuste wieder an die Hüftknochen, wo sie hingehörten.
    Ein plötzliches Geräusch in den Bäumen über ihnen über raschte sie. Während Jenks auf der Lehne der Bank stehen blieb, schoss Vincet überrumpelt davon. Es war Bis, der von seiner Runde über den Park zurückkehrte, die er auf Jenks’ Anweisung hin geflogen war. Jenks war daran gewöhnt, Befehle zu geben, aber nicht auf Einsätzen. Nervös hoffte er, dass er alles richtig machte.
    Begleitet von dem sanften Schaben von Leder auf Leder und dem Geruch von Eisen landete der katzengroße Gargoyle auf der Lehne der Bank, während er mit den Klauen nach Halt suchte. Bis konnte sich problemlos an einer ver tikalen Steinmauer festklammern oder durch Risse kriechen, von denen eine Fledermaus zurückgeschreckt wäre, aber er schaffte es nicht, sich auf dem schmalen Holzbrett der aus Latten gebauten Bank auszubalancieren. Mit einem uneleganten Sprung landete er auf dem Betonweg zwischen der Bank und den Statuen.
    »In der Nähe hält sich nichts auf, was größer ist als ein Opossum«, erklärte der grau gefärbte Junge. Er hielt die Ohren aufgerichtet, sodass die weißen Puschel daran deutlich zu sehen waren. Ein weiterer Puschel zierte seinen löwenartigen Schwanz, doch davon abgesehen war seine Haut glatt und konnte die Farbe wechseln, um sich an die Umgebung anzupassen. Das machte Jenks wahnsinnig. Bis hatte ein Gesicht, das an einen Boxer erinnerte, irgendwie verknautscht und hässlich, aber Jenks’ Kinder liebten den Gargoyle. Und auch Jenks’ Katze Rex war vollkommen verliebt in den neuesten Mieter. Jenks seufzte. Sobald die Katze herausgefunden hatte, dass Bis Wärme erzeugen konnte, wann immer er wollte, war sie ihm verfallen.
    Bis war zu jung, um schon allein zu leben. Nachdem er die Basilika verlassen musste, weil er Leute angespuckt hatte, war er auf der Kirche aufgetaucht und hatte Jenks’ Grenzkontrollen unterlaufen wie ein Geist. Bis schlief den gesamten Tag über wie der sprichwörtliche Stein, und er zahlte seine Miete, indem er in den vier Stunden um Mitternacht herum, in denen Jenks ruhte, den Garten bewachte. Er fraß Tauben. Mit Federn und allem. Jenks bemühte sich, etwas daran zu ändern. Zumindest an dem Teil mit den Federn. Jenks arbeitete auch daran, Bis endlich dazu zu bringen, Kleidung zu tragen. Nicht, dass etwas an ihm unanständig gewesen wäre, aber wenn Bis Kleidung trug, konnte Jenks ihn vielleicht erwischen, wenn er über die Decke kroch. Im Moment entdeckte er höchstens Krallenspuren.
    »Danke, Bis«, sagte Jenks, richtete sich höher auf und bemühte sich, den Eindruck zu erwecken, als hätte er alles unter Kontrolle. »Du bist doch in der Umgebung von Steinen aufgewachsen. Was sagst du zu der Statue? Spukt ein Geist in ihr?«
    Hätte jemand anderes diesen Satz gesagt, wäre es ein Witz gewesen. Doch Jenks und Bis wussten beide, dass es Geister gab. Rachels letzte Beziehungskatastrophe, Pierce, war der Beweis dafür.

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