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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Aufmerksam beobachtete sie die Frau, konnte aber aus ihrer stoischen Haltung nichts ablesen. Schweigend wartete sie auf eine Erklärung.
    »Wir sind keine sonderlich beliebte Gemeinschaft«, sagte Mia direkt. »Jacqueline war sorglos geworden und in die alte Tradition verfallen, Leute zu töten, um ihre Todesener gie aufzusaugen, statt die erbärmlichen gemeinschaftlichen Gefühle zu trinken, die uns von den Inderlander-Gesetzen zugestanden werden.«
    »Also haben Sie sie getötet.« Ivy erlaubte sich einen tiefen Atemzug. Diese Frau jagte ihr mit dem beiläufigen Geständnis eines so abscheulichen Verbrechens höllische Angst ein.
    Mia nickte, und der Saum ihres Kleides schwang wie von selbst in der stillen Luft. »Wir kontrollieren uns selbst, damit der Rest der Inderlander es nicht tut.« Sie lächelte. »Sie verstehen sicher.«
    Ivy dachte an Piscary und senkte den Blick.
    »Wir sind uns gar nicht so unähnlich«, sagte die Frau fast beiläufig. »Vampire stehlen auch psychische Energie. Sie sind nur ziemlich ungeschickt dabei und müssen das Blut als Träger dafür nehmen.«
    Ivy nickte fast zustimmend und unterdrückte ihre Schuldgefühle. Gewöhnlich wussten nur Vampire, dass mit dem Blut auch ein Teil der Aura einer Person genommen wurde, aber eine Banshee wusste es wohl, da das genau das war, was sie selbst auch nahm. Eine reinere Form des Raubes, der die Aura anzapfte und es ihr einfach machte, sich vom Körper zu lösen. Das Opfer konnte eine große Menge Aura ersetzen, aber wenn man zu schnell zu viel Aura nahm, starb der Körper. Ivy hatte immer gedacht, dass Banshees auf einer höheren evolutionären Stufe standen. Aber vielleicht war das gar nicht der Fall, immerhin verwendeten Vampire die sichtbaren Zeichen des Blutes, um abzuschätzen, wann sie aufhören mussten. »Es ist nicht dasselbe«, widersprach Ivy. »Wenn wir uns nähren, stirbt niemand.«
    »Das tun sie sehr wohl, wenn man zu viel nimmt.«
    Ivys Gedanken schossen zu der Leiche in Piscarys Kühlraum. »Ja, aber wenn ein Vampir sich nährt, gibt er genauso viel Gefühl, wie er nimmt.«
    Und obwohl Mia sich nicht bewegte, versteifte sich Ivy, weil die Frau die Schatten im Raum um sich zu sammeln schien, um sich dahinter zu verbergen. »Nur lebende Vampire mit einer Seele geben so viel wie sie nehmen«, widersprach sie. »Und deswegen leidest du, Ivy.«
    Ihre Stimme, leise und spottend, schockierte Ivy genauso wie die Verwendung ihres Vornamens.
    »Du könntest immer noch Schönheit zwischen all dem Scheußlichen finden, wenn du nur stark genug wärst«, fuhr Mia fort. »Aber du hast Angst.«
    Ivys Magen verkrampfte sich, und ihre Haut wurde kalt. Das kam dem, wonach sie suchte, zu nah, auch wenn sie leugnete, dass es überhaupt existierte. »Man kann keine Liebe darin finden, Blut zu nehmen«, stellte sie fest, ent schlossen, sich nicht aufzuregen und unwissentlich diese … Frau zu füttern. »Liebe ist wunderschön, und Blut ist grausam, die hässliche Befriedigung eines Bedürfnisses.«
    »Und du brauchst keine Liebe?«
    »Das habe ich nicht gesagt.« Ivy fühlte sich unwirklich und umklammerte den Rand ihres Tisches. »Blut ist kein Weg, um seine Liebe auszudrücken.« Ivys Stimme war ruhig, aber innerlich schrie sie. Sie war so krank, dass sie einem Freund nicht ihr Mitgefühl aussprechen konnte, ohne es mit der Lust nach Blut zu beschmutzen. Ihr Bedürfnis nach Liebe und ihren Drang nach Blut zu vermischen korrumpierte die Liebe und machte sie hässlich. Ihr Verlangen, die zwei getrennt zu halten, war ihr so unheimlich wichtig und machte sie so verletzlich, dass sie fast würgte, als Mia den Kopf schüttelte.
    »Das ist nicht, wer du sein willst«, spottete sie. »Ich sehe es. Es fließt aus dir wie Tränen. Du belügst dich selbst und sagst, dass Blut und Liebe zwei getrennte Faktoren sind. Du lügst, wenn du sagst, dass die geistige Gesundheit daran hängt, sie als zwei Dinge zu sehen statt als Einheit. Nur wenn du es akzeptierst, kannst du dich über das erheben, was dein Körper von dir verlangt – dem gerecht werden, was du sein willst … mit jemandem, den du liebst und der stark genug ist, es zu überleben, dich ebenfalls zu lieben.«
    Schockiert erstarrte Ivy. Diese zierliche Frau zog ihre ver zweifelten, tief vergrabenen Wünsche hervor und brachte sie ans Licht, wo jeder sie sehen konnte. Sie wollte die Blutlust kontrollieren … aber es fühlte sich so verdammt gut an, sich von ihr kontrollieren zu lassen. Und wenn sie es

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