Blutseelen 03: Laira: Erotischer Vampirroman (German Edition)
Haut.
Sie hatte Härte erwartet, einen Widerstand, der sich so steinig anfühlte wie die Glieder, die sie beim Heben berührte. Aber die Haut war weich und fest wie die einer jungen Frau. Gracia sog das Blut in sich, und das Blut floss. Ein Reich aus Licht und Farben tauchte vor ihrem inneren Blick auf. Es war, als öffnete sich ein drittes Auge auf ihrer Stirn, durch das sie eine andere Zeit erblickte. Vor ihr breitete sich Kemet aus, das schwarze Land, und sie beherrschte es. Gefühle von Macht und Lust drohten sie zu zerreißen, doch es waren angenehme Gefühle, von denen sie nicht genug bekam. Eine neue Welt lag ihr zu Füßen. Und bald, sehr bald, würde auch die alte, vertraute Welt ihr zu Füßen liegen; die der Menschen, Vampire und Werwölfe. Alle würden Gracia anbeten oder vor ihr erzittern. Die kleineren, verstreuten Klane und Ordenshäuser in Russland, Japan, Kanada und Amerika, die sich ohnehin im Verborgenen hielten, würden keine andere Wahl haben, als ihre Bedingungen zu akzeptieren und sich ihrer Vorherrschaft zu beugen.
Sie trank und flog in ihrer Gedankenwelt, badete in den Verheißungen der Zukunft. Es war ein perfekter Augenblick, der niemals enden durfte, doch er endete viel zu schnell und so abrupt, dass Gracia aufschrie und von Laira abließ.
Etwas geschah mit dem Schmuck, den sie angelegt hatte. Von einem Moment auf den anderen brannten Gold und Steine wie Säure. Wie tausend winzige Zähne fraß sich das Geschmeide in die Haut.
Gift , erkannte sie entsetzt. Das gesamte Stück war in Gift gebadet worden! Panisch versuchte Gracia, sich den Schmuck vom Hals zu reißen, doch die Haken öffneten sich nicht. Sie riss den Kopf zurück und starrte auf Lairas asketisches Gesicht. Die Urvampirin musste gegen das Mittel immun sein, sie aber würde daran vielleicht zugrunde gehen. „Marut!“ Ihre Hände krampften sich um die Kette an ihrem Hals. Sie versuchte, das Gold abzureißen, doch es hatte sich in ihre Haut gebrannt und war damit verschmolzen.
Marut eilte zu ihr und versuchte, den Verschluss zu lösen. Er zog an ihrer Haut.
„Nein“, keuchte sie. Warum nur hatte sie die Kette anlegen müssen? Ein so dummer Fehler, so dicht vor dem Ziel. Sollte er sie alles kosten? Sie sah Hilfe suchend zu Marut. „Reiß es ab!“
Marut folgte dem Befehl. Die Kette löste sich. Gracia biss die Zähne aufeinander. Seit Jahrzehnten hatte sie keinen derartigen Schmerz gefühlt. Ihr Blut quoll hervor und spritzte über den Rand des Sargs. Sie riss am Saum ihres Kleides ein langes Stoffstück heraus. Marut half ihr, es um den Hals zu ziehen.
„Mutter!“, rief Befana angespannt. „Sieh!“
Gracia wandte sich wieder dem Sarg zu und blickte hinein. Rote Blutsprenkel glitzerten auf Lairas Gesicht und dem langen Hals. Auch auf den Lippen glitzerten winzige Punkte. Im Gesicht der Erzvampirin zuckten einzelne Muskeln.
„Wir müssen sie töten.“ Marut zog eine Pistole und legte auf Lairas Kopf an.
Gracia stieß die Waffe weg. Ihr wurde schwindelig. Sie schmeckte noch immer Lairas köstliches Blut auf der Zunge. „Nein. Wir dürfen nichts davon vergeuden.“
Bajus Stimme klang angstvoll. „Sie erwacht ohne dass wir es initiiert haben. Etwas läuft falsch.“
Lairas Arme und Beine zitterten. Gracia verzog verächtlich die Lippen. „Das sind nur Traumzuckungen. Wenn ich sie erst leer getrunken habe, wird sie friedlich sein.“ Sie beugte sich erneut hinab, öffnete den Mund und stieß die Zähne ein zweites Mal durch die Haut. Die Haut fühlte sich verändert an. Fester, fast wie dünnes Holz. Gracia störte sich nicht daran. Hinter sich spürte sie Marut zurückweichen. Sie schluckte gierig, und wieder flog sie hinauf in die Wolken, um die Länder der Erde unter sich zu sehen wie ein Spielzeugland.
Ein Dutzend Mal hatte sie gierig gesogen, dann veränderte sich etwas. So schlagartig, wie die Kette Lairas ihren Hals entzündet hatte, verätzte das Blut ihren Mund. Sie gurgelte und wich zurück. Ihre Speiseröhre verging. Sie wollte sprechen, aber es gelang ihr nicht. Gracias Blick fiel auf Lairas Gesicht. Zwei weit aufgerissene Augen starrten sie an. Sie besaßen keine Iris und kein Weiß. Komplett schwarz ausgefüllt, ohne jede Reflektion, ließ sich nicht erkennen, ob Laira sie überhaupt sah. Aber Gracia spürte, dass es so war. Dieser Blick drang wie ein Messer in sie. Sie drehte sich zu Marut, doch ehe sie ihn warnen konnte, richtete Laira ihren Oberkörper auf. Dürre Hände packten sie am wunden
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