Blutsgeschwister
Daturas Tischende und kicherte, als ihre Schwester sie ihr zahm wie ein Hund aus der Hand aß.
Nachdem sie die Frucht aufgegessen hatte, fing Datura sofort an, alles aufzuessen, was man ihr hinhielt. Sie alle aßen voller Ernst, aber bald darauf fing Datura an zu stöhnen und anzuschwellen. Auf beängstigende Weise. Sie dehnte und rundete sich wie ein Ballon.
»Wird sie jetzt zu etwas anderem?«, fragte Selenicera, während sie an einem Scone nagte und ihre Schwester aufmerksam betrachtete.
Kit sah Fancy fragend an, aber obwohl Fancy sehr viel Spaß daran hatte, sich mörderische Szenarien auszudenken und sie umzusetzen, wusste sie nie genau, wie sich die Dinge entwickelten.
»Wenn sie noch größer wird«, sagte Selenicera, »schwebt sie davon.«
Aber Datura schwebte nicht davon.
Sie platzte.
Die feuchte Explosion riss die Lakaien von den Füßen und blies die Mädchen vom Tisch. Sie landeten hart auf der Plattform, und sie brauchten ein paar Minuten, bis sie sich erholt hatten und wieder aufstehen konnten. Selenicera hatte wieder ihre alte Haut, die Druckwelle hatte ihr die Flügel abgestreift. Von Datura war nur ihr schmieriges Blut übrig, das nun ihre Schwester bedeckte.
Selenicera sprach als Erste und wischte sich Daturas Geschlabber vom Mund. »Ich bin jetzt ganz offiziell satt.« Sie schleuderte den schmierigen Klumpen weg, und als er mitten in der Luft nur einen Meter von ihr entfernt hängen blieb, wich sie erstaunt zurück.
»Keine Sorge«, sagte Kit. »Es bedeutet nur, dass wir zurückgehen.«
Ein paar Sekunden später schlossen sich die Wände von Seleniceras seltsamem Gartenzimmer um sie.
Fancy bemerkte das Kinetoskop auf dem Boden, hob es auf und tätschelte es wie einen treuen Hund.
»Ist das alles wirklich passiert?« Selenicera schlang ihre Arme um sich, als wäre ihr kalt. »Ist meine Schwester wirklich explodiert?«
»Sieht so aus«, sagte Kit. »Bist du okay?«
»Mir geht’s gut. Aber das?« Sie betrachtete das klebrige Zeug, das sie bedeckte. »Das ist nicht so gut.«
Fancy schrie frustriert auf, als sie ihre eigenen Kleider sah. Erst jetzt bemerkte sie, dass Selenicera nicht als Einzige mit Blut bedeckt war. »Langsam fängt das echt an, mich zu nerven.«
»Komm, wir machen uns sauber«, sagte Kit fröhlich. Ihre unbeschwerte Art passte nicht zu den Hautfetzen, die ihr kurzes Haar bedeckten.
Selenicera zeigte den Schwestern das Bad. Sie war sehr viel unterwürfiger als noch an dem glücklichen Ort.
»Das ist ja eine riesige Wanne.« Kit legte ihre Hand auf Seleniceras Kopf. »Das ist dein Haus, also lassen wir dich zuerst duschen, Kleines.«
»Ich mag keine Duschen. Ich mag es nicht … gegossen zu werden.«
Kit ließ ihre Hand auf Seleniceras Nacken gleiten. »Du musst nicht baden, wenn du nicht willst. Ich könnte dich auch ertränken.«
Selenicera schüttelte heftig den Kopf.
Kit lachte. »Dein Kopf sagt Nein, aber deine Augen sagen Ja. Stimmt’s?« Sie drehte Selenicera so, dass sie Fancy sehen konnte, die ihre Schwester mit wachsender Sorge betrachtete. »Schau sie dir an. Sieht sie nicht schrecklich aus?«
»Natürlich. Ihre Schwester ist gerade über ihr explodiert.«
Fancy ging zum Waschbecken, um sich die Hände sauber zu schrubben. »Was für einen Sinn macht es, Leuten zu helfen, wenn wir sie hinterher umbringen?«
»Du willst wissen, was der Sinn ist? Ich frage mich vielmehr, was für einen verdammten Sinn es macht, dass du mich mitgenommen hast!«
Fancy war so verblüfft von Kits Ausbruch, dass sie sie nicht einmal wegen des Fluchens zurechtwies.
»Du hast versprochen, dass ich diesmal jemanden erstechen darf«, fuhr Kit fort. »Und jetzt steh ich hier! Total blutverschmiert und trotzdem komplett unzufrieden.« Sie betrachtete Selenicera, die wieder die Arme um ihren Körper schlang. »Aber ich muss nicht unzufrieden bleiben. Wie lange, glaubst du, kann das Kind überleben, ganz allein und ohne Familie? Ich würde ihr einen Gefallen tun.«
»Ich habe einen Bruder«, sagte Selenicera leise. »Er kann auf mich aufpassen. Er hat gesagt, dass er das macht.«
Kit lächelte Selenicera beruhigend an. »Ich könnte es so machen, dass es nicht wehtut, wenn es das ist, was dir Angst macht. Du würdest nicht explodieren oder …«
»Bitte.« Sie schüttelte den Kopf und zitterte am ganzen Körper. »Er hat ein kleines Zimmer. Er hat gesagt, ich kann da wohnen.«
Fancy zog ihre Schwester von Selenicera weg. »Kit, ich hab dir gesagt, es gibt keinen Grund
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