Blutskinder
Knight.
Allerdings hatte der gute Ruf der Kanzlei bereits in den letzten Lebensjahren des alten William Mason gelitten. Mason senior war zu krank gewesen, um die großen Firmen halten zu können, die über Jahrzehnte hinweg zu ihren Mandanten zählten. Außerdem überließ er das Geschäft zunehmend seinem Sohn Dennis, der jedoch mehr damit beschäftigt war, sein Leben zu genießen, als sich um die Kanzlei zu kümmern. Da war es kein Wunder, dass es mit Mason & Mason langsam bergab ging. Mittlerweile befassten sie sich vorwiegend mit Scheidungsfällen, aber sie lebten gut davon. Inzwischen sogar sehr gut, denn Mason & Knight hatte sich zu einem anerkannten Spezialisten für internationales Familienrecht entwickelt.
Mit zunehmendem Alter hatte sich Den mit seinem gleichförmigen Leben abgefunden. Dennoch gönnte er sich nach wie vor ein- oder zweimal im Jahr einen kleinen Seitensprung. Und da Robert ein loyaler Freund und Verbündeter war, sagte er nichts dazu.
»Holt sie es sich woanders?« Den ließ sich in einen Sessel fallen.
»So einfach ist die Sache nicht.« Robert hatte nicht die Absicht, Den alles zu erzählen, was er über Erin herausgefunden hatte. Vor allem sollte sein Partner nicht wissen, dass Robert in den Briefen seiner Frau herumgeschnüffelt hatte. Das erinnerte doch zu sehr an sein Verhalten Jenna gegenüber.
»Sagen wir mal, sie hat mich angelogen. Und selbst als ich ihr die Wahrheit ins Gesicht sagte, wollte sie es nicht zugeben.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Mit Ruby zu Hause. Ich hoffe, sie behält ihre Tochter gut im Auge. Die hat nämlich einen Freund. Einen Zigeuner, ob du es glaubst oder nicht.« Robert beugte sich vor und fragte ernst: »Was soll ich bloß machen, Den? Meine Frau ist nicht die, für die ich sie hielt, und meine Tochter, die ich auf eine der teuersten Privatschulen Londons schicke, hat sich in einen bekifften Hippie verliebt.« Er stieß ein kleines freudloses Lachen aus.
»Nicht die, für die du sie hieltst?«, hakte Den nach.
»Sie hat mir nicht die Wahrheit über ihre Vergangenheit gesagt. Und ich weiß nicht, ob ich nun ihren Beteuerungen oder meinem Informanten glauben soll.«
»Soll das heißen, dass sie ihre …« – Den suchte nach dem richtigen Wort – »… ihre Unschuld beteuert?«
Genau das war der springende Punkt. Erin hatte zwar abgestritten, dass sie Baxter King kannte oder jemals in Brighton gelebt hatte, doch seine andere Anschuldigung hatte sie nicht direkt geleugnet. Im Grunde genommen hatte sie nichts dazu gesagt.
Robert seufzte. »Nein, eigentlich beteuert sie gar nichts.«
»Verstehe«, erwiderte Den nachdenklich. Er wusste immer noch nicht, worauf Robert hinauswollte, beschloss jedoch, nicht weiter in ihn zu dringen. »Hast du schon mal daran gedacht, den Typ zu engagieren, der für Critchley arbeitet? Wie heißt er noch – der Kerl, der die Nachforschungen für ihn anstellt …«
Nach kurzem Zögern antwortete Robert: »Ich habe mich mit Louisa in Verbindung gesetzt, nachdem du mir erzählt hattest, dass sie wieder in England ist. Wir haben uns neulich in einem Hotel auf dem Land getroffen, und heute Morgen habe ich ihr hier in London ein Hotelzimmer besorgt.«
»Jetzt mal langsam, Kumpel.« Den war sich nicht sicher, ob er alles richtig verstanden hatte. »Du hast dir ein schönes Wochenende mit Louisa gemacht, hast dich heute schon wieder mit ihr in einem Hotel getroffen und dann regst du dich über Erin auf?« In Dens Lachen schwang fast so etwas wie Anerkennung mit.
»Nein, es ist nicht so, wie du denkst.« Egal was er sagte, dachte Robert, Den würde doch immer seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. »Ich habe sie engagiert, damit sie dieses ganze Durcheinander aufklärt. Ich mische mich am besten so wenig wie möglich ein. Nicht so wie beim letzten Mal«, fügte er hinzu. »Aber behalte es für dich. Wenn Erin herauskriegt, dass ich Louisa angeheuert habe, ist es sofort aus zwischen uns.«
Bei diesen Worten wurde Robert klar, dass er nicht wollte, dass es aus war. Er erkannte jetzt auch, dass es von Anfang an genügend Anzeichen dafür gegeben hatte, dass Erin ihm etwas verheimlichte. Doch in seiner Verzweiflung über Jennas Tod hatte er die Hinweise einfach übersehen. Wie betäubt hatte er sich damals von einem Tag zum nächsten geschleppt, bis er Erin kennenlernte, die seinem Leben wieder einen Sinn gab.
Tula rief sie zum Essen. Bei Tisch drehte sich das Gespräch um die unfähigen Gartenarchitekten, die nach Tulas Meinung
Weitere Kostenlose Bücher