Blutskizzen
Kollegin grüßt zurück, erinnert sich. »Was ist passiert?«
»Zwei Glatzen sind in den Laden gekommen und haben Ärger gemacht. Sie ist dazwischengegangen...«
»Ach, ich war gar nicht gemeint.« Ayse, muss sich zur Seite lehnen, um am Sani vorbeizusehen. »Zwei Schwarze saßen am Fenster, haben ganz normal was getrunken. Da sind die beiden Idioten draußen vorbeigekommen, haben die gesehen und meinten, sie müssten hier drinnen Ärger machen. War’n schon ziemlich besoffen.«
»Und was ist mit der Hand passiert?«
»Halb so schlimm. Ich habe gesagt, sie sollen den Scheiß lassen, da hat mich der eine am Gelenk gepackt und gedreht. Tut halt ein bisschen weh.«
»Wahrscheinlich nur eine Bänderdehnung.« Der Sani, klebt die Binde fest.
»Und weiter.« Die Kollegin hat ihren Block gezückt, schreibt mit.
»Es waren einige Gäste da, die sofort eingegriffen haben.« Sie zeigt nach hinten, an der Theke sitzt der Komiker, noch gar nicht gesehen. Will der hier einziehen? »Zwei der Jungens, die noch hier waren, sind auch im Boxverein, da gab es’ne Rangelei, und die beiden Glatzen sind abgehauen. Außer dem Stuhl da und dem hier«, sie hält den Arm hoch, »ist nichts passiert.« Sie steht auf, doch noch leicht verwirrt.
Die Kollegin geht zur Theke, befragt den BMW-Fahrer. Er macht Angaben, hat keinen gekannt.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
»Danke, ist lieb gemeint.« Sie kriegt ein warmes Lächeln hin, fasst mit der gesunden Hand an den Oberarm, kurzer, zarter Druck, Knibbeln mit beiden Augen. Heißes Fließen im Nacken. »Aber ich mach jetzt zu und leg mich einfach ins Bett. War heute Morgen auch früh auf.«
Die Kollegin ist auch fertig, kommt mit raus. Der Schöne verabschiedet sich, Ayse mit üblicher Freundlichkeit, geht ebenfalls.
»Habt ihr hier in der Gegend öfter Ärger damit? Weil, ich wohne hier, mir ist da noch nichts aufgefallen.«
»Hier eigentlich weniger.« Sie verstaut ihr Notizbuch. Hauptkommissarin, müsste die Dienstgruppenleiterin sein. »Aber drüben in der Hochhaussiedlung hinterm Park, da haben wir einige von den Idioten wohnen.«
»Wann ist es passiert?«
»Dreiviertel Stunde müsste es her sein.«
Sie steigen ein, Gruß, Abfahrt. Der Z 3 mit sattem Surren hinterher. Protzkiste.
Schade, etwas früher Feierabend machen. Da hätte es richtig was aufs Gesicht gegeben.
»Konni«, Ayse in der Tür, »tut mir leid, dass das jetzt dazwischengekommen ist. Wollen wir wenigstens hier noch ein Bier trinken, ist der Abend vielleicht nicht völlig im Eimer.« Bemühter Blick.
»Nur, wenn es geht, quäl dich nicht.«
»So schlimm ist es nicht, tut nur’n bisschen weh.« Sie hält die Tür auf, schließt ab. Sie geht vor, will hinter die Theke, knickt mit dem linken Bein ein.
»Hey!«
Sie fasst sich an den Kopf, greift mit der anderen den Stuhl. Schnell unter die Arme, festhalten. Der Geruch ihrer Haut.
»War wohl doch etwas heftiger.«
Sie setzt sich.
»Ist wahrscheinlich nur der Schrecken.« Tiefes Durchatmen, schiefes Lächeln. »Als der mich gepackt hat, hab ich gar nicht damit gerechnet.«
»Am besten, du legst dich hin, denke ich.«
»Kann schon sein, tut mir leid.«
Noch ein Seufzer, sie steht auf, kommt noch mit zur Tür.
»Wir holen das nach, irgendwann die Woche.«
»Werd erst mal wieder fit.«
Ansehen, Spannung, ganz langsam näher, Wange an Wange, zum Abschied, kurz, kaum Berührung. Gänsehaut.
»Bis morgen. Ich melde mich mal.«
Direkt vor der Haustür zwei Parkplätze. Wenn man mal einen braucht...
Im Briefkasten Freikarten für den Zirkus.
Schritte auf der Treppe, Frau Gierth.
»Nabend, Herr Kirchenberg. Haben Sie mitbekommen, was da drüben los war? Ich hab nur die Blaulichter gesehen.«
»Nur’ne kleine Rangelei mit ein paar Skinheads bei Sener. Ist nicht viel passiert.«
»Mein Gott, sind die jetzt schon bei uns in der Gegend.« Sie schüttelt den Kopf.
»Ich befürchte, die sind überall, Frau Gierth. Wollen nur hoffen, dass es nicht zu viele werden.«
»Dann will ich mal ins Bett, will morgen doch ausgeschlafen sein.«
Sie wartet einen Augenblick, Frag-mich-Gesicht.
»Was Besonders vor, morgen?«
»Jaha.« Weite Augen. »Ich habe einen Job angenommen im neuen Kaufhaus im Industriegebiet.«
»Einen Job? In Ihrem Alter? Haben Sie doch gar nicht mehr nötig.«
»Ach, Herr Kirchenberg, manchmal können einem die Tage doch lang werden. Ich bin als Hausdetektiv angestellt.«
»Was? Als Hausdetektiv?«
»Genau. Natürlich greife ich
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