Blutspiele
ist gut. Sie stimmt dich geistig ein, lässt das Blut schneller fließen … und macht es süßer.
Es war ein Risiko gewesen, ihr den Kelch zu geben, ehe er zuschlug, aber sie war etwas Besonderes. Sie sollte ahnen, wissen, was auf sie zukam. Aber jetzt musste er mit den Komplikationen leben, die diese Warnung nach sich zog. Mit Komplikationen fertigzuwerden, das machte ihm nichts aus. Er fand sie interessant. Vielleicht würde er ihnen einfach ausweichen und einen anderen Weg finden, um an Eve heranzukommen.
Einen Weg namens Jane MacGuire.
»Detective Quinn.«
Als Joe die Dienststelle betrat, sah er einen großen, gutaussehenden Mann Anfang fünfzig vom Büro der Chefin auf ihn zueilen. Er erkannte das breite, intelligente Gesicht, obwohl es sorgenvoll und von Trauer zerfurcht war.
»Mein aufrichtiges Mitgefühl, Senator Norris. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid es mir tut –«
»Ihr Mitgefühl will ich nicht. Ich will wissen, was Sie unternehmen, um den Mörder meines kleinen Mädchens zu finden.« Er verzog schmerzlich den Mund. »Auch wenn sie eigentlich kein kleines Mädchen mehr ist. Das war mein einziger Gedanke, als ich sie da in der Leichenhalle liegen sah. Mein kleines Mädchen …«
»Wir tun alles, was wir können. Ich komme gerade vom Allatoona. Jetzt werde ich mir die ersten Berichte ansehen.«
»Ihr Captain sagt, Sie seien der Beste«, erklärte Norris. »Ich hoffe, sie hat recht. Wenn Sie die Sache verzögern, werde ich einen Weg finden, Sie an den Pranger zu stellen. Ich habe vor sechs Jahren meine Frau verloren. Seitdem gab es nur noch Nancy Jo und mich. Nun ist sie auch gegangen.« Er wandte sich ab. »Ich werde jetzt zum Allatoona fahren. Ich will den Ort sehen, wo sie gestorben ist.«
Ich werde meinen Vater suchen.
Ihm fielen die Worte der Frau wieder ein, die ihm im Wald erschienen war. Jetzt versuchte Nancy Jos Vater eine Verbindung zu seiner Tochter herzustellen, indem er sich ansah, wo ihr Leben zu Ende gegangen war. »Ich muss Sie vorwarnen, der Platz wird noch immer von den Medien belagert.«
»Das ist mir scheißegal.«
Joe sah ihm hinterher, wie er mit großen Schritten die Polizeistation verließ. Der Ärmste. Man konnte nie vorher wissen, was aus dem Nebel kam und einen traf. Norris hatte alles, was ein Mann sich nur wünschen konnte: Geld, eine brillante Karriere, ein Kind, das er liebte. Doch dann entriss man ihm das Allerwichtigste, und er musste feststellen, wie unbedeutend der Rest war.
Genau wie bei Eve und ihrer Bonnie.
Bloß nicht an Bonnie denken. Es war schon Alptraum genug, dass er gezwungen war, sich mit Nancy Jo Norris auseinanderzusetzen.
Er drehte sich um und ging den Flur zur Kriminaltechnik hinunter.
4
I ch habe etwas vom Chinesen mitgebracht«, sagte Joe, als er das Haus betrat. »Ich weiß, ich hätte erst anrufen sollen. Hast du schon gegessen?« Er stellte die Tüte auf dem Küchentisch ab. »Wo ist Jane?«
»Sie macht einen Spaziergang. Patty hat vor ein paar Stunden Janes Hund vorbeigebracht.« Sie hob die Hand, als er etwas sagen wollte. »Wir wissen zwar, dass Toby freundlich ist, aber er sieht nicht so aus. Niemand wird ihr etwas tun, solange Toby bei ihr ist.«
»Ich bin froh, wenn du dir da so sicher bist. Ich bin es nicht.«
»Außerdem habe ich einen der wachhabenden Beamten gebeten, ihr hinterherzugehen. Und nein, wir haben noch nicht zu Abend gegessen. Wir hatten ein spätes Mittagessen und dachten, wir warten besser auf dich.« Sie begann die Schachteln aus der Tüte zu holen. »Hast du schon einen Bericht über das Blut in dem Kelch, den wir gefunden haben?«
»Menschliches Blut. Typ A negativ.«
»Das habe ich befürchtet.« Sie warf die leere Tüte in den Abfalleimer. »Ob das eine Warnung sein soll?«
»Ich habe keine Ahnung. Das wäre auf jeden Fall eine Möglichkeit.« Er holte Teller aus dem Küchenschrank. »Erinnerst du dich an die Zeichnungen auf dem Kelch?«
»Wie könnte ich sie vergessen? Ich habe das verdammte Ding ein paar Stunden lang angestarrt, während ich darauf gewartet habe, dass es abgeholt wird. So eine Art mittelalterlicher Festsaal, neun Männer, die sitzen, und einer, der steht, mit einem Kelch in der Hand. Ungewöhnlich.«
»Nicht so sehr ungewöhnlich. Wir haben einen weiteren in Nancy Jo Norris’ Hand gefunden, der ganz genauso aussah.«
Sie erstarrte. »Was?«
»Dieselbe Gravur.« Er nahm das Besteck heraus. »Sie prüfen gerade das Blut. Aber das von Nancy Jo war es nicht. Sie hatte
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