Blutspiele
Norris habe.«
Von der Veranda aus beobachtete Eve, wie Joe den Wagen parkte und die Einfahrt heraufkam. Die erste Morgendämmerung ließ den Himmel leicht perlfarben schimmern, und sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber er bewegte sich schnell, und seine Schritte verrieten die gebändigten Gefühle.
Wie auch sie ihre Gefühle unter Kontrolle halten musste. Sie war verwirrt, hatte Angst und fühlte sich dieser Entwicklung in keiner Weise gewachsen. Aber sie musste einen Weg finden, ihm zu helfen, ohne dass ihre Emotionen dabei störten.
Auf der obersten Stufe blieb er stehen und sah sie an. »Was für ein verdammter Mist. Willst du abhauen?«
»Nein.« Sie warf sich in seine Arme und barg das Gesicht an seiner Brust. »Bist du denn in diesen ganzen Jahren vor mir abgehauen? Wir müssen einen Weg finden, damit fertig zu werden.«
»Wenn möglich, ohne mich in die Klapsmühle einzuliefern. Der Gedanke ist dir bestimmt schon gekommen.«
»Natürlich nicht.« Sie drückte ihn fester. »So richtig habe ich Megans Geschichte von der Übertragung nicht geglaubt, bis sie mir erzählt hat, dass es dich getroffen hat. Aber du bist ein Fels. Ich kenne niemanden, der so stark und so zuverlässig ist wie du. Wenn du mir sagst, dass du Nancy Jo Norris gesehen hast, dann stimmt das.«
»Ich habe sie gesehen. Ich habe mit ihr gesprochen.« Er schob sie ein Stück von sich weg. »Jetzt schau mich an und zeig mir dein Gesicht.«
Sie sah ihm geradewegs in die Augen. »Du wirst nichts weiter sehen als Liebe und Vertrauen. Du bist ein Fels.«
Er ließ seinen Blick lange auf ihr ruhen. »Mein Gott, du schaffst es, dass ich es wirklich glaube.«
»Gut. Dann kann ich dir jetzt ja sagen, wie sauer ich auf dich bin, weil du mir nicht erzählt hast, was dir auf der Seele liegt.«
»Ich hatte meine Gründe.«
»Das reicht nicht. Wäre ich nicht gewesen, hättest du nie in diesem Sumpfgebiet nach Henry Kistle gesucht. Megan hätte dich niemals berührt. Was immer dir zustößt, passiert auch mir. Du solltest mich daran teilhaben lassen.«
»Ich fürchte, in diesem Fall kann ich das nicht. Megan konnte Nancy Jo weder hören noch sehen.«
»Dann finde ich einen anderen Weg, dir zu helfen.« Sie gab ihm einen Kuss. »Schließ mich nur nie wieder aus. Das hat mir Angst gemacht.«
»Auch wenn es mir schwerfällt, meinen Ruf als Fels zu beschädigen, aber auch ich war etwas beunruhigt.« Er vergrub sein Gesicht in ihren Haaren und sagte mit heiserer Stimme: »Ich habe so ein Glück.«
»Ja, das stimmt.« Sie umarmte ihn noch einmal. »Du hast mich und Jane …« Betont fröhlich fügte sie hinzu: »Und eine neue Seelenfreundin.« Sie trat zurück und zog ihn zur Eingangstür. »Aber ich muss zugeben, dass ich hoffe, du suchst dir nicht noch weitere Bekannte. Das könnte sonst ziemlich verwirrend werden.« Als sie das Haus betraten, warf sie ihm einen Blick zu. »Willst du jetzt ein bisschen schlafen oder bist du zu aufgedreht?«
»Schlafen.« Er legte den Arm um ihre Taille. »Ich will dich im Arm halten und dir von Nancy Jo erzählen. Ich werde dich teilhaben lassen, so gut ich kann.« Gemeinsam gingen sie zum Schlafzimmer. »Ich weiß, Megan konnte dich überzeugen, dass sie diese Gabe hat, aber das ist etwas anderes. Ich bin immer noch verblüfft, dass du das alles so bereitwillig glaubst.«
Weil sie seit Jahren mit dem Geist von Bonnie lebte, dachte sie. Traum oder Gespenst, es hatte nie einen Zweifel daran gegeben, dass der Geist existierte. Sollte sie Joe davon erzählen?
Nein, Joe hatte in den letzten Jahren eine Abwehr gegen Bonnie entwickelt und wollte, dass Eve die Suche aufgab. Wie könnte sie Bonnie jetzt erwähnen und ihm erzählen, dass sie ihm nicht genug vertraut und ihm nie von diesen Visionen berichtet hatte? Nachdem sie ihm gerade Vorwürfe gemacht hatte, weil er sie nicht an seinen Problemen teilhaben ließ? Später. Wenn sie Joes Kämpfe durchgefochten hatten.
»Nicht gerade bereitwillig. Aber wenn du das sagst, dann ist es so.« Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Aber ich frage mich, ob die Tatsache, dass du Nancy Jo gesehen hast, nicht damit zusammenhängt, dass der Killer irgendetwas mit dir … mit uns zu tun hat. Du hast gesagt, die Kelche sahen gleich aus. Derjenige, den Jane im Kühlschrank gefunden hat, war eine Art Drohung.«
»Oder eine Visitenkarte.«
»Ganz schön makabre Visitenkarte.«
»Seine ganze Vorgehensweise ist makaber«, sagte Joe.
»Also glaubst du, dass du
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