Blutspuren
Ihren Betrieb mitzunehmen?«
Gerhard Lischka zuckt hilflos mit der Schulter, als wolle er damit ausdrücken, den Grund nicht zu kennen, starrt wieder auf den Fußboden und quetscht gequält hervor: »Ich hatte Angst, wußte nicht mehr, wohin damit!«
Im Verlaufe der nächsten Stunden wird er immer gesprächiger. Schließlich gesteht er ohne Umschweife, Carmen Vollmer ermordet und ihren Leichnam zerstückelt zu haben, um ihn spurlos verschwinden zu lassen. Minutiös schildert er, wie es dazu kam. Und: Je länger er über das ihn Belastende redet, um so mehr weicht die innere Lähmung von ihm, bis er sich auf merkwürdige Weise von einer ungeheuren Last befreit fühlt. Bis zum Morgengrauen des nächsten Tages dauert das peinliche Verhör, weil Kroll erst dann die ganze Wahrheit über die schrecklichen Vorgänge kennt.
Gerhard Lischka war seit Montag, dem 27. März 1972, stolzer Besitzer eines eigenen Fernsehers. Um dieses Ereignis zu würdigen, schüttete er spät abends nach Schichtschluß allerlei Biere in sich hinein, die ihm einen kurzen, unruhigen Schlaf verschafften. An die Verabredung mit Carmen Vollmer, die am nächsten Morgen eine Geburtstagsüberraschung von ihm erwartete, dachte er inzwischen längst nicht mehr.
Als er am Dienstag gegen sieben Uhr erwachte, tobten in seinem Hirn jede Menge wüste Phantasien. In ihnen machte er junge Mädchen zu wehrlosen Objekten der Befriedigung seiner gewaltdurchsetzten, sexuellen Vorstellungen. Die Erregung war so enorm, daß er auf der Stelle masturbieren mußte. Genau zu diesem Zeitpunkt klingelte es an seiner Wohnungstür. Unsanft wurde er in die Realität zurückgeholt. Erst da fiel ihm ein, daß die kleine Carmen ihr Geburtstagsgeschenk abholen wollte. Höchst mißgelaunt ging er zur Tür. Tatsächlich: Sie war erschienen und strahlte ihn mit erwartungsfrohen Augen an. Als er sie erblickte, entflammte die noch nicht erloschene Erregung von neuem. Sie bildete mit seiner Übellaunigkeit eine verhängnisvolle Allianz. Blitzschnell faßte er den Entschluß, sich an dem Kind zu vergehen.
Mit falscher Freundlichkeit bat er es herein. »Leg den Schulranzen so lange ab!«
Carmen folgte der Aufforderung, während Lischka die Wohnungstür schloß. Ohne Umschweife packte er dann das Kind am Genick, schob es brutal ins Zimmer, drückte es mit seinem Körper aufs Bett und riß ihm die Unterbekleidung vom Leib. Carmen wehrte sich aus Leibeskräften, schlug mit den Armen wild um sich, strampelte mit den Beinen. Sie wollte schreien. Vergeblich: Nur ein gequältes Schniefen entrann ihr, weil Lischka mit einer Hand ihren Mund verschlossen hielt. Die andere Hand attackierte unterdessen mit roher Gewalt den Unterleib des Kindes. »Massive Blutungen in der Scheide«, heißt es im späteren Gutachten der Gerichtsmedizin.
Lischka ließ erst wieder von dem Kind ab, als er den Orgasmus erreicht hatte, dessen feuchtes Resultat ihn auf der Stelle ernüchterte. Erschöpft wendete er sich einige Augenblicke von seinem Opfer ab, das vor Schmerzen und Angst wimmernd neben ihm auf dem Bett lag. Plötzlich schoß ein Gedanke durch sein Gehirn: Wenn ich sie gehen lasse, bringt sie mich in den Knast. Das Kind wollte sich gerade aufrichten, da stürzte Lischka erneut auf sie, umklammerte mit festem Griff ihren zarten Hals und drückte zu. »Du wirst mich nicht verraten, du nicht!« stöhnte er während des Würgevorgangs. So verharrte er einige Minuten, bis er glaubte, das Kind sei tot. Um ganz sicher zu gehen, eilte er in die Küche, holte ein Messer und stieß es tief in das Herz des leblosen Körpers. Danach war er erschöpft, hätte am liebsten geschlafen. Doch die Angst vor der Entdeckung seiner Bluttat gönnte ihm keine Ruhepause. Sie wurde zur bestimmenden Triebkraft seines weiteren Tuns. Wie von Geisterhand geführt lief er minutenlang in der Wohnung umher, rauchte und bemühte sich, die Gedanken zu ordnen: Unmöglich, den Leichnam in der Wohnung liegen zu lassen. Also, die Leiche mußte weg. Vier Stunden waren noch Zeit, dann mußte er zur Schicht.
Lischka überlegte die Reihenfolge des Vorgehens. Eilig heizte er den Küchenherd, legte den Leichnam auf den Dielenfußboden und trennte mit dem Küchenmesser die Beine ab, die er zunächst in Plastikfolie, dann in Papier einwickelte. Das unauffällige Paket verstaute er in einem großen Stoffbeutel.
Laufend wischte er die entstandenen Blutlachen auf. Dazu mußte er viele Male neues Wasser holen, schließlich wollte er alle Spuren
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