Blutspuren
Brigitte Köhler und fragt scheinheilig: »Rauchen wir noch eine?«
Sie ist einverstanden. Für eine Zigarettenlänge sitzen Stutzbach und sein ahnungsloses Opfer einträchtig beisammen und unterhalten sich über belanglose Dinge. Es sind die letzten Minuten eines Lebens, dessen Ende allein der Mörder bestimmt. Als er den Stummel seiner Zigarette ausgedrückt hat, ist es soweit: Unversehens packt er mit beiden Händen Brigitte Köhlers Hals und drückt zu. Ihre Gegenwehr ist nur schwach und kurz. Stutzbach löst den Würgegriff erst, nachdem sie bewußtlos vor ihm niedersinkt. Er reißt ihr die Unterwäsche vom Leib, holt das Brotmesser und stößt es mehrmals tief in ihr Herz. Um das Blut aufzufangen, legt er die tote Frau auf ein paar Matratzen. Dann geht er mit unvorstellbarer Kaltschnäuzigkeit daran, mit langen, tiefen Schnitten Brust- und Bauchhöhle der Leiche zu öffnen. Einige Male hält er dabei inne, um seinen Seelenzustand zu überprüfen, und er ist zufrieden, keinerlei Regung zu verspüren. Das gräßliche Geschehen ist nach einer Viertelstunde beendet. Stutzbach wäscht das Blut von seinem Körper ab, kleidet sich an und verläßt unbemerkt das Haus. Nunmehr fühlt er sich ziemlich erschöpft und müde. Einige Straßen weiter erwischt er ein Taxi. Er läßt sich bis zum Koppenplatz, Ecke Linienstraße fahren und geht die wenigen Meter nach Hause zu Fuß. Um seinen eigentlichen Plan alsbald zu verwirklichen, gönnt er sich nur knapp drei Stunden Ruhe, stellt den Wecker auf 5.30 Uhr und schläft wie ein Murmeltier.
Kurz vor sieben Uhr macht er sich auf den Weg nach Karlshorst in die Ehrenfelsstraße. Das Brotmesser steckt wieder in der Seitentasche seiner Jacke.
Eine reichliche halbe Stunde später. An der Wohnungstür klopft es. Karin Stutzbach ist sofort hellwach. Dieses Klopfen kennt sie genau, es ist das ihres Mannes. Sein ungewöhnlich frühes Erscheinen bedeutet nichts Gutes. Verängstigt bleibt sie unter der Decke liegen und rührt sich nicht. Wieder klopft es. Doch sie will nicht öffnen. Da kracht es an der Wohnungstür, als wenn Holz splittert. Henry Stutzbach hat mit Körpergewalt die Tür geöffnet. Sekunden später steht er im Schlafzimmer vor dem Bett seiner Frau. Entsetzen liegt in ihrem Gesicht, sie starrt ihn an, kann nur einen schwachen Vorwurf formulieren: »Das ist Hausfriedensbruch!«
Als Stutzbach seine Frau erblickt, verliert er seine bisherige innere Stabilität. Schwermütig bricht er in Tränen aus und jammert: »Ich will nur mit dir sprechen. Es muß sein, jetzt!«
Karin weiß genau, daß seine weinerliche Stimmung schnell in Aggression umschlagen kann. Deshalb will sie sich diplomatisch verhalten und keine unnötigen Konflikte heraufbeschwören. Sie macht ihm ein Angebot: »Laß uns zusammen frühstücken, dann reden wir!«
So geschieht es auch. Die Kinder dürfen für kurze Zeit dabei sein, müssen sich aber wieder in ihr Zimmer zurückziehen. Dann führen die beiden Eheleute ein langes Vieraugengespräch. Stutzbach ist die ganze Zeit über völlig niedergeschlagen, kann seine Tränen nicht zurückhalten und beklagt vor allem, daß Karin mit ihrem Scheidungsbegehren sein Leben ruiniere. Vermutlich nur um ihn zu beruhigen stellt sie in Aussicht, die Klage zurückzunehmen. Diese hoffnungsvolle Ankündigung besänftigt ihn etwas.
Dennoch wird ihm vor dem Hintergrund der beiden Bluttaten der vergangenen Nacht die Aussichtslosigkeit einer gemeinsamen Zukunft mit Karin bewußt. So bleibt seine tiefe Niedergeschlagenheit: Unter Tränen nimmt er das Brotmesser und die Schlaftabletten aus der Tasche und legt beides vor Karin auf den Tisch. Schließlich legt er das unheimliche Geständnis ab, vor einigen Stunden bereits zwei Morde begangen zu haben. Sein eigentlicher Plan aber sei es gewesen, sie und anschließend sich zu töten.
Karin blickt ihn entgeistert und ungläubig an. Er hat den Eindruck, als könne sie nicht glauben, was er sagt. Mehrmals beteuert er, die Wahrheit zu sagen und nur sie zu lieben. Andere Frauen hätten ihm nie etwas bedeutet. Nun verspüre er ein heißen Verlangen, mit ihr zu schlafen. Wahrscheinlich geht Karin Stutzbach nur zum Schein auf seinen Wunsch ein. Denn, während sie sich ihm zärtlich nähert und Bereitschaft zu einem Geschlechtsverkehr zeigt, gelingt es ihr, das Brotmesser und die Schlaftabletten an sich zu nehmen und in der Küche zu verstecken.
Henry Stutzbach drängt seine Frau zu dem versprochenen Liebesakt. Doch sie vertröstet ihn
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