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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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fertig.«
    »Gut«, sagte Jesper. Er zögerte und fügte dann leise hinzu: »Ich
habe sie übrigens kaputt gemacht.«
    »Du meinst, als sie eingestürzt ist?«
    Jesper sah zu Boden.
    »Ich wollte alleine weiterbauen und sie fertig machen, als du Opa
geholt hast. Aber dann ist alles in sich zusammengestürzt.«
    »Ach so. Aber das macht doch nichts. Was für ein Riesenglück, dass
du nichts abbekommen hast.« Per musste lachen: »Und ich habe gedacht, ein Troll
hätte die Treppe zerstört. Die wohnen ja unten im Steinbruch, hat unser Nachbar
Gerlof erzählt.«
    Jesper sah ihn an, als sei er verrückt geworden.
    »Das war ein Scherz!«, sagte Per und grinste. Schnell sprach er
weiter, so als wäre Jerry noch am Leben. »Aber wenn du das nächste Mal nach
Öland kommst, dann bauen wir sie alle zusammen fertig. Nilla muss auch
mithelfen, wenn sie aus dem Krankenhaus kommt.«
    Er betonte das kleine Wörtchen wenn und sah seinem Sohn fest in die
Augen, um seine unerschütterliche Hoffnung auf ihn zu übertragen.
    »Okay.«
    Jesper erwiderte die Umarmung seines Vaters, ohne zu zeigen, ob er
an Nillas Genesung glaubte oder nicht. Dann schob er seinen Rucksack zurecht
und ging ins Krankenhaus.
    Pers Handy klingelte, als er sich gerade ins Auto gesetzt hatte. In
der Leitung war eine helle und freundliche Frauenstimme:
    »Guten Tag, ich bin Rebecka vom Bestattungsinstitut. Wir hätten zwei
Termine für die Zeremonie anzubieten.«
    »Welche Zeremonie?«
    »Die Beerdigung von Gerhard Mörner! Wir könnten sie entweder am
Dienstag, den 12 .
Mai, oder am Donnerstag, den 14 .
Mai, durchführen, jeweils um vierzehn Uhr. Welcher Tag würden Ihnen denn besser
passen?«
    »Ich weiß nicht.« Per war gezwungen, sich zu konzentrieren.
»Donnerstag vielleicht.«
    »Sehr gut«, sagte die Frau, »dann buche ich Sie für den 14 . Ich wünsche
Ihnen ein wunderschönes Wochenende!«
    60
    V endela
hatte ihren Mann betrogen, sowohl körperlich wie auch seelisch.
    Beides war gleichermaßen schlimm.
    Als sie endlich Per Mörners Haus verließ und nach Hause ging, machte
sie sich sofort im Garten an die Arbeit, um für Ordnung in den neuen Beeten zu
sorgen. Die ganze Zeit aber dachte sie darüber nach, was eigentlich geschehen
war. Was hatte sie getan? Sie hatte bei Per übernachtet, sie hatten eng
umschlungen im Bett gelegen, sich berührt und sich Geheimnisse zugeflüstert.
    Vendela hatte sich exakt so verhalten, wie Max es im Verdacht gehabt hatte.
    Aber nicht sie hatte den Streit angefangen, und sie war auch nicht
einfach weggefahren, er hatte das getan. Er hatte immer auf ihre Unterstützung zählen können, was das
Bücherschreiben anbetraf wie alles andere. Jetzt hatte sie ein einziges Mal
etwas Egoistisches getan, es war nicht geplant gewesen, und sie wusste nicht,
wie es weitergehen würde. Aber sie fühlte sich nicht schuldig .
    Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie eingeschlafen waren,
aber das musste so gewesen sein, denn sie erwachte aus einem friedlichen Dunkel
am nächsten Morgen und sah in Pers Gesicht, das nur wenige Zentimeter von ihrem
entfernt lag. Sofort wusste sie, wo sie war, und bereute nichts.
    Es war ihr überhaupt nicht unangenehm, zum Frühstück zu bleiben. Sie
hatten weitergeredet. Per hatte ihr von seiner kranken Tochter erzählt und von
der Operation, die ihr Leben retten sollte. Er wusste, dass sie es schaffen
würde, er war sich so sicher, und Vendela hatte zustimmend genickt. Natürlich.
Natürlich würde alles gut gehen.
    »Ich muss nach Kalmar«, hatte er nach dem Frühstück gesagt. »Ins
Krankenhaus.«
    Vendela konnte das verstehen, aber sie wollte noch nicht zu sich
nach Hause.
    »Darf ich noch ein bisschen hierbleiben?«
    »Willst du nicht nach Hause gehen?«
    Sie sah zu Boden und musste an ihren Ehering im Steinschälchen am
Elfenstein denken.
    »Ich will da nicht sein ... ich kann Max jetzt nicht begegnen.«
    »Es ist doch nichts passiert«, sagte Per.
    »Wir haben die Nacht zusammen verbracht«, erwiderte Vendela.
    »Wir haben uns gewärmt.«
    Aber Vendela wusste, dass es keine Rolle spielte.
    Nachdem Per das Haus verlassen hatte, ging sie ins Wohnzimmer und
setzte sich aufs Sofa. Am anderen Ende des Raumes stand neben dem Fernseher
eine mit Schnitzereien verzierte alte Holzkiste. Darauf waren ein höhnisch
grinsender Troll, ein reitender Ritter und eine weinende Elfe zu sehen. Lange
betrachtete Vendela die Darstellung.
    Ab und zu stand sie auf und sah aus dem Fenster hinüber zu ihrem
eigenen

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