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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Leben.«
    Als er wieder im Auto saß, dachte Per über den guten Ruf und die
unterschiedlichen Wertevorstellungen nach. Und er erinnerte sich daran, wie
Jerry eine Woche vor seinem Tod mit dem Finger auf Marie Kurdin gezeigt und
behauptet hatte, er kenne sie.
    Per startete den Motor und machte sich auf den Nachhauseweg.
    58
    V endela
stand vor dem Elfenstein und spürte, wie sich das Böse über ihr zusammenbraute.
Es war kurz vor Mitternacht und nur noch zwei Tage bis zur Walpurgisnacht, dem
höchsten Feiertag der dunklen Mächte. Jetzt waren sie so stark wie nie.
    Sie hatte ihre kleine Taschenlampe angeschaltet und sie vor sich auf
den Stein gelegt, als einzige Lichtquelle in der tiefschwarzen Nacht.
    Die Geister und die Dämonen, die dunklen Verwandten der Elfen, waren
aus ihrem langen Winterschlaf erwacht. Sie waren den tiefsten Grotten jener
Länder entstiegen, die an die Ostsee grenzen, und über das Meer geflogen. In
großen Kreisen waren sie über den harten Granitstein der Blauen Jungfrau geflogen
und über die Insel geschwebt und hatten alle Frühlingsvögel verjagt. Dabei
sahen sie hinab auf die flache Insel unter ihnen, wo die Wellen auf die lang
gezogenen Strände brandeten, und verlachten alle Kreaturen, die auf dem Boden
krochen.
    Hoch über der Alvar versammelten sich die Geister, um fürs kommende
Jahr noch mehr Tod und Elend über die Menschen heraufzubeschwören.
    Vendela schloss die Augen.
    Was hatten die Menschen dem entgegenzusetzen? Nichts, außer ein paar
Walpurgisnachtsfeuer. Aber die Glut erlosch irgendwann, und dann blieb einem
nur, sich in seinem Haus zu verbarrikadieren und zu hoffen, dass die Fenster
standhielten und die Dämonen eine andere Familie auswählten. Aber das taten sie
nicht. Sie suchten sich immer die schwächsten Menschen aus, die ängstlichsten,
die ihre Häuser am sorgfältigsten verriegelten und die am meisten um Frieden
und Geborgenheit beteten und bettelten.
    Vendela hob ihre linke Hand und hielt sie über den Steinblock.
    Im Schein der Taschenlampe blinkte ihr Ehering. Max hatte ihn in
Paris gekauft. Er ließ sich nur schwer vom Finger ziehen, nach zehn Jahren war
er fast mit ihm verwachsen, aber am Ende gelang es ihr doch. Sie hielt den Ring
in der rechten Hand in den Himmel, ehe sie ihn vorsichtig in eines der Steinschälchen
legte. Sie betrachtete den Ring und wusste, dass sie ihn nie wieder berühren
würde.
    Macht, was ihr
wollt, bat sie, aber
versprecht mir, dass er für immer aus meinem Leben verschwinden wird.
    Sie schloss die Augen.
    Herzprobleme, das
wäre eine Möglichkeit. Er kann einen schweren Herzinfarkt bekommen, weit
entfernt von einem Arzt.
    Als sie die Augen wieder öffnete und dem Felsblock den Rücken
zuwandte, spürte sie, wie Hunger und Müdigkeit an ihr nagten. Blind vor Wut war
sie mitten in der Nacht von zu Hause aufgebrochen. Sie musste sich am Stein
abstützen und warten, bis der Schwindel nachließ. Dann nahm sie die
Taschenlampe und leuchtete sich den Weg. Als sie den Kreis der Wacholdersträucher
hinter sich gelassen hatte, wurden ihre Schritte größer und schneller.
    Ihr ging es wieder besser. Sie konnte mit den Stiefeln zwar nicht
joggen, aber schnell gehen konnte sie. Jeder Schritt tönte auf dem Boden, und
der Wind rauschte in ihren Ohren.
    Über ihr hörte sie das Geräusch gewaltiger Flügelschläge.
    Geschickt wie ein Tier lief sie über die Alvar in Richtung Küste
zurück. Keinen Grashalm, keinen Strauch berührte sie.
    Kurz bevor sie den Steinbruch erreicht hatte, fing die Taschenlampe
an zu flackern, und sie schaltete sie aus.
    Doch da tauchte plötzlich eine andere Lichtquelle auf der Straße
auf. Autoscheinwerfer. Sie glitten langsam an ihrem Haus vorbei und hielten vor
dem Haus von Per Mörner. Als die Innenbeleuchtung des Wagens anging, erkannte
sie, dass es tatsächlich Per war, und sie lief auf ihn zu.
    Er stieg gerade mit steifen Gliedern aus dem Auto, als er hörte, wie
sich jemand näherte und sich ängstlich umdrehte. Als er Vendela erkannte,
entspannte er sich sofort.
    »Vendela!«
    Ohne darüber nachzudenken, umarmte sie ihn.
    Und auf einmal war die Kälte verschwunden.
    Per erwiderte die Umarmung, aber nicht mehr. Schließlich ließ
Vendela ihn los und seufzte.
    »Komm«, sagte sie leise.
    Per holte tief Luft.
    »Ich kann nicht«, flüsterte er.
    Vendela nahm ihn an die Hand.
    »Das macht nichts.«
    Sie zog ihn zum Eingang, als würde ihr das Haus gehören und nicht
ihm.
    59
    P er
schlug die Augen auf. Es war

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