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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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erblickte,
verflog das Lächeln sofort. Als würde ihr eine Maske vom Gesicht fallen, und
sie sah auf einmal unendlich müde aus.
    »Hallo, Papa«, sagte Nilla. Dann rümpfte sie die Nase. »Du riechst
nach Rauch!«
    »Ach ja? Tue ich das?«
    Per grinste verkrampft und unterdrückte den Hustenreiz. Ihm fiel
einfach nichts Schlagfertiges ein.
    »Was ist denn passiert, Per?«, fragte Marika besorgt. »Bist du
verletzt?«
    »Nein, keine Sorge, nichts passiert ... Da hat ein Haus gebrannt in
Småland. Ich habe es vom Auto aus gesehen und die Feuerwehr gerufen. Und dann
sind die gekommen und haben das Feuer gelöscht.«
    »War das Haus denn leer?«, fragte Nilla.
    »Da hat niemand gewohnt«, wich Per aus und versuchte abzulenken.
»Und wie geht es euch so?«
    »Wir warten auf die Abendrunde der Nachtschwester und sehen fern.«
    »Prima.«
    Marika stand auf.
    »Ich kann rausgehen, dann könnt ihr in Ruhe reden.«
    »Das brauchst du nicht«, winkte Per ab, »ich wollte ja nur kurz ...«
    »Doch, ist in Ordnung, ich gehe kurz raus.«
    Mit gesenktem Blick ging sie an ihm vorbei und verschwand im Flur.
    Vater und Tochter sahen einander an. Eigentlich hätte er etwas
anderes dabeihaben können als verräucherte Klamotten. Schokolade zum Beispiel,
oder eine CD .
    »Ist Mama die ganze Zeit hier gewesen?«
    »Sie ist tagsüber hier, aber sie schläft zu Hause.« Nilla sah ihn
eindringlich an. »Ich kann auch bald wieder nach Hause fahren, oder?«
    Per nickte.
    »Ich hole dich am Mittwoch ab«, sagte er. »Dann feiern wir Ostern
auf Öland mit einem Haufen Eiern. Gekochten und welchen aus Schokolade.«
    Nilla sah zufrieden aus.
    »Für mich bitte Schokoladeneier.«
    Per umarmte sie und strich ihr über Wange und Stirn, sie war kühl.
    »Bis bald.«
    Als er das Zimmer verließ, merkte er, wie steif und verkrampft sein
Lächeln gewesen war.
    Marika stand am Ende des Flures, als er vorsichtig die Tür hinter
sich zuzog. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust, als er auf sie zukam und
etwa drei Schritte vor ihr stehen blieb.
    »Ihr scheint es ja ganz gut zu gehen«, sagte er.
    Marika nickte.
    »Ist Jesper noch auf Öland?«
    »Ja.«
    Per hatte nicht vor, ihr von den Ereignissen des Tages zu erzählen,
dass er die Insel verlassen hatte, um seinem Vater zu Hilfe zu kommen, und ihn
mit zu sich ins Sommerhaus nahm. Vor allem das Letztere würde er für sich
behalten, denn Marika hielt nicht viel von ihrem ehemaligen Schwiegervater.
    »Ich komme Mittwochmorgen wieder«, sagte er darum. »Wann tauchen die
Ärzte zur Visite auf?«
    »Weiß nicht genau ... vor dem Mittagessen, glaube ich.«
    »Dann werde ich vorher da sein.«
    »Georg wird auch kommen«, sagte Marika leise. »Ist das in Ordnung
für dich?«
    »Klar«, antwortete Per und fügte gleich noch eine weitere Lüge
hinzu: »Das ist kein Problem, ich mag Georg!«
    Jerry war aus dem Wagen gestiegen, als Per zum Parkplatz zurückkam.
Er hatte sich seine Aktentasche unter den linken Arm geklemmt und hielt eine
Zigarette in der rechten Hand. Wie konnte er bloß an so einem Tag rauchen?
    »Die musst du gar nicht erst anzünden, wir fahren jetzt los«, sagte
Per.
    Er stieg ein, und Jerry blieb nichts anderes übrig, als die Zigarette
zurück in die Packung zu stecken und sich ebenfalls ins Auto zu setzen. Er
hustete.
    Jerrys Atem klang nicht normal, er zischte. Nach dem heutigen Tag
war es vermutlich noch schlimmer als sonst, aber gezischt und gehustet hatte er
immer. Eine heruntergewirtschaftete Luftröhre und viel zu viele Zigaretten
ließen ihn wie einen undichten Luftballon klingen.
    Sein Vater hatte die eigene Gesundheit ein Leben lang vernachlässigt,
dachte Per, als er das Krankenhaus hinter sich ließ. Aber seine Tochter Nilla
war diejenige, die krank war.
    An diesem Montagabend bog Per gegen halb zwölf Uhr nachts auf die
Auffahrt seines Sommerhauses ein. Casa Mörner lag dunkel vor ihnen, Jesper
hatte nur eine Lampe in der Küche und im Flur angelassen.
    »Zu Hause?«, fragte Jerry und sah sich neugierig um.
    »Stimmt genau, du bist zu Hause«, sagte Per. »Hier haben Anita und
ich viele Sommer verbracht, Jerry, nachdem du sie verlassen hattest. Mama hatte
jahrelang kein Geld, um mit mir in den Urlaub zu fliegen. Daran erinnerst du
dich doch noch, oder?«
    Jerry schüttelte den Kopf, aber seine Augen waren zu schmalen
Schlitzen geworden. Doch Per wusste mit Sicherheit, dass er den Namen seiner
Exfrau wiedererkannt hatte.
    Er schaltete den Motor ab und seufzte leise. Eine große

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