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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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lebenswichtig war.
    Als sie den Deckel hob, erfasste sie ein Bild, das sie bereits kannte: Blumen. Eine bunte Pracht, die das Farbspektrum des Universums entfachte. Ein blauer, wolkenloser Himmel, dem das Strahlen der Sonne ein Lächeln ins Antlitz zauberte. Eine Wiese, saftig und frisch, die grünen Halme noch glitzernd vom Morgentau. Unendliche Weite eines friedlichen Ortes, an dem die Götter sich labten, Seelen verharrten, um Kraft zu tanken. Ein Bach, dessen kristallklares Wasser Tröpfchen sprühte, die wie Tausende winziger Diamanten in der Luft hingen. Bäume, an denen die leckersten Früchte sprossen. Kirschen, so reif und prall, dass allein ihr Anblick ihre Süße auf die Zunge zauberte. Das Paradies. Und keine Spur von der Schlange, die danach trachtete sie zu überreden, die verbotenen Früchte vom Baum der Erkenntnis zu kosten.
    Es hatte keine Schlange gegeben, keine Verbote, keine Grenzen. Nur Elia und sie in einem Augenblick unendlicher Verbundenheit.
    Und jetzt gab es keine Wut, keine Enttäuschung, dass er sie im Stich gelassen hatte. Keine Zweifel, keine Verdächtigungen. Für einen seligen Moment schwebte sie in der Wonne des Glücks, spürte Elias Atem, die Zartheit seiner Lippen.
    Schatten malten sich ab am Rande des Wiesengrunds, doch sie wirkten nicht bedrohlich. Nevaeh wusste, es war noch nicht an der Zeit, dass sie ihre Gesichter offenbarten. Es waren ihre Schwestern.
    Eine Gestalt trat aus einem silbrigen Flimmern. Aus verschwommenen Konturen kristallisierte sich ein Antlitz mit rauschendem Bart, wallendem Haar bis auf die Schultern. Eine gerade Nase zwischen markanten Wangenknochen betonte eine hohe Stirn. Weich geschwungene Augenbrauen, sanfte Augen – gütig und weise. Sie zogen Nevaeh in einen Bann, noch ehe das wohltuende Timbre einer Stimme erklang.
    „Komm zu mir, Tochter des Zeus.“ Arme streckten sich nach ihr aus und sie schwebte hinein, drückte sich an das weiße Gewand, spürte ein starkes, klopfendes Herz. Mit jedem Pochen strömten Ruhe und Kraft auf sie über.
    „Ihr wart euch von Geburt an versprochen, eure Seelen füreinander bestimmt.“ Der Mann streichelte ihr Haar. „Doch Elasippos stellte sich blind und taub. Ein rebellierender blutjunger Halbgott. Er zog seiner Aufgabe die Freiheit vor und bestand darauf, seinen eigenen Weg zu gehen. Wir ließen ihm einige Jahre zum Austoben, doch auch dann war er nicht bereit zur Umkehr. Er brach mit allen Regeln und Werten und entzog sich seinen Pflichten. Ein unhaltbares Sakrileg in unseren Kreisen mit fatalen Folgen, die zu verhindern nicht einmal in der Hand der Götterschar lag.“
    Die Worte flossen in Nevaehs Geist, ohne dass sie verstand.
    „Ein Sohn des Herrschers der Meere und eine Tochter des Himmelsherrschers. Eure Liebe sollte den dritten König der Weltenreiche – Hades – auf ewig in die Unterwelt bannen, das Böse im Zaum halten und den Menschen ein Vorbild für Liebe, Treue und Hoffnung sein. Ihr hättet die Schlange aus dem Paradies fernhalten, die Welt in andere Bahnen lenken, den Menschen Eden erhalten können. Das war das Ziel eurer Verbindung. So viel Leid und Elend heutzutage – so sollte die Welt nicht werden. Es war Elasippos’ Aufgabe, dafür zu sorgen.“
    Nevaeh blickte auf, in die Unendlichkeit wissender Augen, in ein Tor zum Universum. Glück und Wohlbefinden durchströmten ihre Adern.
    „Nachdem er die Verbindung zu dir verschmähte und die Wahl traf, sein Leben weiterhin auf Atlantis zu verbringen, verloren sich in deiner Seele Frohsinn und Freude. Du weintest unaufhörlich Perlen, die als Diamanten im Staub der Erde versickerten, Euphrosyne.“
    Eine Ahnung unendlichen Leids streifte ihre Sinne, riss ihr den Atem von den Lippen. „Poseidon.“ In ihrer Stimme schwangen Liebe und Ehrfurcht.
    „Du wolltest ihn dennoch erobern, doch als er sich mit der Sterblichen Isi verband und sie ihm einen Sohn zu gebären versprach, kapituliertest du. Deine Seele verkümmerte.“
    Heißer, unglaublicher Schmerz tobte für eine Sekunde durch ihr Innerstes – und sie wusste, es war nur ein Hauch der Qualen, die sie erlebt hatte.
    „Du lebtest, und doch warst du tot. Deine Verzweiflung und Selbstaufgabe rief den Rat der Götter zusammen. Wir beschlossen, den Trümmern deiner Seele eine Brücke zu bauen. Als Tochter eines Gottes warst du gestorben, in Menschenfrauen mit einer besonderen Gabe sollte deine Seele Heilung erfahren. Jede Frau, in der sich ein Splitter deiner Göttlichkeit befand, sollte

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