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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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Kalifornien
    N oah wich einen Schritt zurück, als die Tür vor ihm abrupt aufgerissen wurde. Eine leicht mollige Frau mit glänzend schwarzem Haar öffnete und warf einen Schwall spanischer Worte über die Schulter. Er verstand sie nicht, aber es war klar, dass sie eine Horde Kleinkinder zu bändigen versuchte, die ihr im Rücken am Rockzipfel hingen. Der Dunst frisch gekochter Möhren drang in seine Nase. Es roch lecker und sein Magen regte sich, doch er wollte keine Zeit damit verschwenden, auch nur an Essen zu denken.
    „Entschuldigen Sie, Ma’am. Ich suche José Santos. Bin ich hier richtig?“
    „Er ist im Garten.“ Die etwas kurz geratene Hispanoamerikanerin sprach in akzentuiertem Englisch und ihre Stimme klang glockenhell. Sie gestikulierte in Richtung einer Rhododendronhecke und fasste rechts und links je zwei pummelige Händchen, die sich ihr entgegenstreckten. „Sie entschuldigen mich, ja?“ Schon schloss sie die Fliegengittertür.
    Noah brachte nicht einmal mehr ein „Danke“ hervor, da war sie bereits verschwunden. Mit einem Schulterzucken wandte er sich der Hecke zu. Bei genauem Hinsehen erkannte er, dass sie einen fast völlig zugewachsenen Durchgang barg.
    Er zwängte sich hindurch und hatte anschließend Mühe, einen Käfer aus seinem Hemdkragen zu entfernen. Dafür erntete er das schadenfrohe Grinsen eines vielleicht siebenjährigen Jungen mit einer breiten Zahnlücke, der auf einer Schaukel saß. Im Schatten stand ein hochgewachsener Mann, mit der Stirn gegen den Ast gelehnt, an dem die Schaukelseile baumelten.
    „Mr. Santos?“
    Der Bursche nickte. „Daddy?“ Er zupfte José an der Jeanshose und plötzlich fuhr ein Stoß durch Santos, als erwachte er aus einer Trance. „Dad ist weit fort, in Chile, wissen Sie?“ Der Kleine sprang auf und rannte davon.
    „Mr. Santos, darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“
    „Wer sind Sie und was wollen Sie?“
    Noah verübelte seinem Gegenüber die Schroffheit nicht. „Mein Name ist Noah Morrison. Ich bin Joshua Morrisons Sohn, Nevaehs Bruder.“ Es war ihm unangenehm, dass er Vater und Schwester als Visitenkarte benutzen musste, aber sein Anliegen und sein Motiv waren zu wichtig, um Scheu zu zeigen oder Zurückhaltung zu üben. Seine Worte wirkten zudem Wunder. Santos’ schwarze Augen blitzten für einen Moment auf, dann trübte sich sein Blick wieder.
    „Kommen Sie.“ Der Wissenschaftler drehte sich um und ging in den Garten hinein, der sich weitläufig in zwei Richtungen erstreckte. Noah beeilte sich, aufzuschließen und lief still neben Santos her.
    „Mein Beileid.“
    „Danke.“
    Er spürte, dass Santos noch nicht bereit war, Rede und Antwort zu stehen. Nur das Gezwitscher zahlreicher Vögelunterbrach das erneute Schweigen, bis sie am Ende der grünen Lunge inmitten Glassell Park in L. A.’s Northeast ankamen und nahe einer riesigen Eiche verweilten. José setzte sich auf eine kanariengelb gestrichene Holzbank und winkte ihn heran.
    Noah hielt es nicht länger aus. „José, was ist vorgefallen?“
    „Ich weiß es nicht. Ich grüble, seit das Militär im Camp aufgetaucht ist.“
    „Gab es Probleme mit Genehmigungen? Wurden irgendwelche Auflagen nicht erfüllt?“
    „Soweit ich informiert bin, war alles in Ordnung. Das Überfallkommando kam aus heiterem Himmel.“ Santos knetete sein Kinn. „Niemand kann sich einen Reim auf die Geschichte machen. Und Joshua … Mika. Pit. Ich bin so … so …“ Er brach ab und stürzte das Gesicht in die Hände. Als er aufsah, funkelten seine Pupillen. „Wütend!“
    Noah nickte.
    „Meine Familie denkt, ich hätte mich innerlich zurückgezogen, um mit meiner Trauer fertig zu werden.“ Er legte den Kopf in den Nacken und starrte in die Luft. „In Wahrheit schaffe ich es kaum, meine Wut unter Kontrolle zu halten. Ich möchte am liebsten nach Chile zurückfliegen und diesen Militärfuzzis der Reihe nach den Arsch bis zur Halskrause aufreißen, bis ich herausgefunden habe, was passiert ist.“
    Noah zuckte zusammen. Eine derart heftige Reaktion hatte er nicht erwartet. Ihm war klar, dass José mitgenommen sein musste, doch dies mutete nach persönlicher Bestürzung an. „Was bedrückt Sie, José?“
    „Mika war der Verlobte meiner kleinen Schwester. Sie wollten nach Ende der Expedition heiraten.“
    „Das tut mir leid.“
    „Sie ist schwanger.“
    „Oh Gott.“ Noah ballte die Fäuste, dass die Fingerknöchel hervorstachen.
    „Sie bekommt nicht einmal Witwenrente. Eine Hispana mit einem

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