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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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entschloss sich Nevaeh, mit dem Ski-doo ans Ufer des Ranuajärvi-Sees zu fahren. Sie hätte den Ort auch gar nicht meiden können, das Zentrum des Dörfchens schmiegte sich an das Gewässer wie ein Baby an die Brust seiner Mutter. Ein dick vermummter Jogger und ein Hund kamen ihr entgegen. Ein hüpfender Teddybär … kein Vergleich zu ihrem Athleten in der Wüste. Allein der Gedanke an Chile schmerzte und sie verdrängte ihn, während sie einen weiten Schlenker um den Hund machte.
    Einer Eingebung folgend fand Nevaeh wie von selbst die Stelle, an der Jannik auf das Eis gelaufen war. Sie stoppte den Motorschlitten, blieb aber sitzen. Für eine Weile betrachtete sie die zugefrorene Wasseroberfläche, die sich als solche unter der Schneedecke nicht zu erkennen gab, ließe nicht die Uferböschung die Umrisse vermuten. Es war ihr ein Rätsel, warum der kleine Junge allein hier gewesen war, ebenso wie die Frage, ob der Mann, den sie in ihren Albträumen gesehen hatte, nicht aufgepasst hatte oder er erst später hinzugekommen war.
    Ihr Blick glitt gedankenverloren über eine Baumgruppe. Etwas Farbiges stach am Fuße einer zugeschneiten Birke aus dem weißen Teppich hervor. Sie fuhr ein paar Yards näher heran und prompt schossen ihr Tränen in die Augen. Ein einfaches Holzkreuz lehnte sich an die Baumrinde, davor lag ein Sträußchen Vergissmeinnicht mit violettblauen Blüten, auf denen Eiskristalle glitzerten. Es war nicht notwendig, dass sie die geschnitzte Inschrift auf dem verwitterten Holz zu entziffern versuchte, ihr war klar, wessen Name dort stand. So lange Zeit in ihr verdrängt, bedeutete Jannik nach wie vor jemand anderem eine Menge, ließ den Schmerz im Angedenken weiterleben. Die Tränenspuren auf ihren Wangen gefroren, die Pein zog sich bis in ihr Herz und krampfte es zusammen. Sie wusste erschreckend wenig von Janniks Familie, ihr fiel nicht einmal sein Nachname ein. Er war ein Nachbarsjunge, mit dem sie das zweite Jahr bei ihren Besuchen gespielt hatte. Die Rückblende zeigte sich so unscharf, dass sich Details verschlossen. Gott, sie war damals fast ein Baby. Naja, ein Kleinkind.
    Eines, das Schuld trug am Tod eines Menschen.
    Wegen ihrer verdammten Gabe. Ein weiteres Mal hatte sie Unheil gebracht, als Mom starb. Von da an hatte Nevaeh sich das Träumen untersagt. Sie war kaum eingeschult worden, als sie lernte, dass sie es nie mehr durfte. Nicht nur, was passiert war, stärkte sie in dieser Gewissheit. Ein Gespräch zwischen Dad und Grandma hatte die Fakten untermauert.
    Nie wieder, unter keinen Umständen, hatte sie das Abgleiten ihres Bewusstseins zugelassen, weder bei Tag noch bei Nacht. Bis auf ein Mal, das sie nicht hatte verhindern können. Und damit belog sie sich selbst, denn es brachte das gläserne Gerüst ihres „Niemals“ zum Einsturz.
    Als sie an der UCLA studierte, hatte sich das letzte Traumerlebnis in ihr Gedächtnis gebrannt und den Grund manifestiert, warum sie Noah fortan aus dem Weg ging, wollte sie nicht seinen Tod verantworten. Er hatte nicht auf sie hören wollen, hatte sie stur und besserwisserisch genannt. Ihr blieb nichts, als ihn ruppig zurückzustoßen und ihn seiner verwirrten Verzweiflung zu überlassen.
    Seven horses ate pudding especially ravenous
. Jäh überkam sie die Erkenntnis. Seven: S, Horses: H, Ate: A, Pudding: P, Especially: E, Ravenous: R. SHAPER! Dream Shaper. So hatten Dad und Granny sie bezeichnet. Darauf hatte dieEselsbrücke sie bringen sollen.
    „Sie ist ein Dream Shaper“, hörte sie den sanften Tonfall ihres Vaters und den brüchigen ihrer Großmutter: „Ich weiß. Was mir und meiner Tochter erspart geblieben ist, wird Nevaeh zu tragen haben. Die Last, die zuletzt meine Mutter peinigte.“
    „Nomy hat mir davon berichtet, dass deine Mutter nicht die Einzige war, die darunter litt. Meine Frau hat oft erzählt, wie sehr es auch dich gequält hat.“
    „Du weißt, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die nicht mit normalem Menschenverstand erklärbar sind.“
    „Ja.“
    „Ich würde es als Aberglaube abtun, als Fluch oder genetische Veranlagung, die Mitglieder unserer Familie von Verschrobenheit in den Irrsinn abgleiten lässt, existierte da nicht der Mann meiner Nichte, ein …“
    „Sprich es ruhig aus. Ein Vampir.“
    „Dafür halten sie ihn alle.“
    „Ich weiß. Aber in modernen Zeiten glaubt man nicht mehr an so etwas.“
    „Ich beschwöre dich, Joshua. Verfall nicht gleichfalls dieser Denkweise! Denk an Nevaeh. Sie ist kein

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