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Bluttat

Bluttat

Titel: Bluttat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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nach meinem letzten Besuch auf dem Weg zur Tiefgarage war, hörte ich jemanden meinen Namen rufen, und als ich mich umdrehte, sah ich eine stämmige Frau in einem geblümten Kleid, die sich auf einen Aluminiumstock stützte. Der Himmel mit seiner Farbe schmutziger Milch passte zu ihrem Teint. Ich war unter einem sonnigen blauen Beverly-Glen-Firmament aufgewacht, aber auf diese Art von Aufmunterung musste das dreckige, vom Gefängnis dominierte Viertel von East L.A. verzichten.
    Sie trat ein paar Schritte auf mich zu, und der Gehstock machte ein dumpfes Geräusch auf dem Asphalt. »Sie sind der Psychologe, stimmt’s? Ich bin Rands Gram.«
    Ich ging zu ihr und hielt ihr die Hand hin.
    »Margaret Sieff«, sagte sie mit der Stimme einer Raucherin. Ihr freier Arm blieb an ihrer Seite hängen. Das Kleid war aus einem kratzig aussehenden bedruckten Baumwollstoff, der an den Nähten nachgab. Kamelien, Lilien, Rittersporn und grünes Laub, die vor einem blaugrünen Hintergrund wucherten. Ihre Haare waren weiß, kurz, lockig und lichteten sich so stark, dass Flecken rosaroter Kopfhaut sichtbar waren. Blaue Augen musterten mich. Kleine, scharfe, forschende Augen. Keine Ähnlichkeit mit denen ihres Enkels.
    »Sie sind die ganze Woche hier gewesen, aber ich hab nix von Ihnen gehört. Hatten Sie nich’ vor, mit mir zu reden?«
    »Ich wollte das tun, wenn ich mit der Untersuchung Rands fertig bin.«
    »Untersuchung.« Das Wort schien ihr Sorgen zu bereiten. »Was meinen Sie denn, was Sie für ihn tun können?«
    »Richter Laskin hat mich gebeten, ihn -«
    »Weiß ich alles«, unterbrach sie mich. »Sie sollen sagen, ob er ein Kind war oder ein Erwachsener. Is’ das denn nich’ sonnenklar? Was ich wissen will, ist: Was können Sie für ihn tun ?«
    »Was ist sonnenklar, Mrs. Sieff?«
    »Der Junge is’ dumm. Bekloppt.« Sie tippte sich mit einem Zeigefinger gegen die Stirn. »Hat erst zu reden angefangen, als er vier war, und redet immer noch nich’ so gut.«
    »Sie wollen sagen, dass Rand -«
    »Ich will sagen, dass Rand niemals nich’ ein Erwachsener sein wird.«
    Was als Diagnose nicht schlechter war als das, was meine Notizen im Psychojargon besagten.
    Hinter ihr, sich über uns beide erhebend, bildete das Betongitter des Gefängnisses das größte Springrollo der Welt. »Kommen Sie oder gehen Sie, Ma’am?«
    »Mein Besuchstermin is’ erst in zwei Stunden. Bei den Bussen aus dem Valley weiß man nie, deshalb komm ich immer zu früh hier an. Wenn ich nämlich zu spät bin, lassen mich diese Mistkerle gar nich’ erst rein.«
    »Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee?«
    »Zahlen Sie?«
    »Ja.«
    »Dann okay.«

5
    Gefängnisse verbreiten einen sehr spezifischen kommerziellen Ausschlag, ein Rinnsal von billigen Anwälten, Kautionsagenturen, Übersetzungsbüros, Imbissbuden. Ich kannte einen Hamburger-Laden in der Nähe, aber der Weg durch die Tiefgarage war zu viel für Margaret Sieffs steife Beine. Sie wartete neben der Ausfahrt, als ich in meinem Wagen vorfuhr. Als ich ausstieg, um ihr die Tür aufzumachen, sagte sie: »Schickimicki-Caddy. Muss schön sein, wenn man reich is’.«
    Mein Seville ist Baujahr’79 und hat einen neuen Motor. Zu der Zeit hatte er sein drittes Vinyldach, und eine zweite Neulackierung war schon dabei, den Kampf gegen die Korrosion durch die feuchte Luft zu verlieren. Ich nahm ihren Stock und stützte sie am Ellbogen, während sie sich abmühte einzusteigen. Als sie schließlich Platz nahm, sagte sie: »Wie viel Geld bekommen Sie für die Untersuchung?«
    »Das geht Sie nichts an, Ma’am«, sagte ich.
    Das entlockte ihr ein Lächeln.
    Ich fuhr zu dem Hamburger-Laden, ließ sie an einem Tisch im Freien Platz nehmen, ging hinein und wartete in der Schlange hinter einem Motorrad-Cop, dem sein maßgeschneidertes Hemd zu klein geworden war, einem stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt, der wie fünfzehn aussah, und zwei abgerissenen Typen mit Schnauzbärten und verblassten Tätowierungen, die sie als Mitglieder einer Bande auswiesen. Diese beiden bezahlten mit Münzen, und der Junge an der Ausgabe brauchte eine Weile, bis er die Addition vorgenommen hatte. Als ich schließlich vor ihm stand, bestellte ich zwei nach Pappe schmeckende Kaffees.
    Als ich zu Margaret Sieff zurückkam, sagte sie: »Ich hab Hunger.« Ich ging wieder hinein und besorgte ihr einen Cheeseburger.
    Sie riss mir den Burger aus der Hand, aß voller Heißhunger, unternahm pro forma den Versuch, sich wie eine Dame zu benehmen - indem

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