Bluttaufe: Thriller
gewesen und Entgelt für mehr oder weniger harte Arbeit, konnten als Bonus, Rente oder Lohn ausgezahlt worden sein. Doch sie waren immer nur Papier geblieben, ein Gegenwert. Und jetzt gab es Menschen, die verfolgten, was ihnen durch die Finger geglitten war, als wollten sie sein Schicksal festhalten und sich damit verbinden.
Der Betreiber der Seite lebte in Südfrankreich und ließ sich bislang nicht auftreiben.
Hensen wuchtete seinen Koffer auf den Schrank. Das Zimmer wurde nahezu vollständig durch das Doppelbett ausgefüllt.
Hierher hatte der Täter ihn geschickt. Doch was sollte er hier? Eine neue Leiche finden? Versuchte der Täter, ihn mit dieser verordneten Odyssee vom Fall abzuziehen? Warum diese Ehre, schließlich tappte die Sonderkommission weiter im Dunkeln. Oder hatten sie doch, ohne es zu merken, eine wunde Stelle dieses mörderischen Überfliegers
erwischt? Von ihrer neuesten »Geisteswaffe«, diesem Peter Sienhaupt, konnte er allerdings noch nichts wissen.
Mit seinem Zeichenblock und dem Handy verließ Hensen das Zimmer und stieg eine kleine Wendeltreppe hinauf in die Bar. Hier von der Dachterrasse aus sah man zur Hafeneinfahrt und über die Dächer der sich aneinanderschmiegenden Häuser. Von den Touristenströmen, die sich außerhalb der Burganlage durch die Gassen von Rhodos-Stadt wälzten, keine Spur. Dafür alte Getreidemühlen, Burgzinnen und die aus der Anlage herausstrebenden Palmen und Platanen. Ein böiger Wind brachte ihre Kronen zum Wiegen und wirbelte die Getränkekarte vom Glastisch vor ihm auf.
Er bestellte sich ein Amstel und schlug dann seinen Skizzenblock auf.
Mangold trommelte ungeduldig auf den Tisch. Die Kollegen mussten jeden Augenblick mit Leonies Vergleichsfingerabdrücken in der Kriminaltechnik sein. Nach Kajas Zustimmung waren zwei Kollegen von der Kriminaltechnik in die Villa gefahren und hatten im Zimmer des Mädchens Fingerspuren gesichert. Ihm ging das alles zu langsam.
Gern hatte er Kaja nicht um die Erlaubnis gebeten. Auch die abgetrennte Hand hatte er verschwiegen.
Ob er die Fingerabdrücke ihrer Tochter mit etwas Konkretem vergleichen wolle, hatte sie geargwöhnt. Er hatte gelogen.
Weitz hatte sich inzwischen Zugang zur Wohnung der vermissten Touristin verschafft und ebenfalls Fingerabdrücke gesichert.
Spätestens in einer halben Stunde würde man die Abdrücke mit denen aus Griechenland vergleichen können.
Mangold sah hinüber zu Peter Sienhaupt. Der saß auf seinem Knautschsessel und sprach mit dem Bildschirm. Oder mit sich selbst. Wer wusste das schon so genau zu sagen? Mangold mochte seine kindliche Art, mit der er alles untersuchte, was ihm in die Finger kam. Er hätte ihn gerne Vera vorgestellt.
Schon am Morgen hatte der Savant eine Seite mit Geräuschen im Internet entdeckt. Seitdem knirschte, krachte und quiekte es aus dem Notebook. Doch die Geräusche wurden nicht durcheinander abgespielt, sondern tauchten in melodischen Zweier-Folgen auf.
Mangold hatte ihm noch einmal eine Karte mit den eingezeichneten Auffindeorten der Opfer überreicht. Ausgeschlossen war nicht, dass die ebenfalls auf etwas hindeuteten, womöglich sogar den Auffindeort des nächsten Opfers verrieten.
Da der Unbekannte die Leichen vom Tatort wegschaffte, musste die Auswahl der Auffindeplätze für ihn eine Bedeutung haben. Sienhaupt hatte immerhin an dem Blatt gerochen.
Er sorgte gerade für ein kräftiges Schrillen, als auch das Telefon von Mangold einen Anruf signalisierte.
»Sie sind im Spiel, nicht wahr?«, sagte die monotone Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Was wollen Sie? Können wir nicht spielen, ohne dass Menschen umgebracht werden?«
»Sie haben die Regeln nicht verstanden?«
»Gibt es eine … eine Forderung? Geld? Eine Erklärung, die wir abgeben sollen?«
»Nichts, das Sie mir geben könnten, Hauptkommissar Mangold, und wissen Sie, warum?«
»Verraten Sie es mir.«
»Weil ich es schon habe.«
»Wen oder was haben Sie?«
»Im dunklen Wald lauern Überraschungen, Mangold. Du weißt nie, was dir hinter dem nächsten Baum begegnet.«
»Ich mache Ihnen ein Angebot«, sagte Mangold. Noch hatte er Leonie nicht erwähnt. Meinte er überhaupt Kaja Wintersteins Tochter mit diesem »Weil ich es schon habe«?
»Hic Rhodos hic salta«, sagte die Stimme.
»Rhodos, schön, Rhodos«, sagte Mangold. »Es müssen keine unschuldigen Menschen mehr sterben, damit dieses Spiel weitergeht. Wir wissen, dass wir Ihren Hinweisen folgen sollen. Wir sind im
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