Bluttrinker (German Edition)
Und hier, hinter
dem Garten, grenzt direkt ein Park an. Wir haben auch einen neuen Stadtplan
mitgebracht. Diesen Spazierweg hier gibt es noch.“
„Natürlich werden sie wissen, dass die Rückseite ihre Schwachstelle ist und sie
entsprechend überwachen“, gab einer der französischen Jäger zu bedenken.
„Das ist unser Weg ins Haus. Wir können es nicht riskieren, auf der Straße
beobachtet zu werden. In der Menge, in der wir dort auftauchen werden, sind
selbst wir auffällig.“
Jeremias wandte sich an Johann. „Wie ist es um unsere Bewaffnung bestellt?“
„Selbst wenn Oles und deine Leute nicht jeweils mit einem eigenen Arsenal hier
aufgekreuzt wären, hätten wir genug Schusswaffen und Klingen, um eine mittlere
Armee auszurüsten. Daran wird es nicht scheitern.“
„Habt ihr Grundrisse der einzelnen Stockwerke bekommen?“
Nora nickte. „Das hier ist das Erdgeschoss, Keller, Dachgeschoss …“
„Der Keller würde mich am meisten interessieren.“
„Ja, das ist auch interessant“, stimmte Nora Jeremias zu. „Das Haus hat vor
fünf Jahren den Besitzer gewechselt. Das Erste, was der neue Eigentümer tat,
war den halben Garten aufreißen zu lassen, um den Keller enorm zu vergrößern.
Das hier sind die Pläne des Bauantrages. Der Archivar konnte sich noch gut
erinnern. Der Sachbearbeiter hat den Antrag genehmigt, obwohl die zulässige
versiegelte Fläche deutlich überschritten wurde. Ein Nachbar wollte später
einen Anbau genehmigen lassen, der nur ganz knapp über dem zulässigen Maß lag.
Das wurde aber abgelehnt. Der Mann behauptete, mit Fotos genau dokumentiert zu
haben, was im Nachbargarten gemacht wurde. Allerdings ist er drei Tage, nachdem
er in dieser Sache einen Anwalt eingeschaltet hat, an einem Herzinfarkt
verstorben. Die Fotos sind nie aufgetaucht. Der Sachbearbeiter kam bei einem
Verkehrsunfall ums Leben - nur zwei Tage später.“
Jeremias schnaubte verächtlich. „Das ist typisch für Helmar.
Wie die Axt im Walde.“
„Im Grundbuch ist als Eigentümer SfdSK eingetragen“, erinnerte Tony.
„Wissen wir inzwischen, was das heißt?“, fragte Nora neugierig in die Runde.
„Stiftung für die Schönen Künste“, erklärte Johann seiner Frau. „Es ist
genauso, wie Basil gesagt hat: Sie behaupten Jugendliche, die künstlerisch
begabt aber sozial benachteiligt sind, zu fördern und finanziell zu
unterstützen. Mit Schwerpunkt im ehemaligen Ostblock.“
„Teilweise tun sie das sogar“, fiel Matthias ein. „Sie haben
im vergangen Jahr an fünfzig Studenten Stipendien vergeben, damit sie in
westeuropäischen Ländern studieren können.“
„Studenten“, betonte Ole, „keine kleinen Kinder.“
„Die Minderjährigen, die aus den Waisenhäusern verschwinden, in denen die
SfdsK-Leute auf Talentsuche waren, tauchen in den offiziellen Geschäftsberichten
der Stiftung natürlich nicht auf“, räumte Matthias ein. „Die Tarnung dient
dazu, sich Vertrauen zu erschleichen und gleichzeitig Kontakte zu korrupten und
gewissenlosen Menschen zu knüpfen. Die Erzieher und Sozialarbeiter, die das
Verschwinden ihrer Schützlinge verschleiern, sind in der Regel nicht
hypnotisiert, sondern bestochen oder erpresst worden. Ein kluger Schachzug.
Anderenfalls hätte das die Jäger in Sofia viel früher auf den Plan gerufen. Sie
glaubten, es mit einer Organisation sterblicher Menschenhändler zu tun zu
haben, als sie den ersten Verdachtsmomenten nachgingen.“
Ja richtig , dachte Tony bitter. Wenn es um sterbliche Verbrecher ging,
griffen die Jäger nicht ein. Menschen, die sich gegenseitig schädigten, gingen
sie nichts an.
Die Abenddämmerung brach früh herein, selbst für den
einunddreißigsten Dezember. Schwere Wolken zogen von Nordwesten über den Himmel
und drohten die Schneemassen zu vergrößern, die Deutschland seit einer Woche
unter sich begruben. Im Schutz der getönten, gegen UV-Strahlung beschichteten
Scheiben ihrer diversen Fahrzeuge konnten die Jäger bereits eine halbe Stunde
vor dem tatsächlichen Sonnenuntergang Richtung Dresden aufbrechen. Die einzige
Unbekannte bildete das Wetter. Ihnen blieb keine Wahl, als auf die Vorhersage
zu vertrauen, die nur von örtlich leichtem Schneefall ausging.
Tony beschäftigte sich ausgiebig mit ihrem Tarot. Sie
belegte mit den bunten Karten einen Teil des langen Holztisches in der
geräumigen Küche mit Beschlag. In ihrer Unterkunft gab es keinen Tisch, der
groß genug war. Alle Gefährtinnen kamen im Laufe des frühen Abends vorbei, und
die
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