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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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ungewohnten Polstermöbeln eine bequeme Sitzhaltung
zu finden.
„Bitte sehr. Ein kleiner Schluck zum Willkommen.“

30
    Lukas Eltern trafen mit einer halben Stunde Verspätung ein.
Tony kam sich wie eine Idiotin vor, als ihrer ältlich-konservativen Mutter beim
Anblick der jungen, eleganten Nora beinahe die Augen aus dem Kopf fielen. Hatte
sie sich bereits so sehr an diese andere Welt gewöhnt? Sie hatte einfach nicht
daran gedacht, dass Nora deutlich jünger wirkte als ihr eigener Sohn.
Gewandt stellte Nora sich Tonys Eltern als seine Stiefmutter vor.
In Margarethes Augen warf das natürlich auch kein besseres Licht auf Lukas
Familie.
    Wenn die Lembergs auf Lukas mit einem vagen Unbehagen
reagiert hatten, so löste Johann echte Angst bei Tonys Mutter aus. Jedenfalls
glaubte Tony, dass es Angst war, die hinter diesen farblosen Augen
aufflackerte. Genau wissen konnte sie es nicht, denn Tony hatte noch nie
erlebt, dass ihre Mutter von echter Furcht heimgesucht wurde.
    Margarethe Lemberg ängstigte sich vor tausend belanglosen
Dingen. Sie fürchtete sich maßlos vor Peinlichkeiten jeder Art und dem Gerede
der Nachbarn. Sie sorgte sich, ihr könnte das Essen anbrennen, die Wäsche
einlaufen oder ein Fleck auf ihre beste Tischdecke oder ihren Teppich geraten.
Gewiss war Tonys Mutter nie zuvor etwas begegnet, was ihr einen wirklichen
Grund gab sich zu ängstigen.
    Selbst ihr Vater verhielt sich anders als gewöhnlich, war
ausgesprochen ruhig und diplomatisch. Er versuchte nicht einmal das Gespräch an
sich zu reißen, indem er über seine verqueren, rechtslastigen Ansichten
schwadronierte. Tatsächlich ließ er zu, dass Johann die Unterhaltung
dominierte.
Es war nicht zu fassen! Auch Tonys Vater fürchtete sich vor dem Bluttrinker,
obgleich Johann sich ausgesucht freundlich gab.
Gewiss hatte auch Tony Johann zu Anfang als bedrohlich empfunden. Aber
schließlich hatte sie Lukas Vater unter ziemlich belastenden Umständen
kennengelernt.
    Tony fand die Reaktion ihrer Eltern völlig überzogen. Sie
begann sich zu fragen, ob von Johann eine einschüchternde Aura ausging. Oder ob
es nur daran lag, dass Margarethe und Alfred den Jäger für den Befehlshaber
einer nicht näher benannten Eliteeinheit hielten.
Wie hätten sie wohl auf die Wahrheit reagiert?
     
    Von Anfang an bemerkte Tony, dass ihre Mutter es darauf
anlegte, sie alleine zu erwischen. Während sie die Vorspeise anrichtete,
drängte sich Margarethe, mit dem fadenscheinigen Vorwand ihr helfen zu wollen,
neben sie.
    „Das ist aber sehr unpraktisch“, mäkelte sie und ließ den Blick
missbilligend über die matt glänzenden Edelstahlflächen der Küche schweifen.
„Und der ganze Essensdunst zieht in den Wohnraum.“
Tony öffnete den Mund, doch zu einer Antwort kam sie nicht.
„Offene Küchen sind so wunderbar kommunikativ, finden Sie nicht auch?“, flötete
Nora, als hätte sie die Kritik nicht gehört.
„Bei uns zu Hause musste ich zwei Wände entfernen lassen, um eine ähnliche
Großzügigkeit zu erreichen. Wir leben in einer Jugendstilvilla, mein Mann und
ich. Die Atmosphäre ist unbezahlbar. Aber die Menschen haben damals nicht viel
wert auf die Funktionalräume gelegt. Ich bin Innenarchitektin, wissen Sie. Eine
moderne Wohnung wie diese bietet natürlich ganz andere Möglichkeiten.“
Nora plauderte unverdrossen weiter, während sich die steile Falte über
Margarethes Nasenwurzel vertiefte.
    Das Hauptgericht brachte Tony hinter sich, ohne ihrer Mutter
eine Chance zu einem weiteren Angriff zu geben. Dann wäre es einfach lächerlich
geworden. Sie saß hier, völlig verkrampft, aus Angst, Margarethe könnte ihr auf
die Toilette folgen!
Sie stand auf und begann zu hoffen, ihre Befürchtungen seien unbegründet. Ihre
Mutter schien sie gar nicht zu beachten.
    Gerade öffnete Tony ihre Schlafzimmertür, als sie einen
unsanften Schubs in den Rücken bekam. Hinter ihr drängte sich ihre Mutter
herein und verschloss die Tür. Sie drehte tatsächlich den Schlüssel um! Einen
Augenblick rechnete Tony damit, dass sie ihn abziehen und einstecken würde.
    „Aua! - Was machst du?“
Margarethe besann sich und ließ den Schlüssel stecken. Jedoch blieb sie vor der
Tür stehen, als wollte sie ihrer Tochter auf diese Weise den Fluchtweg
versperren.
„Antonia, ich muss mit dir reden!“, verkündete sie atemlos und presste eine
Hand über ihr Herz.
    Tony beobachtete die dramatische Geste mit versteinerter
Miene.
Es gab eine Zeit, da schaffte ihre Mutter es tatsächlich,

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