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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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Telefonnummern der drei Fotografen herauszusuchen, die im Laufe des Abends in der Diskothek fotografiert hatten. Keiner von ihnen war sonderlich begeistert, aus dem Bett geklingelt zu werden. Einer weigerte sich sogar, seine Fotos vor dem nächsten Vormittag herauszugeben. Als sie zehn Minuten später an seiner Wohnungstür klingelten, ließ er sie allerdings herein.
    Um sieben saßen sie in einem Streifenwagen auf dem Weg zurück ins Präsidium. Sie fuhren auf der Nørre Voldgade, als Lars einfiel, dass er versprochen hatte, Maria zu wecken. Er zog sein Handy heraus, suchte ihre Nummer und rief an.
    Sie antwortete erst nach dem siebten Klingeln.
    »Aufstehen, Hübsche.« Er hörte selbst, wie müde er klang.
    »Hmm.« Maria schien es nicht sonderlich eilig zu haben. Musste sie denn nicht in die Schule? Plötzlich wurde ihm kalt. War da nicht gestern irgendetwas mit einer Prüfung …?
    »Wie … Hattest du gestern nicht deine Prüfung?« Er hustete, drehte sich zum Fenster, weg von Lisa, die ihn anstarrte. Er hatte das Gefühl, als stünde mit großen Buchstaben »schlechter Vater« auf seiner Stirn.
    »Es lief sehr gut.« Zögerte sie ein wenig? Aber es klang, als sei sie glücklich.
    »Sehr gut? Was heißt das?«
    »Also, das war nur so eine Vorprüfung. Aber ich habe zehn Punkte bekommen.« Ja, es gab keinen Zweifel. Sie freute sich.
    »Zehn? Das ist doch klasse. Das müssen wir feiern, wenn ich nach Hause komme.«
    »Wir müssen zu Oma. Hast du das vergessen?«
    Er hatte offensichtlich ziemlich viel vergessen. Er sank zurück in den Sitz.
    »Na ja, dann feiern wir’s mit Oma«, versuchte er. »Aber ich werde mich wohl erst einmal ein oder zwei Stunden aufs Ohr legen müssen, wenn ich nach Hause komme. Wir arbeiten durch.«
    »Hauptsache, ihr schnappt ihn. Bis bald.«
    Er wollte sich noch verabschieden, aber Maria hatte bereits aufgelegt.
    »Hast du die Prüfung deiner Tochter vergessen?« Lisa schüttelte den Kopf.
    Lars sah aus dem Fenster. Es hatte angefangen zu regnen. Eine strömende Decke zog sich über den Rathausplatz zum Tivoli.

18
    Sanne setzte sich, als sie dazu aufgefordert wurde, und fingerte am Reißverschluss ihrer leichten Sommerjacke. Die Aussicht aus Ulriks Büro war beeindruckend. Erstaunlich, dass man auch in einer Großstadt so etwas wie Aussicht haben konnte. Allerdings war die Luft im Büro stickig. Ließ sich denn keines dieser großen Fenster öffnen? Ein leichter Anflug von Kopfschmerzen streifte ihren Hinterkopf. Gestern hatte sie mehr getrunken, als sie vertrug. Außerdem hatte sie sich hinterher mit Martin gestritten.
    Aber es gab noch einen anderen Grund. Nach dem Gespräch mit Lars war sie deprimiert und verunsichert gewesen. Sein Gefühl, ihre gemeinsame, halb ausgesprochene Schlussfolgerung.
    Ulrik saß ihr mit dem Rücken zum Fenster gegenüber. Den Kopf hatte er in die Hände gestützt, die Ellenbogen auf den Schreibtisch.
    »Meritons Alibi ist also wasserdicht?«
    »Ja, und Ukës auch, wir haben ihn ebenfalls vernommen. Ich habe alle überprüft, die an dem Abend im Club waren, nur …«
    Ulrik wedelte abwehrend mit der Hand.
    »Wir müssen sie gehen lassen. Ich hatte heute schon zwei Mal ihren Anwalt am Apparat.«
    Sanne nahm Anlauf.
    »Also, ich glaube auch nicht, dass sie es waren.« Sie schnippte Daumen- und Ringfingernagel ihrer rechten Hand gegeneinander. Stopp.
    »Was meinst du?«
    »Sie haben dafür bezahlt, dass Mira hierhergebracht wurde. Aus welchem Grund sollten sie sie so kurze Zeit später umbringen?«
    »Aber sie haben sie doch verprügelt, bevor sie verschwunden ist?«
    »Soweit ich das verstanden habe, ist das durchaus üblich. Prügel und Vergewaltigungen. Das bricht die Mädchen.«
    Ulrik schüttelte den Kopf.
    Sanne sagte nichts mehr. Sie konzentrierte sich auf Daumen und Ringfinger der rechten Hand. Um nicht zu schnippen.
    Ulrik drehte sich mit seinem Stuhl. Sie sah nicht, was er tat. Nur das dünne Haar seines Scheitels, das über die Rückenlehne hinausragte. Draußen im Vorzimmer öffnete sich der Fahrstuhl. Das leise Pling drang selbst durch die geschlossene Tür.
    »Früher war es einfacher«, kam es von der Stuhllehne. »Kein Mädchenhandel, nicht diese abgestumpfte Gewalt …«
    Der Stuhl drehte sich erneut. Ulrik saß wieder vor ihr.
    »Was sollen wir deiner Ansicht nach unternehmen?«
    »Meiner Ansicht nach?«
    »Ja, sicher. Bist du nicht Jütlands härteste Ermittlerin?«
    »Na ja, also …« Beinahe hätte sie ihm von dem Gespräch mit

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