Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
heißen, da er eigentlich immer so wirkte.
»Hi, Martin! Und? Gestern ’n schönen Abend mit Uschi gehabt?« Mick mochte seinen alten Partner, und trotzdem fragte er sich immer noch, was eine Klassefrau wie Uschi ausgerechnet an einem Typen wie Ferchert fand. Wahrscheinlich hatte das irgendwas mit »inneren Werten« zu tun. Äußere konnten es jedenfalls nicht sein. Es sei denn, Uschi stand auf wild wuchernde Augenbrauen, hängende Lider und ein schiefes Grinsen, das zum Kinderschreck taugte. Dass dieser »Charakterkopf« dann auch noch eine Vorliebe für Sakkos und Krawatten hatte, die aussahen, als kämen sie frisch aus der Altkleidersammlung, tat ein Übriges. Die Liaison zwischen seinem alten Partner und der Barfrau seines Vertrauens war Mick ein Dorn im Auge, trotzdem hatten Ferchert und er damals zu viel zusammen durchgemacht, um sich heute nicht noch freundschaftlich verbunden zu sein. Zugegeben. Es war eine Freundschaft der rauen Töne geworden, da sich Ferchert in den Jahren, die Mick verschlafen hatte, nicht gerade zu seinem Vorteil verändert hatte. War er früher noch ein cooler Typ mit ähnlichen Ansichten wie Mick gewesen, hatte er sein Fähnchen irgendwann nach Micks Unfall in den Wind gehängt. So war er erst Leiter der Mordkommission und schließlich Pressesprecher der Essener Polizei geworden. Eine Aufgabe, mit der er trotz eilends antrainierter Vokabeln wie »Communicationskills«, »Public Relations« und »Informationsmanagement« heillos überfordert war. Ferchert war vieles, aber mit Sicherheit kein Kommunikationstalent, weshalb er die Pressemeute auch ähnlich gut im Griff hatte wie ein Zwergpinscher ein Rudel Wölfe. Daran änderte auch nichts, dass Martin Ferchert für seinen Hang zur Cholerik berüchtigt war. Denn schließlich verhielt es sich auch in dem Punkt wie mit einem Zwergpinscher. Der kläffte auch laut, und trotzdem nahm ihn niemand ernst.
»Ähm … Tanja … könnten Sie vielleicht mal …« Ferchert machte Tanja ein Zeichen, mit ihm doch kurz vor die Tür zu kommen. Der Seitenblick auf Mick war aber derart offensichtlich, dass sein Vorhaben, die Sache diskret zu regeln, prompt scheiterte.
»Spuck’s aus, Martin«, sagte Mick. »Tu einfach so, als wäre ich nicht da.«
Ferchert holte Luft. Wenn Mick es so haben wollte, bitte!
»Frau Haffner. Sie sind nicht allen Ernstes so wahnsinnig, ausgerechnet Mick zu diesem Akuma zu schicken?«
Auch wenn Tanja in dem Punkt eben selbst noch Bedenken angemeldet hatte, wollte sie sich von Ferchert nicht reinquatschen lassen.
»Ich wüsste nicht, inwieweit meine Entscheidung unseren Pressesprecher betrifft.«
»Oder auch nur irgendetwas angeht«, fügte Mick hinzu.
»Inwieweit mich das betrifft? Pfff … Kommt ganz darauf an, wie viele Mingvasen Elefant Brisgau im Porzellanladen der deutsch-chinesischen Beziehungen auf Anhieb zerdeppert. Ich bin schließlich der, der nachher Rede und Antwort stehen muss!«
»Richtig.« Tanja setzte ein freundliches, aber zugleich kühles Lächeln auf, weil sie es überhaupt nicht mochte, wenn ausgerechnet ihr alter Vorgesetzter vor aller Augen ihre Autorität als Chefin anzweifelte. »Sie stehen Rede und Antwort. Aber ich halte im Zweifelsfall meinen Kopf hin. Trotzdem machen sich Mick und Andreas jetzt auf den Weg.«
Tanja schob Mick die Adresse über den Tisch. Er erhob sich und sagte zufrieden zu Ferchert: »Hier, Martin! Die Frau hat Führungsqualitäten, schneid dir mal ’ne Scheibe ab!« Micks Freude erhielt jedoch sofort einen Dämpfer, als ihn Tanja aufhielt.
»Mick! Ich verlass mich auf dich.«
»Das konntest du doch immer, oder?« Er warf ihr ein Lächeln zu.
Andreas schien die Sache nicht ganz so geheuer.
»Sag mal, Tanja, wär’s nicht ein prima Vertrauensbeweis, wenn du Mick allein zu diesem Akuma …« Andreas merkte selbst, dass er einer ausgebildeten Psychologin auf eine derart simple Art nicht beikommen konnte.
»Auf dich verlass ich mich noch viel mehr, Andreas.« Tanja drückte ihm mit einem Lächeln eine Aktenmappe in die Hand. »Hier drin steht alles, was über Akuma auf die Schnelle in Erfahrung zu bringen war. Er erwartet euch in seinem Büro, und da heute Sonntag ist … haltet euch bitte kurz.«
»Witzig, jetzt geht’s im Diplomat zum Diplomat«, freute sich Mick, als sie im Wagen saßen.
»Akuma ist kein Diplomat, sondern sein Vater. Das hat Tanja dir doch grad erklärt.« Andreas studierte die Papiere in der Mappe und unterdrückte nur mühsam ein
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