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Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)

Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)

Titel: Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Scheich
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Micks Kosten riss sie trotzdem schon. Immerhin, Andreas verglich ihn immer wieder gerne mit einem Dinosaurier. In Li-Zis Augen hatte er wenigstens schon einen Evolutionssprung von locker 60 Millionen Jahren hingelegt.
    Auch die Ausstellung als Ganzes, das begriff Mick, während er neben Li-Zi durch die Hallen und Etagen ging, hatte etwas von »Evolution im Schnelldurchlauf«. Nicht, dass die Kuratoren geschlampt hätten. Nur hatte sich besonders in den letzten zwei Jahrhunderten so wahnsinnig viel getan. Vom Agrarstaat zur Turboindustrialisierung. Von der Kohle zum Stahl, zur Waffenschmiede der Nation. Von der Stunde null zum Energieversorger der neuen Republik. Vom Wirtschaftswunder in die erste Kohlekrise. Über Zechensterben und Strukturwandel bis hin zum Schreibtisch des Ruhrgebiets und schließlich zur Kulturhauptstadt.
    Der Verkehr mochte in dieser Region so zäh wie sonst was fließen, aber die Geschichte preschte hier mit Siebenmeilenstiefeln voran. Sie hatte einfach keine Zeit gehabt, auf jemanden zu warten. Wer zwei Dekaden vor sich hin schlummerte, wachte in einer anderen Epoche auf. So war es nun mal. Aber, und das war Mick am Ende des Rundgangs klar, er war nicht allein. Seit jeher hatten sich die Menschen hier innerhalb kürzester Zeit mit gewaltigen Umbrüchen arrangieren müssen. Sie taten dies mit Erfolg, und das zeichnete sie aus. Auch wenn es Mick ein klein wenig nachdenklich machte.
    Nachdenklich machte Mick auch, dass es bereits stockdunkel war, als sie aus dem Museum kamen. Ohne es zu merken, hatten sie fast drei Stunden an dem Ort verbracht, den er niemals hatte betreten wollen.
    Nun, bei Nacht, zeigte Zollverein sein anderes Gesicht. Der Zechenturm schimmerte in kühlem Blau, während die alten Öfen der Kokerei in knalligem Rot angestrahlt wurden. Fast hätte man meinen können, sie seien noch in Betrieb. Während sie entlang des gefluteten Druckmaschinengleises spazierten, kam Mick wieder das komische kleine Männchen aus dem Stollen in den Sinn. Die Schlagschatten, die die kantigen Industriebauten im Schein der Lichtinstallationen warfen, standen in direktem Kontrast zu den schwarzen, zackigen Scherenschnitten des Wildwuchses, der sich auf den Freiflächen und in den Fugen der Industriebrache breitmachte. Dieser Mix verlieh dem Ort etwas Verwunschenes, und es hätte Mick nicht gewundert, wenn das kleine Kohlemännchen vor ihnen über den Weg gehuscht wäre. Er wollte es sich eigentlich nicht eingestehen, aber Mick war sich nicht mehr ganz sicher, ob am Ende nicht vielleicht doch er selbst dieses Männchen war.
    Mick lenkte den Wagen sicher durch Essens Straßen. Li-Zi lehnte mit dem Kopf an seiner Schulter und war eingeschlafen. Damit hatten sich Micks Überlegungen, wie man den Rest des Abends gestalten könnte, erledigt. Gerne wäre er noch mit ihr zum Chinesen gegangen. Quasi als kleines Kontrastprogramm, aber gut, das konnten sie auch noch ein andermal machen. Der Tag war lang gewesen, und so war er froh, als er direkt vor Uschis Kneipe einen Parkplatz ergatterte.
    Mick stieg aus und drückte die Fahrertür leise mit der Hüfte ins Schloss, dann ging er um den Wagen zur Beifahrertür. Li-Zi schlief noch immer. Er wollte sie nicht extra wecken. Sie wog vielleicht 50, wenn es hochkam, 55 Kilo. Er konnte sie locker über den Bürgersteig und durch die Kneipe hinauf zu den Zimmern tragen.
    Oben im Flur angekommen, wurde es jedoch etwas hampelig. Mick ärgerte sich, dass er nicht daran gedacht hatte, vorher die Zimmerschlüssel aus der Hosentasche zu nehmen. Jetzt hatte er buchstäblich alle Hände voll zu tun, und es war ihm unmöglich, an die Schlüssel zu kommen. Glücklicherweise schlug Li-Zi in diesem Moment die Augen auf.
    »Ist alles gut, Kleines. In zwei Minuten liegst du im Bett.« Seine Stimme war sanft, trotzdem erregte irgendetwas ihren Unmut. Mick dachte zuerst, es läge daran, dass er sie notgedrungen aus seinen Armen entlassen musste, doch das war es nicht. Li-Zi marschierte nämlich den Flur hinunter und stellte sich direkt vor Micks Tür. Mick überlegte. Leitete sie irgendwelche Besitzansprüche aus dem Umstand ab, dass sie sein Zimmer umgestaltet hatte, oder wollte sie einfach nicht allein sein? So oder so. Den Abend damit zu beschließen, dass er die Kleine gegen ihren Willen in ihr Zimmer abschob, war keine gute Idee, und Micks Zimmer war groß genug. Er würde Li-Zi halt in sein Bett packen und auf der Couch schlafen. Für eine Nacht war das vertretbar. Außerdem, das

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