Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
starb, erzählte Pater Philip mir alles. Es gibt keine Geheimnisse. Ich brauche dich bloß anzusehen und erkenne die Angst in deinen Augen.«
Moiras Hände ballten sich zu Fäusten und lockerten sich wieder, als sie ihr Gewicht vom rechten auf den linken Fuß verlagerte. Rico beobachtete ihr Gezappel, während er selbst vollkommen regungslos dastand. Ihr hatte nie behagt, wie er sie durchschaute. »Die Angst ist dein schlimmster Feind, Moira. Du musst deine Gefühle beherrschen.«
»Kann ich nicht.« Sie biss die Zähne zusammen. »Du warst nicht dabei.«
Er sprach nicht von den Ruinen, wie ihr sehr wohl bewusst war. Allein dass er Pater Philip erwähnt hatte, katapultierte sie im Geiste sofort in die Schlacht gegen den Dämon Neid zurück.
»Du bist nicht die Erste, die sich einem fleischgewordenen Dämon stellen musste.«
»Ach, wie schade! Da komme ich mir gleich nicht mehr wie was Besonderes vor, und das war so nett!«
»Vergiss nicht, dass ich dich kenne!«
»Tue ich nicht.« Er kannte ihre Schwächen und ihre Zweifel, wusste, was sie zum Heulen brachte und was sie wütend machte. Und sie hasste es.
»Zeig mir deinen Arm!«, befahl er.
Sie stemmte ihre Hände in die Hüften. »Kein Bitte? Wo bleiben deine Manieren?«
Kein bisschen amüsiert ergänzte Rico: »Bitte.«
Moiras Herz pochte wie verrückt. Warum widerstrebte es ihr, ihm die Narbe zu zeigen? Wieso kümmerte es sie überhaupt, was er dachte oder ob sie es vermasselt hatte? Sollte er sie ruhig ins Exil jagen, sie hassen, aber töten würde er sie nicht. Wenigstens glaubte sie nicht, dass er es tun würde.
Mürrisch zog sie ihre Jacke aus und ließ sie auf die Erde fallen. In der kalten Meersalzluft brach ihr eine Gänsehaut auf der verschwitzten Haut aus. Sie streckte ihren Arm aus. Rico nahm ihre Hand, drehte sie um und inspizierte die Verletzung. Angesichts der Heftigkeit des Angriffs war erstaunlich, dass sie nur zwei kleine runde Narben davongetragen hatte: eine an ihrem Handgelenk und eine an ihrer Ellbogenbeuge, wo die gezackten Dämonenzähne tief in ihre Haut eingedrungen waren. Beide Male waren bereits verblasst, als hätte sie sich die Wunden vor Jahren zugezogen und wäre nicht vor gerade einmal zwei Wochen von einem tollwütigen Dämonenhund gebissen worden.
»Erzähl mir, was geschehen ist!«
»Ich habe dir schon gesagt …«
Er drückte ihr Handgelenk. »Alles!«
Sie riss ihren Arm zurück. »Ich hatte nachgeforscht und herausbekommen, wo Fiona Rafe gefangen hielt. Ich fand ihn in einer doppelten Dämonenfalle. Rafe war in einem Kreis, der ihn vor dem Dämonenhund schützte, und der Dämon war in dem Zimmer mit dem Kreis gefangen, sodass Rafe nicht raus konnte.«
»Wie sah der Dämon aus?«
»Potthässlich. Wie ein Zerberus, aber mit einem Kopf, vier Beinen und einem Schwanz. Der wedelte nicht, sondern war dornenübersät und kräftig, ähnlich einem Drachenschwanz. Ich bin zu Rafe in die Falle gelaufen, weil ich ihn befreien musste, ehe Fiona zurückkam. Derweil waren Fiona und ihre fröhliche Hexertruppe mit ihrem eigenen Ritual beschäftigt, mit dem sie die Kontrolle über die Sieben zurückgewinnen wollten. Ich stach das Biest mit einem Giftpfeil. Es ist auch verreckt, hat mich aber vorher noch gebissen.«
»Was war mit deinem Arm?«
»Er tat weh, als würde er in Flammen stehen, höllisch! Was sonst?« Ihr Atem ging schneller, als Rico ihre Wut anstachelte. Unterdessen mutete er wie ein gefühlloser Eisberg an. Das musste er. Er hatte versucht ihr beizubringen, genauso cool zu sein. Leider hatte er versagt, was das betraf. Moira hatte nie gelernt, nach außen hin so vollkommen hart und ungerührt zu bleiben, wie es die meisten Olivet-Absolventen konnten.
Rico antwortete nicht. Sie schloss die Augen, versetzte sich in jenen runden Raum zurück, der nach Schwefel und Ver wesung gestunken hatte. »Das Vieh biss mich, als ich ihm den Giftpfeil in die Brust rammte. Danach hat es gezuckt und ist gestorben. Egal, was Anthony sagt – es war tot, nicht nur bewusstlos! Und frag mich nicht, warum es nicht zu Asche wurde oder in der Unterwelt verschwand! Ich weiß es nicht. Zu der Zeit dachte ich auch nicht darüber nach, weil ich andere Sorgen hatte.«
»Dein Arm?«
»Er tat weh, blutete und blubberte wie Säure. Ich habe ihn mit einem T-Shirt verbunden, und dann sind Rafe und ich schnellstens weg. Als ich das Hemd abwickelte, war es, nun ja, die kleinen Zahnabdrücke waren so gut wie weg – und bumm : Ich hatte diese
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