Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
klar?«
Rico errötete, was selten vorkam, denn meistens prallten ihre Sticheleien an ihm ab. »Ich sage es dir nur einmal: Ich habe Pater Philip geliebt und trauere um unseren Verlust.« Bei den letzten Worten bebte seine Stimme. Dann ergänzte er fester: »Aber ich lasse nicht zu, dass mich Schmerz, Kummer, Hass oder Zorn von meiner heiligen Pflicht abhalten.«
Moira berührte seinen Arm und wünschte, sie hätte ihn nicht so angefahren. »Ich weiß, dass er dir viel bedeutet hat. Entschuldige!«
Er neigte seinen Kopf und drückte ihre Hand. »Ich darf nicht von dir verlangen, deine Gefühle stärker zu beherr schen, als du es bereits tust. Du bist ja nicht auf der Insel aufgewachsen.«
Anders ausgedrückt: Sie war eine Außenseiterin. Einsamkeit überfiel sie. Wie kam sie auf die Idee, etwas könnte sich geändert haben? Was brachte sie auf den Gedanken, dass sie dazugehörte? Sie war heute genauso allein wie an dem Tag, an dem Peter starb. Ein Jahr Glück inmitten eines Lebens voller Schmerz, Verlust und Gewalt.
»Ich muss dich das fragen«, fuhr er fort. »Hat Raphael Magie benutzt?«
Noch eine unerwartete Frage. Rico steckte voller Überra schungen.
Sie antwortete so ehrlich, wie sie konnte; trotzdem war ihr, als würde sie sowohl Rafe als auch Rico verraten. Sie wollte nicht lügen, doch was entsprach der Wahrheit?
»Ich weiß es nicht.« Ihr gefiel Ricos Gesichtsausdruck nicht. Auch wenn er keine erkennbaren Empfindungen zeigte, spürte sie, dass er sich wegen irgendetwas Gedanken machte – bei nahe Sorgen. Sehr ungewöhnlich. »Warum denkst du, er könnte das getan haben?«
»Ich habe Anthonys Bericht gelesen, und er wirft Fragen auf. Anthony steht Raphael womöglich zu nahe, als dass er … unparteiisch sein kann. Und er versteht nicht so viel von Magie wie du.«
»Um mich herum wirbelte derart viel Magie, dass ich kaum einzelne Zauber ausmachen konnte, geschweige denn, wer sie wirkte. Es war schrecklich.« Sie stockte, dann stellte sie die Frage, die ihr seit dem Moment durch den Kopf ging, in dem er hergekommen war. Dass sie damit auch das Thema wechselte, stellte einen zusätzlichen Bonus dar. »Hast du von Fiona gehört? Wo versteckt sie sich?«
Rico schüttelte den Kopf. »Das würdest du als Erste erfahren, Moira. Ich kann sie suchen, wie ich will, doch du wirst diejenige sein, die sie findet. Das weißt du. Seit sieben Jahren bist du die Einzige, die es kann.«
»Tja, welche Freude!«
Er ergriff ihre Hände und hielt sie. Wie untypisch für Rico, Mitgefühl zu zeigen! »Ich will dir nichts vormachen, Moira. Unser Krieg nimmt schlimmere Ausmaße an. Fiona zu unter werfen macht nur einen Teil des Ganzen aus. Du musst die Conoscenza zerstören!«
»Dieses verdammte Buch!« Sie blickte sich auf der toten Erde um. Jenes Buch – das Buch des Wissens, ein uraltes Grimoire voller Zauber, angeblich mit Dämonenblut geschrieben – hätte vor über hundert Jahren zerstört werden sollen. Aber Fiona hatte danach gesucht und es gefunden. Sie glaubte, es wäre der Schlüssel zur Unsterblichkeit. Der es vielleicht sogar war. Wie hoch der Preis wäre, scherte Fiona nicht. Sie kümmerte nichts außer ihren eigenen selbstsüchtigen Zielen. Die Freilassung der sieben Todsünden aus der Hölle war erst der Anfang, und Moira würde alles in ihrer Macht Stehende tun, um sie aufzuhalten.
Alles, außer Magie zu benutzen. Ihr Versuch, Fiona mittels Magie zu stoppen, hatte den einzigen Menschen, den sie liebte, das Leben gekostet und Moira auf eine Weise mit der Unterwelt verbunden, die sie absolut nicht verstand. Deshalb waren alle in ihrer Nähe auf der Hut, ja, misstrauisch, wie Anthony.
»Und kannst du mir sagen, wie ich dieses Buch vernichten soll?«
»Nein. Aber Dr. Lieber ist bereit, sich mit Anthony zu treffen. Wir hoffen, es sehr bald zu wissen.«
Diese Nachricht hätte Moira freuen sollen, tat es aber nicht. Ricos Tonfall ließ vielmehr Finsteres erahnen.
»Na klasse!«, erwiderte sie mit gespielter Begeisterung. »Ich kann es kaum erwarten.«
»Moira, sei bitte vorsichtig!«
»Bin ich immer.« Sie zwinkerte ihm zu. »Ich laufe zum Haus zurück. Mal sehen, ob du das Tempo mithalten kannst.«
Sie rannte los. Es war klar, dass er ihr nicht alles sagte, aber sie wusste nicht, ob er nicht wollte oder dies auf Befehl von oben geschah. Sie wünschte, sie hätte eine Ahnung, wer »oben« war. Und sie hasste es, ein Bauernopfer zu sein.
So oder so: Rico enthielt ihr etwas vor, und seine Geheimnisse
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