Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
sie glauben sollte, aber im Moment war es auch egal, denn sie musste Rafe retten. Alles andere konnte sie sich später zusammenreimen.
Die Geister malträtierten Rafe, der sich auf dem Boden zusammengerollt hatte und betete. Über dem lauten Rumoren, das Moira nicht einordnen konnte, waren Rafes Worte nicht zu verstehen.
Abermals begann sie mit ihrem eigenen Exorzismus, als sie bemerkte, dass Jackson in die Kirche gelaufen kam. »Die Türen sind offen!«, rief er.
»Helfen Sie mir!«
»Was ist los?«
»Die Seelen versuchen, Rafe einzunehmen. Geben Sie ihnen die letzte Ölung!«
»Ich bin nicht …«
»Sind Sie ein Mann Gottes oder nicht? Was machen Sie, wenn jemand stirbt? Tun Sie’s!«
Jackson hob beide Hände und sprach ein Gebet.
»Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele.«
Das muss genügen , dachte Moira und trat vor.
»Was tun Sie?«, fragte Jackson.
»Beten Sie weiter!«
Sie fürchtete, dass sie den Seelen freien Zutritt zu ihrem Körper bot, wenn sie ihre Sinne öffnete, aber sie musste herausfin den, wie viele es waren. Während Jackson betete, kam Rafe wie der zu Kräften. Er richtete sich auf seine Knie auf. Moira wollte in die Geisterfalle gehen, als er befahl: »Bleib zurück, Moira!«
Sie zögerte, wollte nicht gehorchen, doch sie musste Rafe vertrauen.
Er stand auf. Die Seelen umkreisten ihn, verwirrt, leidend, nicht wissend, wohin sie sollten. Keine von ihnen war rein. Manche waren heller, manche dunkler, andere schwarz wie die Nacht.
»Gütiger Herr, hilf mir, ihnen zu helfen!«, flüsterte Rafe auf Aramäisch.
Der Boden erzitterte aufs Neue. Moira wäre beinahe wieder in die Falle gerannt, doch das durfte Rafe nicht riskieren, deshalb streckte er beide Hände vor, um sie abzuwehren. Sie stolperte zurück, als hätte er sie getroffen, dabei hatte er sie gar nicht berührt. Von alldem registrierte er nur wenig. Eine nach der anderen flogen die Seelen weg, während er sprach, und verschwanden schließlich. Er wusste nicht, wohin sie schwebten, aber sie waren fort von hier. Rafe hatte eine Pforte auf die Astralebene geöffnet, die Seelen auf dem Weg in den Himmel oder die Hölle durchwanderten.
Dass sie den Umweg über ihn gemacht hatten, schwächte Rafe. Schmerz peinigte sein Denken so sehr, dass er glaubte, sterben zu müssen. Die Seelen durchliefen ihn, legten ihre Ketten in seinem Geist ab und hinterließen ihre letzten Wünsche. Rafe schaffte das nicht. Er konnte es nicht aushalten. Und immer mehr kamen und gingen, eine unendliche Reihe von Seelen auf der Suche nach Frieden.
Außerhalb der Geisterfalle gab es einen Knall, der von weither zu kommen schien. Rafe öffnete die Augen und sah verschwommen, dass Wendy das Taufbecken umgestoßen hatte. Der Kelch krachte scheppernd auf den Boden, und die Glaskugel brach entzwei.
Moira lief zum Taufbecken, als der Dämon schon aus dem zerbrochenen Glas aufstieg.
»Moira!«, schrie Rafe, was jedoch klang, als steckte er in einem tiefen Tunnel.
Rafe spannte seinen Geist an – anders konnte er es nicht beschreiben – und schob die Seelen zur Astralebene hindurch. Als er aus der Geisterfalle kroch, sprach er ein abschließendes Gebet, mit dem er den Riss zwischen dieser Welt und der Geisterwelt versiegelte.
Jackson half ihm auf. »Was war das denn?«
Rafe schüttelte nur den Kopf und schwankte auf Moira zu, die versuchte, das Taufbecken aufzurichten.
Der Dämon schwoll zu einer monströsen Kreatur an. Hys terisch lachend, krabbelte Wendy weg. Entweder war sie wahn sinnig oder stand unter Schock. Der Dämon griff sie mit seinen Krallen, hob sie hoch und drückte ihren Körper zusammen, bis Rafe hörte, wie ihre Wirbelsäule brach.
Nina kam mit zwei Flaschen Weihwasser aus der Sakristei gelaufen und schrie auf, als sie den riesigen Dämon erblickte, der beständig größer wurde.
»Den Kelch!«, rief Rafe Jackson zu. »Schnappen Sie sich den Kelch, und schmelzen Sie ihn! Das lenkt ihn ab.«
Jackson stellte keine Fragen. Rafe war immer noch geschwächt von der Tortur mit den Geistern, aber er eilte zu Moira.
Sie starrte die Kreatur an. »Wie sieht Plan B aus?«, fragte sie mit einem nervösen Kichern.
»Ich wusste gar nicht, dass wir einen Plan B haben«, konterte Rafe und nahm ihren Arm. Sie blutete stark. »Du verlierst zu viel Blut.«
»Vielleicht habe ich ein bisschen zu tief geschnitten.«
»Verdammt, Moira!« Er
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