Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
eine Minute.«
Moira war früher wieder zurück. »Der Altar befindet sich im untersten Stock. Das ganze Haus kommt einer übersinnlichen Festung gleich, aber in der hintersten Ecke ist ganz klar eine Lücke. Dort muss ihre Dämonenfalle sein.«
»Dann gehen wir am besten den Hügel hinunter und von unten hinein«, schlug Jackson vor.
Moira schüttelte den Kopf. »Das würden sie merken. Um auf den unteren Balkon zu gelangen, brauchen wir entweder eine richtige Ausrüstung, oder wir verursachen einen Höllenlärm. Und sie könnten es mitbekommen, wenn wir ihren Schutz durchbrechen. Wir gehen oben rein und arbeiten uns nach unten vor.«
»Ist das nicht riskanter?«, hakte Jackson nach. »Was ist, wenn wir jemanden treffen?«
»Ich konnte drinnen keine Bewegungen fühlen, und überall brennt nur die Notbeleuchtung. Falls sie allerdings eine Alarmanlage haben, sind wir im Eimer.«
»Nicht unbedingt«, meinte Rafe.
Moira zog eine Braue hoch. »Ah, hast du mir etwas verheimlicht?«
»Auf diesem Gebiet kenne ich mich etwas aus. Bei Sicherheitssystemen bin ich fast so gut wie du im Schlösserknacken.«
»So gut, ja?«
Dass Moira scherzte, statt todernst zu sein, beruhigte Rafe. Sie war besser, wenn sie sich entspannte, und folglich auch sicherer.
Moira hatte Wendys Vordertür blitzschnell aufgebrochen, und Rafe sah sich in der Diele um. Keine Bewegungsmelder, keine Drucksensoren, keine Drähte, die auf eine Alarmanlage hinwiesen.
»Sauber«, flüsterte er.
Lautlos schloss er die Tür hinter ihnen und sah sich um. Ihre Augen hatten sich bereits an das Dämmerlicht gewöhnt, und alle drei lauschten aufmerksam. Eine antike Uhr – nein, dem Klang nach mussten es mehrere sein – tickte in einem Zimmer links von ihnen. Die Diele ging in ein prächtiges Esszimmer über, an dessen Tisch mindestens zwölf Leute Platz fanden und das durch Säulen anstelle von Türen vom Eingangsbereich abgetrennt war.
Dahinter befanden sich eine große Küche und ein saalähnliches Wohnzimmer mit einer vollständig verglasten Wand. Sie gab den Blick auf das dunkle, von wenigen Lichtern in anderen Villen gesprenkelte Tal frei. Nach rechts ging ein Flur mit mehreren verschlossenen Türen ab.
Wortlos zeigte Moira den Flur hinunter, wo eine Treppe nach unten führte. Rafe nickte.
Auf dem Weg nach unten wurde Moira merklich ange spannter, blieb jedoch nicht stehen. Sie lief voraus, Jackson hin ter Rafe.
Den ersten Stock ließen sie aus und stiegen direkt weiter nach unten. Im Erdgeschoss war eine Art Büro, nur drei Meter breit, aber zweimal so lang und mit Glasschiebetüren zum Balkon. Es sah aus, als wäre es vom Rest des Stockwerks abgetrennt worden. Zwei Schreibtische, Bücherregale und einige Stühle standen hier. Flügeltüren führten in einen weiteren Raum.
Alle drei blieben unten an der Treppe stehen und horchten.
Stille.
Moira wies mit ihrem Dolch zu Jackson und bedeutete ihm, an der Treppe Wache zu halten, dann zeigte sie zu den verschlossenen Türen. Rafe verstand. Sie stellten sich zu beiden Seiten der Türen auf, und Rafe drehte vorsichtig den Knauf auf seiner Seite. Moira öffnete die andere Tür. Weihrauchgeruch waberte aus dem Raum, vermengt mit Myrrhe, Sandelholz und noch etwas anderem, das Rafe nicht gleich erkannte. Er linste durch den Spalt. Drinnen war es stockfinster.
Eine Erinnerung wurde in ihm wach und ließ ihn erstarren:
Schmerzensschreie zerrissen die Stille, als Samuel Ackermans zwei engste Freunde von einem Dämon gefoltert wurden. Das Geräusch brach Samuel das Herz.
»Aufhören, aufhören! Bitte, lass sie in Ruhe.«
Die Hexe drehte sich zu ihm, gewiss, dass er ihr geben würde, was sie wollte. »Samuel, du weißt doch, wie es läuft. Was wirst du für mich tun?«
»Mach das nicht, Susan! Bitte, hör auf!«
»Du hast mich bestohlen.«
»Du weißt, dass das, was du tust, falsch ist. Wie konntest du dich von Gott abwenden? Von allem, was gut ist auf der Welt?«
»Wer bestimmt, was gut ist? Was hat Gott jemals für mich getan?« Sie schwenkte ihren Arm zum Wohnzimmer, wo ein Sukkubus und ein Inkubus William und Tessa Burns peinigten. Sie waren komplett ausgezogen worden, konnten sich nicht bewegen, nichts gegen die scheußlichen Akte sexueller Gewalt ausrichten, die man an ihnen beging. Samuel wurde verschont, weil es für ihn die schlimmere Folter darstellte, zusehen zu müssen. Er hatte dieses Leid über seine Freunde gebracht, weil er versuchte, das Richtige zu tun. William und Tessa wussten
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