Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
ich.«
»Das befürchte ich ja gerade«, flüsterte sie.
Er hob ihr Kinn an. »Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass du keine Angst haben musst. Könnte ich sie dir doch nur nehmen! Was ich dir allerdings versprechen kann, ist, dass ich für dich da bin, für uns. Ich gehe nicht fort.«
Moira wollte die Hoffnung nicht, die sich in ihr regte, denn irgendetwas oder irgendjemand würde dies hier gewiss kaputt machen. Dennoch fühlte sie sich ein klein wenig unbeschwerter, als gäbe es tatsächlich eine Chance, diesen Krieg zu überleben.
Rafe nahm sie in seine Arme und hielt sie fest. Mehrere Minuten später meinte er: »Wir fahren lieber zur Polizei, bevor Detective Nelson mit einem Spezialkommando hier hereinstürmt.«
»Zuerst …« Moira biss sich auf die Unterlippe. Wie sollte sie ihn das fragen, nach dem, was eben geschehen war? »Rafe, ich muss wissen, was für eine Vision du hattest.«
»Vision?«
»Bei Wendy. Als wir unten waren, hattest du eine Vision, das weiß ich. Du warst eine gute Minute lang weg. Du musst mir vertrauen, Rafe, so wie ich dir vertrauen muss und auch will. Sag mir nur die Wahrheit!«
Er trat zurück und schaute sie an. Moira betete, dass er nicht versuchte, sie anzulügen. Dann antwortete er: »Es war keine Vision.«
»Was war es dann?«
»Eine Erinnerung – und nicht meine.« Er lehnte sich an den Schreibtisch und verschränkte die Arme vor seiner nackten Brust. »Weißt du noch, wie ich dir von den Erinnerungen an Pater Tucci und Pater Salazar erzählt habe? Anthony dachte, dass sie mit dem zusammenhängen, was Dr. Bertram mit mir gemacht hat, als er mich ins Koma versetzte.«
»Natürlich erinnere ich mich.« Jene Erinnerungen hatten ihnen die wesentlichen Hinweise geliefert, wie sie den Dämon Neid schlagen konnten. Und sie hatten Rafe beinahe umgebracht.
»Diese war ähnlich. Als Fiona mich gefangen hielt, wollten sie Informationen von mir. Ich glaube, ihnen war nicht klar, dass ich die Erinnerungen jener hatte, die in Santa Louisa ermordet wurden.«
Moira wusste nicht, was sie sagen sollte. Es klang alles so unwahrscheinlich; andererseits hatte sie die Todesprägung von Craig Monroe gesehen. »Wie ein Erinnerungsabdruck?«, fragte sie.
»Als du mir erzählt hast, was in der Gasse passierte, habe ich mich gefragt, ob dasselbe in der Mission geschehen sein könnte. Die Priester waren unter Drogen gesetzt worden und halluzinierten. Ihre schrecklichsten Erinnerungen wurden real, und sie durchlebten ihre schlimmsten Traumata wieder und wieder. Sie versuchten alles, um die abscheulichen Gedanken aus ihren Köpfen zu vertreiben, weil sie nicht tagtäglich mit diesen Bildern leben konnten. Der Hexenzirkel wollte sie zum Morden treiben, indem sie die Priester von Santa Louisa zwangen, die Grausamkeiten, die sie mitansehen mussten und die zu bekämpfen sie gekommen waren, wieder und wieder zu erleben. Und wenn sie diese Gewalt wiederholt durchmachten, während ich in der Kapelle war … Ich weiß nicht, es hört sich verrückt an, aber … in dem Moment, in dem wir letzte Nacht die Tür öffneten, roch ich etwas Vertrautes, das ich nicht zuordnen konnte, und dann kam die Erinnerung. Sie fühlte sich an, als wäre ich Samuel Ackerman. Er hat nie erzählt, was ihm Furchtbares widerfahren war, das ihn nach Santa Louisa führte, aber jetzt weiß ich es. Ich kenne die Wahrheit.« Seine Stimme versagte.
Moira ging zu ihm, legte eine Hand an seine Brust und fühlte, dass sein Herz viel zu schnell schlug.
»Es war entsetzlich. Ich kann nicht …«
»Rafe, bitte, erzähl es mir! Sperr das nicht in dir ein! Haben jene armen Männer nicht genau deshalb gelitten? Weil sie alles unterdrückten, bis die Hexen es nutzten, um sie damit in den Wahnsinn zu treiben?«
Rafe schloss die Augen. Er wollte Moira die Wahrheit nicht sagen, und doch verdiente sie seine Ehrlichkeit. Zudem hatte sie recht: Wenn er sie für sich behielt, würden die Bilder ihn um den Verstand bringen. »Pater Samuel war ein Gemeindepriester hier in Los Angeles.« Statt dagegen zu kämpfen, ließ Rafe die Erinnerungen zu, und prompt fluteten sie sein Denken.
»Samuel Ackerman nannte Susan seine Schwester, obwohl sie nicht blutsverwandt waren. Sie wuchsen zusammen bei Pflegeeltern auf und verloren sich aus den Augen, als Samuel mit achtzehn ans College ging. Irgendwann trat Susan wieder in sein Leben. Er wusste nicht warum, war aber anfangs überglücklich, seine Pflegeschwester gefunden, eine Familie zu haben. Susan
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