Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
de Sade
M oira ließ die Hexe ins Zimmer und schloss die Tür hinter ihr. Die Frau blickte auf den Dolch in Moiras Hand, doch Moira machte keine Anstalten, ihn wegzustecken.
»Wer sind Sie, und was wollen Sie?«, fragte Moira.
»Ich bin Julie Schroeder. Bitte, ich habe niemanden, an den ich mich wenden kann. Ich brauche Ihre Hilfe!«
»Ich kenne Sie nicht, und Sie sind eine Hexe. Bei mir macht das zwei glatte Minuspunkte.« Aber der Name der Frau kam ihr bekannt vor. Ja, Jackson hatte sie letzte Nacht erwähnt. Julie gehörte zu Wendys Hexenzirkel.
Julies Augen huschten von Moira zu Rafe, der sich ein schwarzes T-Shirt übergezogen hatte – identisch mit dem, das Moira zerschneiden musste, um seine Wunde zu reinigen. Die Hexe war nervös und ängstlich, bewies allerdings einigen Mut, indem sie zu ihnen gekommen war. »Sie sind Moira O’Donnell«, sagte Julie, als wäre es die Antwort auf alles. »Sie sind die Einzige, die den Zauber umkehren kann.«
»Und stopp! Ich habe nichts mit Zauberei am Hut, basta! Wie haben Sie uns überhaupt gefunden?«
»Ich habe es mit einem klassischen Zauber versucht, aber er brachte nichts.«
»Magie wirkt bei mir nicht«, erklärte Moira. Das stimmte nicht ganz. Fiona hätte sie vor zwei Wochen beinahe mit Magie getötet. Trotzdem war es ihr selbst mit ihrer sehr starken schwarzen Magie nie gelungen, Moira zu finden. Daher bezweifelte Moira, dass es einer jungen Hexe wie Julie gelänge.
»Deshalb habe ich die altmodischen Methoden angewandt. Ich bin die Notizen von meinem Freund durchgegangen.«
»Freund?«
»Grant. Detective Nelson. Wir waren letzte Nacht zusammen, nachdem das mit Nadine passiert ist.«
»Sie schlafen mit dem Detective?«, fragte Moira perplex. Sie hatte keine Magie an Grant Nelson gefühlt. Hatte sie etwas übersehen oder er einen Weg gefunden, seine Aura vor ihr zu verbergen?
»Grant und ich … wir haben eine Beziehung.«
»Na klasse!« Moira stapfte an Julie vorbei zum Fenster und sah auf den Parkplatz hinunter. Fast rechnete sie damit, eine Armee von Hexen zu entdecken, die sie auf dem Scheiter haufen verbrennen oder, schlimmer noch, sie zu ihrer Mutter bringen wollten.
Sie war nicht hundertprozentig sicher, dass ihre hochempfindlichen Sinne stets so arbeiteten, wie sie sollten, aber bei einer Hexe oder einem Dämon hatte sie sich noch nie geirrt.
Nun, für alles gab es ein erstes Mal.
Also riskierte sie es, drehte sich zu Julie um und sagte: »Nelson ist kein Hexer.«
»Nein, natürlich nicht. Mein Zirkel ist rein weiblich.«
»Richtig, Sie opfern einem Sukkubus männliche Seelen. Sehr emanzipiert.«
»Bitte, Grants Leben ist in Gefahr! Ich wäre nicht zu Ihnen gekommen, wenn ich eine andere Wahl hätte. Moira, Sie sind meine einzige Hoffnung!«
»Sehe ich etwa aus wie Obi-Wan Kenobi?«
Rafe legte eine Hand auf Moiras Schulter und drückte sie sanft, ehe er sagte: »Julie, erzählen Sie uns bitte alles von Anfang an!«
»Grant kam in den Club, nachdem Nadine gestorben war. Ich sollte eigentlich mit zu ihm fahren, aber stattdessen fuhren wir zu meinem Apartment. Ich habe Wendy gesagt, dass er es unbedingt wollte, dabei wollte ich ihn nur retten. Wendy killt mich, wenn sie hiervon etwas erfährt.«
»Und das interessiert mich weshalb?«, fragte Moira spitz.
»Warte!«, unterbrach Rafe. »Warum sollten Sie mit zu ihm fahren?«
»Weil Wendy vorhatte, einen Sukkubus hinzuschicken. Sie wollte keine Probleme mehr im Club. Uns bleibt nicht viel Zeit. Irgendwann nach Sonnenuntergang kommt der Sukkubus zu Grant. Ich will ihn nicht verlieren!«
»Erzählen Sie es ihm«, entgegnete Moira. »Sagen Sie ihm, dass er das Ziel eines Dämons ist, und warten Sie ab, was er tut.«
»Sind Sie wahnsinnig?«
»Das müssen ausgerechnet Sie fragen?«
Wieder drückte Rafe Moiras Schulter. Mann, das tat weh!
»Julie«, fuhr er mit seiner ruhigen, beherrschten – und sehr verführerischen – Therapeutenstimme fort, »wir können Grant schützen, aber dazu müssen wir alles über das Ritual wissen, mit dem Wendy den Sukkubus gerufen hat.«
Moira musste sich auf die Zunge beißen, um nicht energisch zu widersprechen. Auf keinen Fall würde sie einer Hexe helfen, es sei denn, Julie gab die Magie auf! Nur konnte sie schlecht Grant Nelson sterben lassen, weil eine Hexe ihn verflucht hatte.
»Ich wollte den ganzen Tag bei ihm bleiben«, erzählte Julie sichtlich verlegen. »Aber irgendetwas ist mit ihm passiert. Ich weiß nicht, was. Er ist gar nicht er
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