Blutzeichen
herab.
Es verschlug ihm den Atem, er lehnte sich kurz gegen die Wand, um wieder Luft zu holen.
Als sein Keuchen leiser wurde, lauschte er.
Irgendwo in der Ferne außerhalb des Lichtkegels tropfte Wasser.
Er hörte eine Bewegung hinter sich und drehte sich mit der Taschenlampe blitzschnell um.
Es war nichts zu sehen, doch das Geräusch wiederholte sich.
Als der Lichtstrahl den Boden traf, sah er eine fette Ratte, die Männchen machte und ihn mit funkelnden Augen ansah.
Dann sauste sie zurück in Richtung Treppe, während Horace in der entgegengesetzten Richtung weiterging. Der Gang machte jetzt eine Kurve, verzweigte sich, machte wieder eine Kurve und führte vorbei an Nischen und verschiedenen Räumen – einer der Räume mit niedriger Decke war mit leeren Weinregalen gefüllt, in einem anderen Raum standen verbrannte und zersplitterte Reste eines Bettrahmens. In diesen Räumen und Tunneln schlief eine grauenvolle Vorahnung, die Horace spüren konnte. Fürchterliche Dinge waren hier geschehen.
Wieder kam er an eine Ecke und verlor langsam die Orientierung. Der Keller schien über den Grundriss des Hauses hinauszugehen, inzwischen hatte er Zweifel, ob er den Weg zur Treppe wiederfinden würde.
Er blieb an der Ecke stehen und leuchtete mit der Taschenlampe die nächsten drei Meter des Durchgangs aus.
Ein eisiger Wassertropfen fiel auf seine Haare.
Er schaute nach oben.
Ein weiterer Tropfen landete auf seiner Nase.
Horace wischte sich durchs Gesicht und ging weiter.
Kurz darauf erreichte er wieder eine Gabelung.
Er blieb stehen, blickte zurück in die Richtung, aus der er gekommen war, und versuchte sich an seinen bisher genommenen Weg zu erinnern, denn er hatte beschlossen, zu der Treppe zurückzukehren und diesen Ort zu verlassen.
Er hörte etwas, drehte sich um und spähte in die beiden Tunnel. Das Geräusch kam aus dem linken und es waren weder scharrende Rattenpfoten noch tropfendes Wasser.
Als Horace den Gang ausleuchtete, überlegte er, ob der Lichtkegel schwächer geworden war. Er schien weicher und nicht mehr so fokussiert.
Er wagte sich weiter vor.
Dieser Gang war gerade und eng, das Geräusch wurde jetzt lauter, ein metallisches Klincklincklink.
Im Lichtstrahl war rechts in etwa drei Metern Entfernung eine breite Türöffnung zu erkennen.
Das Klink schien von dort zu kommen.
Horace schaltete die Taschenlampe aus und tastete sich in der Dunkelheit die Steinwand entlang, um zu erfühlen, wann er die Öffnung erreicht hatte.
Schon bald fühlte er die Lücke in der Wand.
Das Klirren hatte aufgehört.
Er trat über die Schwelle und dachte: Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet.
Sein Fuß berührte etwas.
Bewegung unter ihm.
Kettengerassel gegen Stein.
Er schaltete die Taschenlampe ein.
Der Lichtkegel traf die völlig verängstigten Gesichter zweier Frauen und das von Andrew Thomas, alle drei mit Handschellen und Ketten an einem Eisenring in der Raummitte gefesselt.
Sie sahen völlig abgekämpft aus – dreckige Gesichter mit Blutergüssen und Spuren getrockneten Blutes. Doch sie zitterten und schienen sehr lebendig.
Horace trat entsetzt einen Schritt zurück und musste unwillkürlich lächeln.
Reich, Held, berühmt, Schriftsteller Andrew –
Thomas fragte: »Wer sind Sie?«
Horace legte einen Finger an die Lippen, kniete bei den Füßen der Gefangenen nieder und flüsterte: »Ich heiße Horace Boone und ich bin gekommen, um Sie hier rauszuholen.«
Eine der Frauen begann zu weinen.
Die andere fragte: »Sind Sie vom FBI?«
Horace schüttelte den Kopf.
»Sie kommen mir bekannt vor«, meinte Andrew.
»Ich bin Ihnen seit Haines Junction gefolgt.«
Horace leuchtete auf die Handschellen um Andrews Handgelenke.
»Sie sind mir gefolgt? Wie haben Sie mich gefunden – «
»Darüber reden wir, wenn wir in Sicherheit sind. Nur weiß ich nicht, wie ich diese Dinger aufkriegen soll.«
Er klopfte auf die Stahlhandschellen.
Die weinende Frau sagte: »Eine Hand habe ich rausgezogen, aber die andere krieg ich nicht raus.«
»Horace«, sagte Andrew, »wir haben in der Nähe Hämmern und Sägen gehört. Sehen Sie nach, ob Sie irgendwo eine Axt oder so was finden können.«
Horace erinnerte sich an den Raum mit dem Eichenstuhl. Dort hatte er Werkzeug auf dem Boden liegen sehen.
»Wie viel Uhr ist es?«, fragte eine leise, matte Stimme.
Horace beleuchtete das Gesicht der kleinen Blondine, die er zusammen mit Andrew gesehen hatte.
»Noch nicht mal Mitternacht«, sagte er. »Wir
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