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Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Briefkasten geparkt. Ich will nur ein Buch über – «
    »Und Sie sind alleine hier?«
    »Ja, Sir. Es tut mir Leid. Ich weiß, ich hätte nicht – «
    »Nun, Luther. Was meinst du? Sollen wir ihm einen Vorsprung geben?«
    »Verdammt, nein!«
    Plötzlich brannte der Lichtstrahl einer Taschenlampe in Horaces Augen.
    Er sah einen 71er Gewehrlauf, hörte, wie das Gewehr geladen wurde, und warf sich auf den Boden, als das Licht ausging.
    Es sah aus wie eine orangefarbene Blüte.
    Ein ohrenbetäubender Knall.
    Er roch das Schießpulver, als das großkalibrige Schrot den Stein hinter ihm traf.
    Im nächsten Moment war Horace wieder auf den Beinen und rannte blindlings in die Dunkelheit.

57. Kapitel
     
    Es war später Nachmittag, als das Licht durch die Steinmauer schien und auf dem Fels einen ovalen Fleck erhellte.
    Beth mühte sich auf die Füße.
    Die Handschellen und ein 40 cm langes Stück Kette baumelten von ihrem linken Handgelenk. Sie hatte mehrere Stunden vergeblich versucht, ihre Hand freizuquetschen.
    Beth stand barfuß in ihrem dreckigen, gelben Satinschlafanzug und schaute auf Andy und Violet hinab.
    Letzte Nacht hatten sie in der Dunkelheit eng beisammengekauert, den Gewehrschüssen gelauscht und überlegt, was wohl aus dem jungen Mann geworden war.
    »Komm her«, flüsterte Andy.
    Sie kniete sich hin, ihre Gesichter im staubigen Zwielicht ganz nah beieinander.
    »Beth, versuch nur, hier rauszukommen. Das ist das Wichtigste. Bring dich irgendwo in Sicherheit, bevor du versuchst, irgendetwas zu unternehmen.«
    Sie nickte und rutschte hinüber zu der jungen blonden Frau, deren ehemals schicker schwarzer Anzug nun wie Lumpen an ihr herabhing.
    »Violet«, flüsterte sie, berührte deren Gesicht und fuhr mit den Fingern über die dreckigen, verklebten Haare. »Du wirst dein Baby kriegen.«
    Vis Augen wurden feucht.
    »Alles Gute, Beth.«
    Und Beth stand auf, trat aus dem Gewölberaum in den Tunnel und blickte zurück auf ihre im schwachen Sonnenlicht kaum erkennbaren Zellengenossen.
    Dann ging sie in den Gang hinein.
    Nach drei Schritten war sie von kompletter Dunkelheit umgeben. Sie tastete sich mit der rechten Hand an der Wand entlang. Gelächter hallte durch die Dunkelheit, der Lehmboden unter ihren Füßen war kalt. Sie dachte an ihre Kinder. Verbannte sie aus ihren Gedanken und dachte: Nur hier rauskommen, unter blauen Himmel und von hier weg.
    Sie ging in drei Sackgassen, bevor sie das Licht sah.
    Es kam von einer sieben Meter entfernten Türöffnung.
    Die vom Handgelenk baumelnde Kette klopfte gegen die Steinmauer.
    Mit weichen Knien kroch sie weiter, bis sie die Stimmen deutlich verstehen konnte.
     
    Rufus ließ die Holzlatte vorsichtig los, die er gerade fünf Minuten lang gegen das Rückenteil des Stuhls gepresst hatte. Die Latte würde als Halterung für die schweren Kupferdrähte dienen, die in vier Bahnen das Rückenteil entlangliefen. Jetzt, da der Holzleim gehärtet war, trat Rufus zurück und bewunderte seinen Stuhl. Er sah zwar ungehobelt aus, aber gleichzeitig erschreckend wirkungsvoll.
    Er würde so wunderbar tödlich sein.
    Maxine saß in einer Ecke und las Daheim in Mitford.
    Luther stand über ein Stück Kupferblech gebeugt.
    »Papa, was hast du mit der Eisensäge gemacht? Ich brauch sie noch kurz, kann sie aber nicht finden.«
    »Hab sie nicht gesehen.«
    »Mom, du hast sie nicht genommen, oder?«
    Maxine schaute aus ihrem Buch auf.
    »Sehe ich so aus, als hätte ich Verwendung für – «
    »O nein.«
    »Was?«, fragte Rufus.
    Luther stand auf.
    »Du glaubst doch nicht, dass unser Besucher sie genommen hat?«
    »Nein.«
    »Nun, siehst du sie denn hier? Ich hab sie nicht genommen. Du hast sie nicht genommen. Mutter hat sie verdammt noch mal auch nicht gebraucht.«
    »Du sollst nicht fluchen, Junge.«
    »Der Mistkerl« – Luther blickte zu seiner Mutter – »ist doch nicht abgehauen.«
    »Liebes, waren sie alle noch angekettet, als du ihnen heute Morgen das Essen gebracht hast?«
    »Ach, Schatz, daran kann ich mich nicht erinnern. Ich habe nicht darauf geachtet. Was für eine Frage ist das? Natürlich waren sie angekettet.«
    »Wir sehen besser nach, Sohn.«
    Rufus und Luther waren halb zur Tür raus, als sie das Dingdong hörten.
    Die Türklingel war erst kürzlich mit einem Verstärker an der Treppe verbunden worden, und sie starrten ihn noch verwundert an, als es zum zweiten Mal klingelte.
     
    Beth stand starr vor Schreck und beobachtete, wie die ganze Kite-Familie in den Gang trat.

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