Blutzeichen
ging auf. Er probierte den nächsten Türknauf, und obwohl er sich nicht drehen ließ, schien die Tür nicht wirklich verschlossen.
Er drückte seine Schulter gegen die Tür.
Sie sprang auf.
Horace betrat die Küche und machte die Tür hinter sich sorgfältig wieder zu.
Im ganzen Haus schien kein einziges Licht zu brennen noch war irgendein Geräusch zu hören.
In der Küche roch es nach rohem Fisch und Essig.
Horace schlich vorwärts. Der rissige Linoleumboden knarrte.
Nach drei weiteren Schritten hatte er die Verbindung zu zwei Fluren erreicht, von denen einer zur vorderen Tür führte, der andere sich über das gesamte Erdgeschoss erstreckte und in dem Raum endete, dessen einzige Lichtquelle aus dem schwachen, dunklen Glimmen der ausgehenden Glut bestand, die er von draußen gesehen hatte.
Horace kroch über das staubige Parkett den Flur entlang, der an der Treppe vorbei in die Eingangshalle führte.
Irgendetwas knallte.
Horace zuckte zusammen.
Es war nur das Feuer, das an dem Saft der Holzscheite leckte.
Er betrat das Wohnzimmer, stellte sich vor den Kamin und streckte seine Hände der aufsteigenden Hitze entgegen. Schatten flackerten in sanften Bewegungen über Wände und Decke. Die Flammen zischten leise. Trotz des Rauchs konnte er das Alter und die Vernachlässigung dieses betagten Hauses riechen.
Horace drehte sich um und ließ sich vom Feuer den Rücken wärmen. Er blickte durch den langen Raum zur Treppe. Nagende Neugier zog ihn von der Wärme, dem Licht und den Geräuschen des Feuers weg in die Eingangshalle.
Plötzlich stand er unter der dunklen Treppe und starrte auf eine verschlossene Tür, die nur bis auf Augenhöhe reichte. Er holte die Taschenlampe aus der Tasche. Im Lichtschein sah er ein Vorhängeschloss vor der Tür.
Ich habe beobachtet, wie Luther etwas von der Wand nahm.
Horace leuchtete die Wand um die Tür ab. Rechts neben dem Türrahmen hing an einem Nagel ein glänzender Schlüssel.
Er steckte ihn ins Schloss.
Die Tür ging nach innen auf und aus der Dunkelheit umfing ihn kalte, feuchte Luft.
Er roch Stein und Wasser, Schimmel und Erde, als stünde er am Eingang einer Höhle. Auch wenn er die Dunkelheit noch nicht mit seiner Taschenlampe ausgeleuchtet hatte, so stand für ihn außer Frage, dass diese Tür nicht nur unter das Haus der Kites führte.
Die Haare auf seinen Armen hatten sich senkrecht aufgerichtet und in seinem Gehirn schrillte eine Alarmsirene, doch da er sich noch nie so lebendig gefühlt hatte und daher Angst mit Adrenalin verwechselte, stieg er hinab in die Dunkelheit.
54. Kapitel
Horace hielt den Strahl der Taschenlampe auf die brüchigen Treppenstufen gerichtet. Sie knarrte, als stünde Gott persönlich auf ihnen – insgesamt zweiundzwanzig –, und je tiefer er kam, desto kälter wurde es. Unten angekommen, war sein Atem als staubiger Dampf im Lichtkegel der Lampe wieder sichtbar.
Schließlich stand Horace auf Lehmboden.
Er leuchtete mit der Taschenlampe die Treppe hinauf. Die Tür am oberen Absatz erschien ihm Meilen entfernt.
Der Keller war still und schwarz. Horace stellte sich vor, wie er am nächsten Morgen im Cafe in Ocracoke an einem Tisch in der Nähe des Fensters sitzen und in der frühen Morgensonne bei einer Tasse Kaffee diese Szene hier aufschreiben würde. Es würde großartig sein. Es würde sicher sein.
Horace ließ den Lichtstrahl langsam kreisen, um sich einen Überblick zu verschaffen.
Was er sah, machte ihm Angst – Türen, die ins Nichts führten, steinerne Korridore, minderwertige Kabel, die sich die Wände emporschlängelten. Er schauderte, trat von den Stufen weg und leuchtete in den breitesten Durchgang, der hinter der Treppe in scheinbar unendliche Dunkelheit führte.
Ihm kam in den Sinn, dass man verrückt sein musste, um einen derartigen Tunnel zu betreten, und einen Moment lang zog er es durchaus in Betracht, die Treppe wieder hinaufzusteigen und durch die Küche in den mondbeschienenen Garten zu fliehen. Sein Bett im Harper Castle erschien ihm reizvoller denn je, doch er riss sich zusammen, umklammerte die Taschenlampe und ging den Gang hinunter.
Er bewegte sich langsam und leuchtete mit der Taschenlampe die Wände und den Boden ab.
Je weiter er ging, desto schmaler wurde der Durchgang.
Horace kam an einer Türöffnung vorbei und leuchtete kurz in den Raum. Dabei erblickte er einen Eichenholzstuhl, der sich offensichtlich noch in der Konstruktionsphase befand; Drähte und Lederschlaufen hingen von ihm
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