Boardwalk Empire
einem Interview mit Richard Jackson.
59 Für folgende Informationen vgl. Alexander, J.: Boss On The Spot. Saturday Evening Post, 26 . 08 . 1939.
60 Gosch, M . A . u. Hammer, R.: The Last Testament of Lucky Luciano. Little Brown and Company, 1974.
61 Kobler, J.: The Life and World of Al Capone. G . P. Putnam’s Songs, 1971.
62 Zum Kidnapping von Nucky Johnson: vgl. Kendrick, Alexander. Artikel aus dem Philadelphia Inquirer, 19. Mai1939.
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Schlechte Zeiten für Nucky
Ralph Weloff und Nucky Johnson trafen zur selben Zeit in der Lobby des Ritz Carlton ein. Weloff betrat das Hotel durch den Haupteingang, Nucky kam gerade aus dem Aufzug. Keiner von beiden hatte mit dem anderen gerechnet. Weloff wollte gerade in den neunten Stock fahren, um seinen Boss zu sehen, und der war auf dem Weg zu seinem Nachmittagsspaziergang auf dem Boardwalk. Nucky hatte er erst später erwartet, aber der wollte jetzt mit ihm reden. Nucky bemerkte, dass Weloff aufgeregt war, aber er nahm den Umschlag wortlos entgegen, den dieser ihm reichte. Während Nucky das Geld zählte, die üblichen 1200 pro Woche, bedeutete er Weloff, ruhig zu bleiben. Dann fragte er, was ihn bedrückte. Weloff wollte lieber in Nuckys Suite weiterreden, aber der bestand darauf, die Sache hier und jetzt zu regeln. Weloff konnte sich nicht beherrschen und wurde laut, was Nucky verstimmte, der ihn daraufhin ebenfalls anschrie. Jeder in der Lobby konnte hören, was die beiden zu besprechen hatten. Weloff war ein Vertreter der örtlichen Zahlenlotterie. Er berichtete, dass sich ein unabhängiges Lotterie-Kartell gegründet hätte, ohne dass das Sittendezernat etwas dagegen unternahm. Johnson versicherte ihm, dass es sich dabei bestimmt um ein Missverständnis handelte. Die Leute vom Dezernat kannten ihre Aufgabe und führten Listen darüber, wer zahlte und wer nicht. Nucky versprach, mit Detective Gold zu reden und die Dinge in Ordnung zu bringen. Weloff solle sich wieder melden, wenn Gold die Angelegenheit nicht bereinigte.
Nuckys aufwändiger Lebensstil und seine schamlose Missachtung der Gesetze hätte ihn eigentlich längst ins Visier der Strafverfolgungsbehörde rücken müssen, aber in den zwanzig Jahren seiner Funktion als städtischer Machthaber traute sich kein Gericht von New Jersey, ihn zu belangen. Seit Woodrow Wilson hatte sich niemand mehr mit ihm angelegt. Nucky und seine Stadt standen offenbar über dem Gesetz. Das sollte sich in den 30er-Jahren ändern.
Die Wirtschaftskrise traf Atlantic City ebenso hart wie den Rest des Landes. Als die amerikanische Wirtschaft kollabierte, brach auch der Tourismus zusammen. Zwar kamen noch vereinzelte Arbeiter aus Philadelphia, aber sie blieben nur tagsüber und spielten ein bisschen in den Kasinos. Die Boardwalk-Händler verschuldeten sich, und viele Traditionsbetriebe gingen bankrott. Fast alle der großen Hotels auf der Promenade schrieben rote Zahlen, zehn von vierzehn Bankhäusern mussten schließen und rissen Investoren mit in den Ruin. Der Immobilienmarkt schrumpfte auf ein Drittel seines Höchstwertes von 317 Millionen Dollar im Jahr 1930 zusammen, und der Steuersatz war der höchste im Bundesstaat, wodurch viele ihre Häuser in Zwangsversteigerungen verloren. Am Ende der 1930er-Jahre lag die Pro-Kopf-Verschuldung zwischen 3 0 000 und 10 0 000 Dollar und war damit die höchste des gesamten Landes.
Die Aufhebung der Prohibitionsgesetze im Jahr 1933 verschlimmerte die Lage. Das Land sollte auf diese Weise einen Aufschwung erfahren, Atlantic City stürzte dadurch in noch ärgere finanzielle Nöte. Nun verlor man nicht nur die Kundschaft aus Philadelphia, sondern vor allem den Wettbewerbsvorteil durch den illegalen Verkauf von Alkohol, den man vierzehn Jahre lang gehabt hatte. Dennoch ging es Nucky und seinen Geschäftsfreunden auch weiterhin nicht schlecht.
Während die Wirtschaft auf dem Boden lag, florierten die illegalen Geschäfte. Das wurde von auswärtigen Zeitungen heftig kritisiert, vor allem die des Verlagsmagnaten William Randolph Hearst, die jetzt besonders leidenschaftlich gegen die Korruption in Atlantic City anschrieben. Während der Prohibition war Hearst regelmäßiger Gast in Atlantic City gewesen, und genau wie Nucky jagte er hinter jedem Rockzipfel her. Hearsts Geliebte war eine Tänzerin in dem bekannten Nachtklub Silver Slipper Saloon. Nucky freundete sich ein bisschen zu intensiv mit ihr an, und als Hearst davon Wind bekam, gerieten die beiden aneinander. »Ein Barkeeper hörte, wie
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