Boardwalk Empire
wussten, dass es sich dabei um Bestechungsgelder für die Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags handelte, aber niemand störte sich daran. Das zeigte, wie groß Nuckys Einfluss und wie durch und durch korrupt das Gerichtswesen in Atlantic County war: Bestechungsgelder gingen als Betriebsausgaben durch. Bader, Donahue und Graham wurden verhaftet, aber ein einziger Bestechungsvorwurf über 1 0 000 Dollar reichte nicht, um Nucky wegen Steuerhinterziehung anzuklagen.
Special Agent William Frank war besessen davon, noch mehr Beweise gegen Nucky zu sammeln. Er hasste Nucky, für ihn wurde die Untersuchung zu einer persönlichen Auseinandersetzung. Frank wies seine Leute an, noch weitere öffentliche Projekte zu untersuchen. Der Bau eines neues Bahnhofs in Atlantic City stach ihnen dabei besonders ins Auge. 1933 ordnete die New Jersey Public Utilities Commission (PUC) eine Zusammenlegung der beiden Eisenbahnlinien Atlantic Citys an, und es musste ein gemeinsamer Bahnhof gebaut werden. In einer Zeit, als es aufgrund der Wirtschaftskrise kaum Arbeit für Baufirmen gab, sicherte Johnson dem Unternehmen A . P. Miller, Inc. einen Auftrag über 2,4 Millionen Dollar zu. A . P. Miller war die Firma von Tony Miller, einem seiner Verbündeten. Nucky konnte sich seine Baufirma praktisch selbst aussuchen, denn Atlantic Citys Bürgermeister Harry Bacharach saß bei der PUC als Vertreter der Stadt im zuständigen Ausschuss und befolgte Nuckys Anweisungen.
In den Büchern von A . P. Miller fanden die Behörden eine Zahlung über 6 0 000 Dollar an den Anwalt Joseph A. Corio. Der Gesamtumsatz aus dem Auftrag belief sich auf circa 24 0 000 Dollar, aber die Steuererklärung der Firma wies lediglich Anwaltskosten von 1150 Dollar auf. Die Gesamtsumme von 6 0 000 Dollar wurde bar an Corio gezahlt, sie tauchte nicht in seinen Kontoauszügen auf.
Joe Corio war ein guter Freund von Nucky Johnson. Er stellte sicher, dass die italoamerikanische Gemeinde der Stadt geschlossen für Nucky stimmte. Über die Jahre hinweg hatte Corio Nucky zahlreiche Gefallen getan, und Nucky vermittelte ihm im Gegenzug Klienten und verschaffte ihm einen Posten als Abgeordneter und Schriftführer der Abgeordnetenkammer von New Jersey und schließlich als Richter des Zivilgerichts. Zu Corios ehemaligen Klienten gehörte unter anderem A . P. Miller, Inc.
Corios Steuererklärung von 1935 wies ein Jahreseinkommen von 2 0 800 Dollar auf, er stimmte daher einer Unterredung mit den Beamten in seiner Kanzlei zu. Auf die 6 0 000 Dollar angesprochen, behauptete er, dass 4 0 000 davon Ausgaben waren, ihm fehlten aber die Belege dafür. Als die Beamten ihn wegen der Belege unter Druck setzten, warf sich Corio seine Robe über und stolzierte erzürnt auf und ab, weil man seine Integrität anzweifelte. Corios selbstgerechte Art provozierte Frank nur noch mehr, und er wies seine Agenten an, Corios Konten genauer zu prüfen. Sie hatten Glück, denn Corios Bank bewahrte Kopien aller Schecks ihrer Kunden auf.
Ein paar Tage später, nachdem sie Corios Geschäftsbücher durchforstet hatten, konfrontierten die Beamten ihn damit, dass besagte 4 0 000 Dollar nicht belegbar waren. Corio gab nun zu, seine Steuererklärung nicht korrekt angefertigt zu haben, und akzeptierte sämtliche Nachzahlungen und Strafen, die man ihm auferlegte. Er wollte »die Sache einfach nur hinter sich bringen«, aber das FBI ließ sich auf keinen Deal ein, sondern bestand auf eine vollständige Aufklärung über den Verbleib der 6 0 000 Dollar und drohte Corio mit einer Anklage wegen Steuerhinterziehung.
Doch Corio schwieg und bemühte sich von Oktober 1937 bis April 1938 , die Steuerschuld zu tilgen, um der Strafverfolgung zu entgehen. Nucky engagierte die besten Anwälte und richtete ein Bittgesuch an Generalstaatsanwalt Robert H. Jackson. Zum Prozess gegen Corio kam es dennoch. Im Mai 1938 klagte ihn die Grand Jury der Steuerhinterziehung und Falschaussage gegenüber der Steuerbehörde an. Der »ehrwürdige« Corio brach zusammen und musste den Rest des Jahres in einer Klinik verbringen.
Der Fall Corio sollte im Januar 1939 neu verhandelt werden. Als Corio einsah, dass er eine Verurteilung nicht verhindern konnte, begann er zu reden. Im Gegenzug bot man ihm Straffreiheit an, und Corio gab zu, dass die 6 0 000 keine Betriebsausgaben waren, sondern eine Provisionszahlung im Zusammenhang mit dem Bau des Bahnhofs. Corios Aussage kam überraschend, die meisten hatten gedacht, er ginge für Nucky ins
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