Bobbie Faye 01 - Schlimmer Geht Immer
auch den Motor zu treffen. Als sie Roy irgendetwas über die Berichterstattung im Fernsehen plappern hörte, war sie sofort wieder ganz Ohr.
Roy beobachtete, wie Vincent auf eine Fernbedienung drückte und sich eine ebenholzvertäfelte Blende zur Seite schob. Zum Vorschein kam ein hochmoderner Fernseher mit Satellitenempfang. Das Lokalprogramm wurde für einen aktuellen Nachrichtenblock unterbrochen, darin wurden Luftaufnahmen des Bankparkplatzes gezeigt, auf dem es inzwischen von Polizisten und Reportern nur so wimmelte.
Dann kam eine junge und überaus enthusiastische Reporterin ins Bild, die wild mit den Armen fuchtelte und in Richtung der Bank hinter sich gestikulierte, als glaube sie, gerade an einem Cheerleader-Wettbewerb teilzunehmen. Roy rechnete schon fast damit, dass sie am Ende ihres Beitrags von irgendwoher Pom-Poms hervorzaubern würde. »Wir sprechen hier mit Augenzeugen«, erklärte die Reporterin und fuchtelte mit ihrem Mikrofon vor der Kassiererin Avantee Miller herum, wobei sie es dieser gegen die Nase schlug. »Wie viele Leute waren an dem Überfall beteiligt?«, fragte die Journalistin, ohne zu bemerken, dass Avantee offensichtlich Schmerzen hatte.
»Mindestens sechs«, quiekte Avantee, »und jede Menge Waffen.«
»Hatten Sie Angst um ihr Leben?«
»Oh, absolut. Sie haben den ganzen Laden zusammengeschossen und uns bedroht. Und diese Bobbie Faye, Mann, die ist wirklich unheimlich, wenn sie schlechte Laune hat.«
»Sie haben es gehört, liebe Zuschauer«, schrie die Reporterin in ihr Mikrofon und schwenkte es wieder herum, sodass Avantee sich ducken musste, um ihm auszuweichen. »Diese brutale, hinterhältige Bande, angeblich angeführt von einer Verkäuferin aus dem Ort, Bobbie Faye Sumrall, ist völlig durchgedreht.«
Roy beugte sich vor, als die Aufnahmen der Überwachungskamera eingespielt wurden.
»Hey, deine Schwester sieht ganz schön sauer aus«, stellte Eddie fest und wirkte nicht mehr ganz so gelangweilt. Er legte sogar sein Magazin über Innenarchitektur zur Seite.
Und tatsächlich sah man in einer grobkörnigen Schwarz-Weiß-Aufnahme, wie Bobbie Faye zu Avantee ging, ihr das Geld aus der Hand riss und es dann dem nervösen Mann mit der Waffe reichte. Sie sagte etwas (es gab keinen Ton), und dann rannten plötzlich beide los … und stürzten … und Bobbie Faye griff sich die Pistole und lief zur Tür hinaus.
»Heilige Scheiße!«, rief Roy. »Bobbie Faye, du hast die Bank überfallen.«
5
Pech: 10381
Bobbie Faye: 0
Graffiti, gesehen an einer Brücke
»Ich habe die Bank nicht überfallen!«, brüllte sie ins Handy und lehnte sich vor, als würde Trevors Pick-up dadurch schneller werden. »Ich habe die Bank vielleicht aus Versehen ausgeraubt, was absolut nicht dasselbe ist.«
»Sie haben die Bank ausgeraubt?«, fragte Trevor und schlug mit der Handfläche aufs Lenkrad. »Was zum Teufel hab ich mir nur gedacht? Natürlich haben Sie sie ausgeraubt. Sie hatten eine Waffe. Und ich bin auf Ihre rührselige Geschichte reingefallen.«
»Ich habe Ihnen keine rührselige Geschichte erzählt, Sie Idiot. Ich hab nur auf Ihren Wagen geschossen. Und du«, wandte sie sich wieder an Roy, »solltest mich besser kennen. Die anderen Typen haben sie überfallen. Hätte ich sie ausgeraubt, hätte ich jetzt auch das Geld und das … äh … Ding.« Sie warf Trevor einen flüchtigen Blick zu, weil sie bemerkte, dass er lauschte. »Und dem jagen wir gerade nach.«
»Wer ist wir ?«, fragte Roy.
»Unwichtig.«
»Was zum Teufel ist das für ein Ding, das Sie mitgenommen haben?«, wollte Trevor wissen, doch sie winkte ab. Auf einmal drang der schmeichelnde Bariton eines anderen Mannes über das Handy an ihr Ohr.
»Bobbie Faye«, sagte der Fremde, und trotz seines sanften Tonfalls war ihm eine gewisse Ungeduld anzumerken, »ich will das Diadem haben. Sofort!«
»Ich arbeite daran!«
»Dann arbeite schneller«, erwiderte er, »oder ich fange an, dir deinen Bruder in kleinen Stücken zurückzuschicken.« Er legte auf.
»Warten Sie!« Aber er wartete nicht. Frustriert sank Bobbie Faye in ihren Sitz zurück.
»Was ist hier eigentlich los?«, fragte Trevor. Eine nicht ganz unbegründete Frage, das wusste sie. Doch sie konnte es nicht riskieren, ihm alles zu erklären. Schließlich war er nur wegen der Belohnung dabei. Das Letzte, was sie jetzt noch gebrauchen konnte, war, dass er es sich anders überlegte und sie im Stich ließ.
»Nichts weiter, mein Leben zerbröckelt nur gerade auf
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