Bobbie Faye 01 - Schlimmer Geht Immer
ausstrahlte. Dieser Mann sollte sehr viel öfter lächeln. Sie musste sich innerlich auf die Finger schlagen, damit sie nicht die kleine Narbe direkt unter seinem rechten Auge berührte.
Einen Moment lang standen sie so da und grinsten. Dann marschierten sie gleichzeitig los, um tiefer in den Wald vorzudringen. Sie liefen schnell und wichen dabei Gestrüpp aus, mieden wuchernde Brombeerbüsche voller Dornen und umgingen vorsichtig umgestürzte Bäume, um keine Schlangen, die möglicherweise zwischen den Ästen auf Beute lauerten, aufzuschrecken. Bobbie Faye entdeckte Spuren von Wildtieren und einige Minuten später einen Bereich mit platt getretenem Gras, wo sich in der vergangenen Nacht augenscheinlich mehrere Rehe niedergelegt hatten. Über ihnen breiteten die Farne nach dem Regen wieder ihre Blätter aus und bedeckten damit die dicken, knorrigen Äste alter Eichen, welche sich in der leichten Brise des Waldes wie dicke Zierfransen kräuselten. Die satten Farben und die verschiedenen Gerüche beruhigten Bobbie Faye, und diese Ruhe gab ihr Hoffnung.
Trevor blieb neben einer Kiefer stehen und lauschte auf das Rotorengeräusch eines Helikopters … Moment, er hörte mehrere Helikopter. Es mussten mindestens zwei sein. So viel zum Thema Hoffnung. Bobbie Faye musterte sein Gesicht. Sie beschlich das unheimliche Gefühl, dass er nicht nur wusste, wie viele Hubschrauber es genau waren, sondern auch hätte sagen können, um was für Maschinen es sich dabei handelte, welche Nutzlast sie hatten und wie viele Leute an Bord waren – und all das allein aus dem Geräusch schließend. Zudem war sie noch immer verwirrt darüber, dass er sich in diese ganze Katastrophe, die ja eigentlich nur sie persönlich betraf, überhaupt hatte hineinziehen lassen. Denn eins war ihr inzwischen völlig klar geworden: Er war kein Mann, der sich so einfach in etwas verstricken ließ. Und das machte ihr Sorgen.
Gerade als sie ihn danach fragen wollte, nahm Bobbie Faye aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung wahr. Sie hielt ihn am Arm fest. »Stopp!«, sagte sie eindringlich und in scharfem Tonfall, sodass er augenblicklich erstarrte.
Ohne sich zu bewegen, schaute sie sich um. Sie war sich nicht sicher, was sie gesehen hatte, aber auf unerklärliche Weise war ihr siebter Sinn geweckt worden – ihr Überlebenstrieb. Zu ihrer Überraschung behielt Trevor sie aufmerksam im Auge und wartete ab.
Und dann entdeckte sie das Biest. »Eine Wassermokassinotter«, flüsterte sie Trevor zu, der regungslos stehen blieb.
Die Schlange lag zusammengerollt zwischen den Wurzeln der nächststehenden Kiefer, das Maul weit aufgerissen, während sie sich hin und her wand, bereit, jede Sekunde zuzubeißen.
Ein Schauder nach dem nächsten jagte Bobbie Fayes Rücken hinunter. Sie bekam eine Gänsehaut und erstarrte zu völliger Bewegungslosigkeit. Der Wald und die Sümpfe um sie herum wimmelten nur so von allen möglichen Schlangen, und nun befand sich direkt vor ihnen ausgerechnet eine hochgiftige Wassermokassinotter, die sie bei ihrem schnellen Marsch durch das Unterholz nicht rechtzeitig gesehen hatten.
»Kann sie uns erwischen?«, fragte Trevor, und Bobbie Faye nickte. Das Gefährliche an dieser Spezies war, dass sie nicht wie andere ihrer Artgenossen vor einem überlegenen Eindringling floh, wenn sie die Möglichkeit dazu hatte. Diese Schlange folgte einem sogar und biss auch dann noch zu, wenn man bereits versuchte, ihr Territorium zu verlassen. Es würde also nicht einfach sein, sich zurückzuziehen. Bobbie Faye war unsicher, was sie tun sollten, denn die Schlange befand sich direkt hinter Trevor und konnte bei einer Länge von ungefähr einem Meter zwanzig fast noch einmal genauso weit hochschnellen. Auch wenn Trevor versuchen würde, schnell abzuhauen, wäre es folglich ein Leichtes für das Tier, ihn zu erwischen. Vielleicht würde es sogar sie selbst beißen können, sollte Trevor doch schnell genug sein.
Dann entdeckte Bobbie Faye aus den Augenwinkeln heraus genau das, was sie brauchte – ein Messer, das in einer Scheide an Trevors Hüfte steckte. Es war ein Ka-Bar, ein Kampfmesser, wie es auch die Marines im Zweiten Weltkrieg benutzt hatten und es noch heute von vielen Soldaten und Exsoldaten bevorzugt wurde. Ce Ce verkaufte so etwas. Die Klinge allein war über siebzehn Zentimeter lang, und mit dem Ledergriff zusammen maß das Messer dreißig Zentimeter. Langsam tastete sie sich mit ihrer rechten Hand zu seiner Hüfte vor und knöpfte die Scheide
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