Bobbie Faye 01 - Schlimmer Geht Immer
Gedanken wieder und wieder, während sie mit Trevor durch den Wald stapfte. Das war noch so ein Rätsel: Der Mann schien ihr tatsächlich zu helfen, wer auch immer er war. War er vertrauenswürdig? Konnte er ihr beistehen, wenn sie sich den Entführern stellen musste? Wäre es überhaupt richtig, ihn darum zu bitten? Wahrscheinlich nicht.
Sie achtete kaum darauf, wohin sie eigentlich liefen, es hätte ohnehin nicht viel gebracht. Da waren immer nur noch mehr Bäume, Schlamm und Wasser. Sie grübelte gerade darüber nach, was es mit dem Diadem auf sich haben konnte, als sie einen schmalen, holprigen Weg erreichten. Der feine Staub unter ihren Stiefeln schien empört über jeden einzelnen ihrer störenden Schritte in die Luft zu wirbeln und sich dann in so feinen Schichten auf die um sie herum wuchernden Blätter zu legen, dass diese aussahen, als wären sie mit Kakaopulver bestäubt worden. Der Pfad war schmal, kaum von einem einzelnen Auto befahrbar, da zu beiden Seiten der Sumpf lag. Zumindest standen dort Zypressen, dicht gewachsen wie Unkraut, die den schmalen Weg nach oben abschirmten. Sollten sich hier einmal zwei Autos begegnen, musste eines bis zu einer breiteren Stelle zurücksetzen, damit die beiden aneinander vorbeikamen, vermutete Bobbie Faye. Sicher war die Strecke deswegen nicht gerade beliebt. Doch das lag vermutlich ganz im Interesse der Leute, die so weit draußen lebten und Wert auf ihre Privatsphäre legten.
Bobbie Faye hatte Valcour’s Bootsanleger ganz vergessen. Sie stießen plötzlich darauf, als der Weg an einem schmalen Bayou endete, der wahrscheinlich in den Lake Charles floss. Neben dem Steg befand sich ein kleiner Laden, nicht größer als eine Hütte, mit schon ganz grauen und ziemlich instabil wirkenden Holzwänden. Das Häuschen sah aus wie ein müder alter Mann, der schon so zusammengeschrumpft, war, dass er nicht mehr in seine Haut passte. Früher einmal war es ein Treffpunkt für Händler gewesen, an den Latten des Vordachs waren immer noch die Haken zu erkennen, an denen die Pelze gehangen hatten. Jetzt stellte der Laden die letzte Möglichkeit für Fischer dar, noch Köder zu kaufen und sich mit Getränken und Snacks einzudecken, bevor sie hinaus auf den See fuhren.
Fünf verbeulte, rostige Pick-ups mit leeren Bootsanhängern dahinter standen an der provisorischen Rampe aus Schiefer, die hinunter ins Wasser führte. Der kleine Laden wirkte verlassen und dunkel, zu beiden Seiten von Zypressen eingerahmt, die über und über mit grauem Spanischen Moos bedeckt waren.
»Vielleicht gibt es dort ja ein Telefon«, bemerkte Trevor, und sie beobachtete, wie er den Blick über das Gelände schweifen ließ.
»Meinen Sie nicht, das wäre zu riskant? Bei all den Helikoptern vom Fernsehen, die über uns hinweggeflogen sind, muss doch jeder da drin längst wissen, was los ist.«
»Ich bezweifle sehr, dass die hier draußen einen Kabelanschluss haben, und eine Satellitenschüssel ist auch nirgends zu sehen. Wir tun einfach so, als wären wir ein Paar, das hier vor dem Angeln noch einmal haltmacht.«
»Klar, und das ohne Boot, Pick-up, Angelausrüstung …«
»Benehmen Sie sich einfach ganz normal.« Er betrachtete sie von Kopf bis Fuß. »Okay, schon gut. Normal wird Ihnen niemand abkaufen. Dann verhalten Sie sich einfach wie eine Frau, die total sauer auf ihren idiotischen Mann ist, der sie aus Versehen vom Boot in den See geschubst hat.«
»Darf ich Ihnen auch eine verpassen?«
»Sie sollten nicht zu hoch pokern«, warnte er, als sie die kleine Veranda betraten.
16
Bitte weisen Sie sämtliche Unternehmen im Staat Louisiana an, ab sofort in jedem Sicherheitstraining auch einen möglichen Zwischenfall mit Bobbie Faye zu simulieren.
Memo der Bundesbehörde für Arbeitsschutz (OSHA) an das Amt in Louisiana
Irgendwie musste es Cam gelingen, Bobbie Faye zu überholen, sie aufzuhalten, herauszufinden, was zum Teufel eigentlich los war. Wie sollte er für ihre Sicherheit garantieren, wenn sie gleichzeitig Amok lief?
»Wann bekommen wir mehr Informationen über diesen Kerl?«, fragte er und machte eine Kopfbewegung in Richtung des Vernehmungszimmers. »Über seine finanzielle Situation zum Beispiel?«
»In einer Stunde, vielleicht in zwei. Crowe meinte nur, sie habe vielleicht einen Hinweis darauf, warum er die Bank überfallen wollte, aber der sei nicht allzu verlässlich und sie wolle es erst überprüfen.«
»Hat sie gesagt, worum es sich handelt?«
»Nein. Du kennst sie doch.
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