Bodenlose Tiefe
Freunde, die Delphine, versuchen nie zu entkommen?«
»Nein, Pete und Susie fühlen sich hier wohl. Einmal habe ich sie mit einem Sender ausgestattet und freigelassen, aber sie sind immer wieder zum Netz zurückgekommen und haben mich angebettelt, dass ich sie wieder reinlasse.«
»Die große weite Welt hat ihnen nicht gefallen?«
»Sie wissen, dass es da draußen gefährlich sein kann.
Und sie hatten schon genug Abenteuer erlebt.« Sie befestigte das Netz, nachdem sie es passiert hatten. »Nicht jeder liebt Delphine.«
»Schwer vorstellbar. Pete und Susie sind wirklich äußerst sympathisch.« Grinsend sah er zu, wie die beiden Delphine aufgeregt das Boot umkreisten. »Und es sieht so aus, als würden sie Sie mögen.«
»Ja, das tun sie.« Melis lächelte. »Sie mögen mich. Ich gehöre sozusagen zur Familie.« Sie ließ den Motor an. »Und Familienbande sind für Delphine überaus wichtig.«
»Haben sie Ihre Freundin Carolyn auch adoptiert?«
Sie schüttelte den Kopf. »Sie mochten sie. Vielleicht wären sie sich näher gekommen, wenn Carolyn mehr Zeit mit ihnen verbracht hätte. Aber sie hatte immer so viel mit ihrer Praxis um die Ohren.« Sie winkte. »Da auf dem Steg, das ist Cal. Er wird erleichtert sein, dass ich zurück bin. Pete und Susie machen ihn nervös. Das spüren sie natürlich und spielen ihm dauernd irgendwelche Streiche.« Sie lenkte das Boot an den Steg und schaltete den Motor aus. »Hallo, Cal. Alles in Ordnung?«
»Ja, alles in Ordnung.« Er half ihr aus dem Boot. »Die Delphine waren ausnahmsweise richtig brav, als du weg warst.«
»Ich hab dir doch gesagt, sie mögen dich.« Sie deutete auf Kelby. »Jed Kelby, das ist Cal Dugan, Ihr neuer Angestellter.
Sie haben miteinander telefoniert. Cal wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen. Ich gehe inzwischen duschen, dann haben Sie ein bisschen Zeit, sich kennen zu lernen. Wir sehen uns beim Abendessen.« Sie ging auf das Haus zu.
»So schnell kann man fallen gelassen werden«, murmelte Kelby vor sich hin, während er ihr nachschaute.
»Wahrscheinlich muss man ein Delphin sein, um hier von ihr wahrgenommen zu werden.«
»In etwa«, sagte Cal. »Aber immerhin hat sie Ihnen erlaubt, hierher zu kommen. In dieser Hinsicht ist sie nicht besonders großzügig.«
»Es sei denn, sie hat irgendwelche undurchsichtigen Pläne.«
»An Melis ist nichts undurchsichtig. Sie ist sehr offen und direkt«, widersprach Cal mit ernster Miene. »Sie nimmt kein Blatt vor den Mund.«
»Aber sie ist nicht bereit, mir zu sagen, warum ich ihr Gast bin.« Kelby blickte nachdenklich zum Haus hinüber. »Jedenfalls noch nicht.«
Die Sonne ging gerade unter, als Kelby auf die Veranda hinaustrat. Melis saß am Rand der hölzernen Plattform, ließ die Füße ins Wasser baumeln und redete leise mit Pete und Susie.
Kelby blieb stehen und schaute ihr eine Weile zu. Ihr Gesichtsausdruck war weich und ihre Augen strahlten.
Sie sah vollkommen anders aus als die Frau, die er in Athen kennen gelernt hatte.
Aber auch wenn sie, wie sie da mit ihren Delphinen sprach, wie ein junges Mädchen wirkte, durfte er nicht vergessen, dass sie mit allen Wassern gewaschen war.
Frauen waren immer dann besonders gefährlich, wenn sie völlig harmlos schienen. Dass er hier war, hatte einen ganz bestimmten Grund und davon durfte er sich nicht ablenken lassen.
Eine Menge Dinge waren ihm bereits in die Quere gekommen, aber das Schlamassel in Nassau hatten sie heil überstanden. Jetzt musste er sich wieder auf sein eigentliches Ziel konzentrieren.
Er schlenderte über die Veranda auf sie zu.
»Die Tiere reagieren, als würden sie Sie verstehen.«
Melis zuckte zusammen und drehte sich zu Kelby um. »Ich hatte Sie gar nicht bemerkt.«
»Sie waren vollkommen in Anspruch genommen. Kommen die beiden immer nach dem Abendessen zu Besuch?« Kelby setzte sich neben sie und sah zu, wie Pete und Susie davonschwammen, um im offenen Wasser zu spielen.
»Meistens. Gewöhnlich kommen sie, wenn die Sonne untergeht, um mir gute Nacht zu sagen.«
»Wie halten Sie sie im Wasser auseinander? Oder vielleicht frage ich besser, wie könnte ich sie im Wasser unterscheiden?
Sie scheinen ja einen siebten Sinn zu haben.«
»Pete ist größer und hat eine dunklere Zeichnung an der Schnauze. Susies Rückenflosse hat ein V in der Mitte. Übrigens, wo ist Cal?«
»Ich habe ihn nach Tobago geschickt, um Vorräte einzukaufen und Nicholas vom Flughafen abzuholen. Sie werden morgen wieder hier sein.«
»Nicholas Lyons kommt
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