Bodenlose Tiefe
besonders liebe? Na ja, schließlich haben die Medien die ganze Welt darüber informiert, dass wir seit meiner Kindheit nicht miteinander geredet haben.«
»Und warum haben Sie Ihr Schiff dann nach ihr benannt?«
»Meine Mutter hat immer gern alles unter Kontrolle und sie ist sehr ehrgeizig. Sie hat meinen Vater geheiratet, weil sie die begehrteste Gastgeberin auf zwei Kontinenten sein wollte. Mich hat sie bekommen, weil das die einzige Möglichkeit für sie war, meinen Vater an sich zu binden. Er war ein bisschen wankelmütig und schon einmal geschieden.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe einmal miterlebt, wie meine Mutter und meine Großmutter sich fürchterlich gestritten haben. Sie haben beide keine große Rücksicht auf meine kindlichen Gefühle genommen.« Er zuckte die Achseln. »Eigentlich war ich froh, dass ich dabei war. Bis dahin war es meiner Mutter gelungen, mich zu täuschen. Nachdem mein Vater bei einem Unfall ums Leben gekommen war, ging der Streit ums Sorgerecht los. Er hat mir alles vererbt, was er besaß, und sie war stinksauer. Aber wer die Kontrolle über mich hatte, der hatte auch die Kontrolle über das Geld und sie hat sich sofort in den Kampf gestürzt.
Jedes Kind möchte seine Mutter lieben und sie war sehr talentiert darin, das schwache, hilflose Opfer zu spielen. Sie war eine echte Südstaatenschönheit. Immer wieder hat sie mir tränenreich erklärt, wie schlecht meine Großmutter wäre.
Wahrscheinlich hat sie schon für den Tag geprobt, an dem sie vor Gericht in den Zeugenstand treten musste, und gleichzeitig versucht, mich dazu zu bewegen, zu ihren Gunsten auszusagen.«
»Und Ihre Großmutter?«
»Sie hat meinen Vater geliebt und sie hat das Geld geliebt.
Trina konnte sie nicht ausstehen. Ich war nur ein Hindernis und noch dazu eine Waffe in Trinas Händen.«
»Entzückend.«
»Ich hab’s überlebt. Schließlich war ich nicht in einem Sexclub so wie Sie. Die meiste Zeit habe ich in Internaten und auf Onkel Ralphs Yacht verbracht. Richtig unangenehm wurde es nur, wenn ich vor Gericht gezerrt wurde oder ein paar Wochen zu Hause verbringen und mich von Trina vor den Augen der Presse betütteln lassen musste. Aber den Spaß habe ich ihr vermasselt, indem ich mich wie ein kleines Ekelpaket aufgeführt habe, wenn ich bei ihr war.«
»Und trotzdem haben Sie Ihr Schiff nach ihr benannt.«
»Das war ein kleiner gemeiner Seitenhieb gegen meine liebe Mama. Die Yacht hat ein Vermögen gekostet und sie lebt heute von einem Taschengeld. Es ist ein großzügiges Taschengeld, aber es erlaubt ihr bei weitem nicht den Lebensstil, den sie sich wünscht.« Er lächelte. »Und ich habe die Kontrolle über die Trina. Ich verfüge über das Schiff ebenso wie über das Taschengeld meiner Mutter. Das bereitet mir eine große Genugtuung.«
»Sie müssen sie abgrundtief hassen.«
»Eine Zeit lang habe ich sie gehasst. Aber mit der Zeit bin ich abgeklärter geworden. Früher bin ich tatsächlich auf ihre Show reingefallen. Als Junge war ich sehr idealistisch und bereit, mit Windmühlen zu kämpfen, um meine Mutter zu beschützen. Bis mir klar wurde, dass ich mich vor ihr schützen musste. Das war eine regelrechte Offenbarung.« Er stand auf. »Ich werde noch ein bisschen frisches Eis in die Tanks schütten. Sie haben gesagt, die Delphine müssen kühl gehalten werden, und Pete hat eben ziemlich aufgeregt mit dem Schwanz geschlagen.«
Sie nickte. »Ich sehe inzwischen mal nach Susie.« Sie erhob sich. Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Kelby?«
Er drehte sich zu ihr um.
»Ich wirke sehr … Die meisten Männer finden, dass ich sehr zerbrechlich wirke. Erinnere ich Sie vielleicht an Ihre Mutter?«
»Anfangs hat Ihre scheinbare Zerbrechlichkeit eine gewisse Abneigung in mir hervorgerufen.« Seine Mundwinkel zuckten.
»Aber ich garantiere Ihnen, an meine Mutter haben Sie mich noch nie erinnert.«
LAS PALMAS
»Sie sind so elegant.« Voller Bewunderung betrachtete Rosa Valdez Pete und Susie, die in ihrem riesigen Becken umherschwammen. »Und sie sind wirklich eine phantastische Spezies, nicht wahr, Melis?«
»Ja, sie sind faszinierend«, erwiderte Melis abwesend.
Susie war aus ihrer Hängematte befreit und ins Becken hinuntergelassen worden, aber sie lag nur auf dem Boden herum. Bei der Ankunft am Hafen hatte Melis den Eindruck gehabt, dass sie in guter Verfassung war.
Warum bewegte sie sich nicht? Auch Pete schien sich Sorgen zu machen, denn er schwamm aufgeregt um sie herum.
»Es ist uns
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