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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dort an sich selbst arbeitet und nicht an Computerprogrammen.«
    Beim Anblick von Lucys Nikes mußte ich wieder an den Umkleideraum in Quantico denken und daran, wie sie damals vom Joggen auf der Yellow Brick Road zurückgekommen war, schlammbespritzt von Kopf bis Fuß, blutend und mit einem kräftigen Sonnenbrand. Sie hatte glücklich ausgesehen an jenem Oktobertag, obwohl sie es nicht gewesen sein konnte. Es bedrückte mich, daß ich nicht früher von ihren Schwierigkeiten gewußt hatte. Hätte ich mehr Zeit für sie gehabt, wäre all dies vielleicht nicht passiert.
    »Ich finde es nach wie vor lächerlich«, beharrte Dorothy auf ihrer Position. »Wenn ich in so ein Haus müßte, könnte mich bestimmt niemand am Schreiben hindern. Schreiben ist für mich die beste Therapie. Es ist ein Jammer, daß Lucy nicht schreibt, denn ich bin sicher, dann hätte sie nicht so viele Probleme. Warum hast du ihr nicht die Betty-Ford-Klinik ausgesucht?«
    »Ich sehe keinen Grund, warum ich Lucy an die Westküste schicken sollte. Außerdem dauert es länger, bis man dort aufgenommen wird.«
    »Ich kann mir schon vorstellen, daß es dort eine ziemlich lange Warteliste gibt«, sagte Dorothy nachdenklich, während sie ein paar ausgeblichene Jeans zusammenlegte. »Stell dir vor, man würde da vielleicht einen Monat lang mit Filmstars unter einem Dach leben! Mehr noch, man könnte eine Liebesaffäre mit einem von ihnen anfangen, und plötzlich lebte man in Malibu.«
    »Filmstars über den Weg zu laufen, ist nicht gerade das, was Lucy im Moment braucht«, sagte ich ärgerlich.
    »Na ja, ich hoffe, du weißt, daß sie nicht die einzige ist, die sich darüber Gedanken machen muß, wie diese Sache nach außen wirkt.«
    Ich unterbrach meine Tätigkeit und starrte sie an. »Manchmal möchte ich dir die Seele aus dem Leib prügeln.«
    Dorothy sah mich überrascht und ein wenig erschrocken an. Bislang hatte ich sie nie das volle Ausmaß meiner Wut spüren lassen, noch hatte ich ihrer narzißtischen und engstirnigen Lebensweise den Spiegel vorgehalten, damit sie sich einmal so sehen konnte, wie ich sie sah. Nicht, daß das etwas bewirkt hätte, aber gerade da lag ja das Problem.
    »Schließlich bist du nicht dabei, gerade ein neues Buch herauszubringen. In ein paar Tagen gehe ich wieder auf Tour. Was soll ich denn sagen, wenn ich in einem Interview nach meiner Tochter gefragt werde? Was, glaubst du, wird mein Verleger davon halten?«
    Ich sah mich nach Dingen um, die noch in den Koffer mußten. »Das, was dein Verleger davon hält, kümmert mich nicht die Bohne. Ehrlich gesagt, Dorothy, es kümmert mich nicht die Bohne, was dein Verleger von irgend etwas hält.«
    »Es könnte sich wirklich negativ auf meine Arbeit auswirken«, fuhr sie fort, als hätte sie mich gar nicht gehört. »Und ich werde es meinem Verleger sagen müssen, damit wir uns die passende Strategie zurechtlegen.«
    »»Kein Sterbenswörtchen wirst du deinem Verleger über Lucy sagen.«
    »Du bist ganz schön knallhart, Kay.«
    »Das mag schon sein.«
    »Das ist wohl eine Berufskrankheit, wenn man den lieben langen Tag Leute aufschneidet«, erwiderte sie bissig.
    Lucy würde ihre eigene Seife mitnehmen müssen, denn die, die sie mochte, würde es in Edgehill bestimmt nicht geben. Gefolgt von Dorothys Stimme, holte ich ihre Lazio-Schlamm-Seife und ihr Chanel-Parfüm aus dem Bad. Dann ging ich in Lucys Zimmer. Sie saß aufrecht im Bett.
    »Ich wußte nicht, daß du wach bist.« Ich küßte sie. »Ich muß in wenigen Minuten weg. Nachher kommt ein Wagen und holt dich und deine Mutter ab.«
    »Was ist mit den Nähten an meinem Kopf?«
    »Sie müssen noch ein paar Tage bleiben. In der Krankenstation dort wird sich jemand darum kümmern. Ich habe es schon mit ihnen besprochen. Sie wissen über deine Situation Bescheid.«
    »Die Haarwurzeln tun mir weh.« Sie verzog das Gesicht, als sie sich an den Kopf griff. »Das sind die geschädigten Nerven. Aber das vergeht mit der Zeit.«
    Wieder fuhr ich bei trübem Regenwetter zum Flughafen. Nasses Laub bedeckte die Fahrbahn, und die Temperatur war auf rauhe dreizehn Grad gesunken. Ich flog zuerst nach Charlotte. Es war nämlich anscheinend nicht möglich, von Richmond irgendwohin zu kommen, ohne in einer anderen Stadt zwischenzulanden, und auch die lag nicht immer auf dem Weg. Als ich viele Stunden später in Knoxville anlangte, war das Wetter das gleiche, nur kälter, und es war inzwischen dunkel. Ich nahm ein Taxi. Der Fahrer, der aus der

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