Body Farm
Bäumen warm und schläfrig in seiner Hängematte liegt. Als wir uns an jenem frühen Morgen auf der Veranda berührten, waren es seine Hände gewesen, die mich überraschten. Sie kleideten mich aus und fanden mich, strichen über meinen Körper, als kennten sie ihn so genau, wie eine Frau ihn nur selbst kennt. Ich spürte unter ihnen vom ersten Moment an vie l mehr als nur Bentons Leidenschaft. Ich spürte, wie er sich in mich hineinfühlte, als wolle er all die Stellen heilen, die er so zugerichtet und geschunden gesehen hatte. Der Gedanke an alle, die jemals vergewaltigt, geprügelt oder sich rücksichtslos verhalten hatten, schien gerade in jenen Augenblicken auf ihm zu lasten - als ob ihre kollektive Versündigung ihm das Recht nehmen könnte, den Körper einer Frau so zu genießen, wie er den meinen genoß.
Im Bett hatte ich ihm gesagt, nie einen Mann erlebt zu haben, der so uneingeschränkt den Körper einer Frau genießen konnte, und da es mir nicht gefalle, quasi verschlungen oder bezwungen zu werden, sei Sex für mich ein seltenes Ereignis.
»Ich verstehe schon, warum jeder deinen Körper verschlingen möchte«, hatte er nüchtern in der Dunkelheit geantwortet.
»Und ich verstehe, warum jede den deinen verschlingen möchte«, gab ich ebenso sachlich zurück. »Aber daß die Menschen auf der Welt einander bezwingen wollen, ist auch der Grund für die Arbeit, die wir beide tun müssen.«
»Dann wollen wir Wörter wie verschlingen und bezwingen nicht mehr benutzen. Nie wieder solche Wörter. Wir werden eine neue Sprache erfinden.«
Die Worte dieser neuen Sprache waren uns leicht über die Lippen gekommen, und bald war sie uns ganz geläufig. Das Bad hatte mir wirklich gutgetan, und ich kramte in meiner Reisetasche nach etwas Neuem zum Anziehen, doch vergeblich. Also zog ich die dunkelblaue Jacke, die Hose und den Rollkragenpullover wieder an, die ich schon tagelang getragen hatte. Der Pegel in meiner Scotch-Flasche war bereits recht niedrig. Ich sah mir die Nachrichten im Fernsehen an und nippte langsam von dem Rest. Ein paarmal war ich in Versuchung, Marinos Zimmer anzurufen, legte aber jedesmal den Hörer zurück, bevor ich gewählt hatte. Meine Gedanken wanderten nach Newport. Ich hätte gern mit Lucy gesprochen, doch auch diesem Impuls gab ich nicht nach. Bereits in diesem Stadium wieder Kontakt zur Außenwelt zu bekommen wäre nicht gut für sie. Sie sollte sich auf ihre Behandlung konzentrieren und nicht auf das, was sie zu Hause zurückgelassen hatte. Statt dessen rief ich meine Mutter an.
»Dorothy bleibt noch über Nacht dort im Marriott«, sagte sie. »Morgen früh fliegt sie nach Miami zurück. Und wo steckst du, Katie? Ich habe es den ganzen Tag bei dir zu Hause versucht.«
»Ich bin unterwegs«, sagte ich.
»Was sollte ich auch sonst erwarten? Treibst dich wieder unter Polizisten und Verbrechern herum.«
Ich sah sie vor mir, in der einen Hand die Zigarette, in der anderen den Hörer. Meine Mutter liebte große Ohrringe und kräftiges Make Up. Sie war nicht der norditalienische Typ wie ich, sondern eher dunkelhäutig und auch nicht blond.
»Mutter, wie geht es Lucy? Was hat Dorothy dir gesagt?«
»Vor allem sagt sie, Lucy ist eine Lesbe, und du bist daran schuld. Ich habe ihr gesagt, daß das lächerlich ist. Ich habe ihr auch gesagt, daß du noch lange nicht homosexuell bist, nur weil du nicht immer mit Männern zusammen bist und wahrscheinlich Sex nicht magst. Es ist wie bei den Nonnen. Obwohl ich gehört habe -«
»Mutter«, unterbrach ich sie, »geht es Lucy gut? Wie war der Flug nach Edgehill? Wie war ihr Verhalten?«
»Wie bitte? Ist das jetzt eine Vernehmung? Ihr Verhalten? Du merkst gar nicht einmal mehr, wie du mit deiner einfachen Mutter redest. Aber wenn du es wissen willst: Sie hat sich auf dem Flug betrunken.«
»Das glaube ich einfach nicht!« rief ich, und wieder stieg die Wut auf Dorothy in mir hoch. »Ich habe mir schon gedacht, daß so etwas passieren würde, wenn Lucy mit ihrer Mutter zusammen ist.«
»Dorothy meint, die Versicherung zahlt nicht, wenn Lucy nicht betrunken eingeliefert wird. Also hat Lucy den ganzen Flug über Wodka mit Orangensaft getrunken.«
»Das ist mir doch völlig egal, ob die Versicherung das zahlt oder nicht. Und Dorothy ist auch nicht gerade arm.«
»Du weißt doch, wie sie in Geldangelegenheiten ist.«
»Ich bezahle alles, was Lucy braucht. Das weißt du, Mutter.«
»Du hörst dich an wie R oss Perot.«
»Was hat Dorothy noch
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