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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dunkel der See ist. Sieht aus wie eine Teergrube.«
    »Stimmt. Und du weißt, Emily ist an jenem Abend nicht am Ufer entlanggegangen. Creeds Aussage bestätigt das.«
    »Das bestreite ich nicht. Ich würde den Weg auch nicht nehmen. «
    »Benton, ich sehe ihren Wagen nicht.«
    »Vielleicht ist sie aus.«
    »Marinos Wagen ist da.«
    »Das muß nicht heißen, daß sie nicht aus sind.«
    »Es heißt aber auch nicht, daß sie aus sind.« Er schwieg.
    Hinter den Fenstern war Licht, und mein Gefühl sagte mir, daß Denesa Steiner daheim war. Einen Beweis hatte ich nicht, auch keinen Hinweis, aber ich ahnte, daß sie meine Gegenwart spürte, selbst wenn sie sich dessen nicht bewußt war.
    »Was, glaubst du, machen sie gerade?« fragte ich. »Na, was glaubst du?« sagte er, und was er meinte, war klar.
    »Benton, das ist billig. Es ist so leicht, sich vorzustellen, daß Leute Sex haben, bloß weil sie zu zweit daheim sind.«
    »Das kann man sich so leicht vorstellen, weil es so leicht zu machen ist.«
    Ich war fast beleidigt, denn ich hatte mir eine tiefergehende Antwort von Wesley erhofft. »Ich bin überrascht, daß so etwas von dir kommt.«
    »Du solltest nicht überrascht sein, wenn sie es täten. Darauf wollte ich hinaus.« Ganz sicher war ich mir dessen nicht.
    »Kay, wir reden hier nicht über unsere Beziehung«, fügte er hinzu.
    »Das habe ich auch ganz bestimmt nicht gedacht.« Er wußte, daß ich nicht die ganze Wahrheit sagte. Nie war mir so klar geworden, warum es heißt, man solle mit Kollegen keine Affären anfangen.
    »Wir sollten wieder fahren. Wir können im Augenblick nichts mehr tun«, sagte er.
    »Wie finden wir Mrs. Steiners Wagen?«
    »Das sehen wir morgen früh. Aber etwas haben wir jetzt schon herausgefunden. Im Moment steht er nicht da und sieht nicht aus, als sei er nicht in einen Unfall verwickelt gewesen.«
    Der nächste Tag war ein Sonntag. Ich wachte vom Glockenläuten auf. Ob das die kleine presbyterianische Kirche war, auf deren Friedhof Emily begraben war? Ich sah blinzelnd auf meine Uhr. Nein, die Kirche konnte es nicht sein, denn es war erst ein paar Minuten nach neun, und dort begann der Gottesdienst um elf, soviel hatte ich schon herausgefunden.
    Wesley schlief auf der Seite des Betts, die eigentlich meine war. Das war vielleicht der einzige Punkt, in dem wir als Liebespaar nicht übereinstimmten. Beiden waren wir nämlich gewohnt, auf der Bettseite zu schlafen, die am weitesten vom Fenster oder von der Tür entfernt war - und damit von der Stelle, durch die ein Eindringling wahrscheinlich hereinkommen würde. Als ob das Stück Matratze einen Unterschied machen würde beim Griff nach der Waffe. Bentons Pistole lag auf seinem Nachttisch, mein Revolver auf meinem. Wenn plötzlich ein Eindringling vor uns stünde, würden wir am Ende vielleicht aufeinander schießen.
    Helles Licht von draußen ließ die Vorhänge leuchten wie Lampenschirme und verkündete einen sonnigen Tag. Ich stand auf, bestellte beim Zimmerservice Kaffee und fragte nach meinem Mietwagen, der auf dem Weg sei, wie mir der Portier versicherte. Schließlich setzte ich mich an die Arbeit, mit dem Rücken zum Bett, damit mich Wesleys unter der zerwühlten Decke hervorschauende nackte Arme und Schultern nicht ablenkten. Vor mir auf dem Tisch lagen der Fotoabzug, ein paar Münzen und ein Vergrößerungsglas. Wesley hatte recht gehabt; die Vergrößerung schien nichts als ein paar zusätzliche Grauschattierungen eines undefinierbaren Flecks hervorzuheben. Doch je länger ich mir den Fleck auf der Hinterbacke des kleinen Mädchens anschaute, desto deutlicher wurden für mich die Umrisse.
    Das dichteste Grau wies eine Stelle im Randbereich des unvollständigen Kreises auf. Diese Stelle nach dem Schema eines Zifferblatts genauer zu lokalisieren war jedoch nicht möglich, da ich nicht wußte, was bei dem Objekt, das unter Emilys Körper zu oxydieren angefangen hatte, oben und unten oder rechts und links war.
    Mich interessierte vielmehr die Form, die sich da abzeichnete und die an den Kopf einer Ente oder eines anderen Vogels erinnerte. Ich erkannte eine Wölbung, dann etwas Vorspringendes, das aussah wie ein dicker Schnabel oder eine Spitze. Doch zu dem Adler auf der Rückseite eines Vierteldollars konnte das nicht gehören. Dafür war es zu groß. Die Form, um die es mir ging, nahm ein gutes Viertel des gesamten Abdrucks ein. Und dort, wo der Hals des vermutlichen Vogels war, war eine kleine Kerbe. Ich nahm den Vierteldollar, den

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